Den Acker deines Lebens kannst du nicht selbst bestellen

In einem äthiopischen Sprichwort heißt es:

Den Acker deines Lebens
kannst du nicht selbst bestellen.
Den Dschungel in deinem Herzen
kannst du nicht selbst roden.
Das Wort, das dir hilft,
kannst du dir nicht selbst sagen.

Ich bin selbst darauf angewiesen, dass mir einer das Wort sagt, das mir hilft.
In einfachen Sätzen.
Vielleicht das Wort aus dem Mund der Engel an die Hirten:
Fürchtet euch nicht. Euch ist heute der Heiland geboren. Ehre sei Gott, und den
Menschen seines Wohlgefallens Frieden.

Und dann müsste noch einer sagen, dass du und ich zu diesen „Menschen seines Wohlgefallens“ zählen. Müsste sagen, dass keiner ausgegrenzt ist von diesem Frieden.
Müsste sagen, dass dies beschlossene Sache ist.
Dass Gott keinen Pakt mit dem Teufel eingeht, um mich auf die Probe zu stellen.
Dass Gott nicht über meinen und deinen Fall diskutieren und abstimmen lässt.

Was zu meinem Heil geschehen musste, ist geschehen.
Wenn uns das erreicht, ist alles gesagt, was zu sagen ist.

Ich habe viele alte Menschen weinen sehen. Menschen mit einigen Jahren Lebenserfahrung mehr als ich. Menschen, die mich mit großen Augen angeschaut haben und nur eines wissen wollten.
Sie wollten keine Lehre.
Keine Besserwisserei.
Sie wollten wissen, ob da noch etwas ist.
Ob da noch etwas ist nach all den Umwegen und angesichts der leeren Hände.
Ob da noch etwas ist, wenn alle Rechnungen durchgerechnet und alle Bücher gelesen sind.
Sie wollten wissen: Ja oder Nein.
Und wenn ich tief Atem holte zu einer langen Antwort, dann wurden ihre Augen müde.
Sie hatten eine einfache Frage gestellt.

Eine Wahrheit muss man in einem Atemzug sagen
können, so wie:
„Ich liebe dich.“
Oder: „Ja, mit Gottes Hilfe.“
Oder: „Bleib bitte.“
Wir haben das verlernt.
Wir sind erwachsen.
Einfache Antworten sind uns verdächtig.

Übers Jahr haben wir manchmal vergessen, wie Gott aussieht.
Wir kommen in die Kirche, um in einfachen Worten die Wahrheit zu hören.
Wir sind gekommen, einen Blick zu werfen auf Gottes Gesicht.
Wir sind gekommen, zu hören, dass Liebe Liebe geblieben ist.
Und wir sehen neben uns Nachbarn, Fremde, andere.
Wir kennen sie vom Sehen, von einem kurzen Blickwechsel.
Da sitzt mein Arzt, da sitzt mein Patient.
Da sitzt meine Verkäuferin und da sitzt mein Kunde.
Da sitzen unser Malermeister und der Polizist, die Lehrerin und die Frau von der Bank.

Die eine kennt meinen Kontostand, der andere meine Blutwerte und Sorgen.
Die Kauffrau kennt meine Geldprobleme und die Lehrerin hat ähnliche Schwierigkeiten mit den Kindern, wie ich sie habe.
Und keiner hat sich gescheut oder geschämt, in die Kirche zu kommen.
Gut, dass sie gekommen sind.

Gott sagt in einfachen Worten: „Ich liebe dich.“
Diese einfachen Worte gelten allen.
Da ist kein Kleingedrucktes.
Ich stehe im Buch des Lebens.
Ich bin in Gott und Gott ist in mir.

Die alten Kirchenväter vor bald zwei Jahrtausenden haben sich nicht gescheut, die Wahrheit dieser Heiligen Nacht sehr einfach zu sagen:
„Gott wird Mensch, damit der Mensch Gott werde.“

Die Wahrheit ist einfach und ganz,
in Windeln gewickelt,
unscheinbar,
dürftig.
Die Wahrheit ist in dir.

Lasst uns aufhören, Gott zu lehren.
Lasst uns beginnen, Gott zu sein.
Er hat seinen Platz getauscht,
damit wir würden, was er war.

Den Acker deines Lebens
kannst du nicht selbst bestellen.
Den Dschungel in deinem Herzen
kannst du nicht selbst roden.
Das Wort, das dir hilft,
kannst du dir nicht selbst sagen.

Aber hören kannst du.
Wenn du schweigen gelernt hast.
Du kannst dem Frieden trauen, der höher ist als alle Vernunft.
Und den Engeln danken, dass sie dir Beine gemacht haben.
Und gelegentlich vielleicht dem lieben Gott „danke“ sagen, denn der ganze Aufwand war für dich.

Fürchte dich nicht.
Lass dir das gesagt sein.

Lass diese einfache Wahrheit nicht hier liegen.
Nimm sie mit.
Ich hoffe, sie ist gut für ein Leben und mehr.
Diese gute Nachricht gilt auch Pfarrerinnen und Pfarrern.
Gilt allen Querköpfen und Bedenkenträgern.
Gilt damit dir - und hoffentlich auch mir.

Sie halten in meinem – ich muss zählen – 14. Jahr als Schriftleiter wieder eine Dezember-Ausgabe der PASTORAL- BLÄTTER - oder die Online-Ausgabe - mit einer Fülle m. E. großartiger Gedanken und Anregungen in Händen. Ich danke den vielen Autorinnen und Autoren, die im Sommer bei über 30 Grad für Sie, liebe Abonnentinnen und Abonnenten, Schweiß vergossen haben. Ihnen möge die Dankbarkeit der Vielen ein weihnachtliches Geschenk sein! Und uns allen möge ein Licht aufgehen.

Gesegnete Festtage!

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