Senfkorn und Glauben – Ansprache zur Konfirmation

Vorbemerkung:
Ich habe eine Senftube und Senfkörner auf der Kanzel dabei.

(Senftube zeigen)

Ja, Ihr seht richtig: Es ist Senf.

Nicht, weil ich immer meinen Senf dazugeben muss.
Nicht, weil wir einen neuen Hauptsponsor für den Gottes- dienst gefunden hätten.
Nein, ich behaupte, Senf hat etwas mit eurer Konfirmation zu tun.

Es gibt in der Bibel ein spannendes Gespräch zwischen Jesus und seinen Jüngern: Da geht es um die Zukunft der Jünger und um die Frage, ob und wie sie künftig klarkommen werden.
Im Verlauf des Gespräches bekommen die Jünger leise Zweifel, ob ihr Glaube nicht irgendwie zu winzig ist. Vielleicht ist er dem Leben gar nicht gewachsen?

Vielleicht kommt euch das bekannt vor.
Solche Fragen wie:
Wird mein Glaube ausreichen? Kann ich hier so kühn vor Gott und einer vollen Kirche sagen, dass ich glauben will, wenn ich doch gar nicht weiß, wie mein Leben laufen wird und was ich alles erleben werde? Wie weit wird mein Glaube tragen? Müsste der nicht größer sein? Aufregender? Wetterfest? Hinreißender? Sodass Leute den sehen und ganz beeindruckt sagen: Wow ... Manchmal macht mein Glaube aber doch einfach nicht viel her.

Die Jünger haben schließlich zu Jesus gesagt: „Herr, mach doch, dass unser Glaube mehr wird als jetzt!“
Antwort Jesu, nachzulesen in Lukas 17: „Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: ‚Reiß dich aus und versetze dich ins Meer’ - und er würde euch gehorchen!“

Wisst ihr, wie groß ein Senfkorn ist?
Ich habe eine besonders riesige Sorte dabei.

(Senfkorn zeigen)

So groß. So klein.

Kein Wunder, dass es zu Jesu Zeit als das kleinste der Samenkörner galt.

Glaube, der so groß wie ein Senfkorn ist? Viel kleiner geht es doch eigentlich gar nicht!
Jesus aber schaut einen millimetergroßen Senfkorn-Glauben an und sagt nicht: „Ach, du liebe Güte. Der ist echt zu winzig fürs Leben. Geh’ du mal lieber heim und komm in 20 Jahren noch mal.“

Nein. Jesus schaut den Mini-Senfkorn-Glauben an und sagt: „Cool. Herzlich willkommen! Damit kannst du richtig was anfangen. Und ich auch!“

Die Jünger damals haben wohl gedacht:
„Hätte ich eine Riesenportion Glauben, dann müsste der eigentlich halten für die nächsten wasweißichwieviel Jahre, bis ich selber mal Oma oder Opa bin. Wenn ich eine Riesenportion Glaube hätte, dann würde der wahrscheinlich für mein ganzes Leben reichen. Selbst wenn das Leben unterwegs einiges vom Glauben abknabbert.“

Nur: Es gibt keine Riesenportion Glauben auf Vorrat. Und das ist gut so.

Wir können und sollen uns nicht darauf verlassen, dass unser Glaube superstark und heldenhaft und überzeugend und treu für ewig und einen Tag ist.
Wir dürfen uns allerdings darauf verlassen, dass Gott superstark und heldenhaft und überzeugend und treu für ewig und ewig und ewig ist.

Sein großes Ja-Wort hat er uns bei unserer Taufe auf den Kopf zugesagt: für uns, für unser Leben. Immer „Ja!“. Für immer „Ja!“.
Dazu können wir unser kleines Ja-Wort sagen. Und genau dazu wollen wir euch heute ermutigen.

Ich habe in den Jahren seit meiner Konfirmation mein kleines Ja-Wort nicht jeden Tag mit derselben Selbstverständlichkeit und Sicherheit und so ganz bewusst gesagt. Da gab es unterschiedliche Zeiten. Wichtiger für mich war zu wissen: Für Gott gibt es keine unterschiedlichen Zeiten. Sein Ja-Wort steht. Auch sein Ja-Wort zu mir. Das hat richtig Kraft.
Das stärkt mich und es ruft mich zu antworten und es piekst mich manchmal, mich daran zu erinnern. Und in schwierigen Zeiten ist es klasse, mich in sein Ja-Wort einfach hineinfallen lassen zu können. Auch das ist eine Art, mein eigenes kleines Ja-Wort zu sprechen.

Ein kluger Mensch hat die Sache mit dem kleinen Ja-Wort und dem Senfkorn so auf den Punkt gebracht: „Wir brauchen keinen großen Glauben. Wir brauchen den Glauben an einen großen Gott.“
Dieser große Gott achtet den kleinen Glauben. Dieser große Gott schenkt unserm kleinen Glauben große Kraft.
Wenn ich diesen Winzling hier einpflanze und gut pflege, dann wächst daraus eine Pflanze, die mal eben 1,50 m groß werden kann. Sie wird blühen und Frucht bringen. Das hätte man dem Winzling gar nicht unbedingt zugetraut ...

Der große Gott schenkt dem kleinen Glauben große Kraft.
Vielleicht wird es nicht immer die Kraft sein, Bäume auszureißen. Wem wäre auch damit geholfen, wenn einer Bäume ausreißen kann ...
Wichtiger ist in unserer Welt die Kraft von Menschen, die offen auf andere Leute zugehen, weil Gottes Ja-Wort nicht nur uns selbst gilt. Was hatten wir für starke Begegnungen in der Konfi-Zeit mit den geistig behinderten Jugendlichen der Elch-Gruppe oder mit Leuten in den Weinheimer Pflegeheimen oder auch schlicht miteinander.
Wichtiger als Bäume-Ausreißen ist in unserer Welt die Kraft von Menschen, die sich von Gottes Wort stupsen und tragen und ermutigen lassen. Ihr habt uns dazu einiges mitgegeben letzten Sonntag in dem Gottesdienst, den ihr über eure Konfirmanden-Sprüche gemacht habt.
Wichtiger als Bäume-Ausreißen ist in unserer Welt die Kraft von Menschen, die ihr Leben Gott anvertrauen und ihn bitten: „Geh du mit! Bleib bei mir!“

Wichtig ist in unserer Welt die große Kraft des kleinen Glaubens.
Wichtig in unserer Welt seid ihr.

Also: Ich wünsche euch nicht, dass ihr nach diesem Gottesdienst die Riesenportion Glauben habt. Ich wünsche euch den Senfkorn-Glauben. Den kleinen Glauben an den großen Gott.

Eingangsgebet:
Du, unser Gott,
danke, dass du mit uns gegangen bist bis heute, bis hierher. Danke für diese Konfi-Zeit: dass wir miteinander fragen und lachen konnten, so vieles zusammen erlebt haben miteinander und mit dir.
Lange haben wir uns auf diesen Tag gefreut. Jetzt sind wir hier. Gespannt, glücklich, aufgeregt. Danke, dass du auch jetzt mit dabei bist.
Dir legen wir ans Herz, was uns noch beschäftigt, was uns bedrückt. Danke, dass wir dir mit allem willkommen sind.

Liedvorschläge: 210 (Du hast mich, Herr,)
272 (Ich lobe meinen Gott)

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