Wie ihr nun den Herrn, Christus Jesus, angenommen habt, so lebt auch in ihm und seid in ihm verwurzelt und gegründet und fest im Glauben, wie ihr gelehrt worden seid, und seid reichlich dankbar.
Kolosser 2,6.7
Ich wandere einen Waldweg entlang. Er führt ein Stück den Hang hinauf. Hoch über mir wölben sich die Äste und Zweige hoher Buchen, Eichen, Lärchen, Fichten. Erstes Grün wagt sich aus den Knospen der Laubbäume hervor. Unter meinen Füßen der Wanderweg, ein Pfad, durchwirkt von Baumwurzeln. Es geht bergan. Meine Füße steigen auf den Wurzelstufen wie auf einer Treppe. Steigend betrachte ich - zunehmend fasziniert - die Wurzelgebilde: starke Streben, feine Flechten, kunstvolles Netzwerk. ... Altes Schulwissen steigt aus den Tiefen auf. Gab es da nicht Flachwurzler und Tiefwurzler und Herzwurzler ...?
Diese Waldwegszene erscheint vor meinem inneren Auge, als ich den Monatsspruch bedenke. „Wie ihr nun den Herrn, Christus Jesus, angenommen habt, so lebt auch in ihm und seid in ihm verwurzelt und gegründet und fest im Glauben, wie ihr gelehrt worden seid, und seid reichlich dankbar.“
In Christus „verwurzelt“, „gegründet“ und „fest“ sein, ja, das möchte ich wohl. Es müsste sich gut anfühlen. Aber wie geht das? Wie kann ich in Christus verwurzelt, gegründet, fest sein? Vielleicht hilft das Bild von den Baumwurzeln im Wald. Christus als der Boden, in dem mein Keim aufgegangen ist. Der Keim ist gewachsen. Nun senken sich meine Wurzeln in den Christusboden hinein, und meine Krone wächst gen Himmel.
In der Art einer Phantasiereise machen sich meine Gedanken auf den Weg. Ich spüre meinen Wurzeln nach. Sie krallen sich im Boden fest. Der Boden gibt Halt. Die Wurzeln wachsen. Der Boden ist gut. Wasser strömt aus ihm. Nährstoffe stärken. Ich wachse. Immer tiefer senken sich die Wurzeln in den Boden hinein. Ich spüre die Kraft des Erdreichs; die Kraft, mit der ich mich dort halte; die Kraft, die mir von dort zuströmt. Sie steigt durch die Wurzeln in mir auf, erfüllt mich, richtet mich auf. Ich hebe meine Krone ins Licht. Meine Äste strecken sich aus. Ich fühle mich gut gegründet, kräftig, fest. Jetzt kann kommen, was kommen will.
Was sind denn das für Nährstoffe, die wir aus Christus ziehen? - Es ist die unverdiente Liebe, die Gnade für mein Leben. Es ist die Gottverbundenheit für immer und ewig. Es ist der Trost, die Welt nicht retten zu müssen, aber hier und da eine rettende Tat zu tun, ein rettendes Wort zu sagen, einen rettenden Gedanken zu denken.
Verwurzelt in Christus, wachsen wir in zwei Richtungen: immer tiefer in ihn hinein und immer höher in die Welt hinein. Aber offenbar brauchen wir solche Momente, in denen wir bewusst unsere Wurzeln in das Christus-Erdreich senken, in denen wir uns die Nährstoffe reichen und schmecken lassen und in denen wir nachspüren, wohin seine Kraft uns treibt.
Also geh in den Wald und lerne.
Oder besuch deinen Lieblingsbaum und lass dir predigen von ihm.
Oder nimm das Bild von den Wurzeln mit in dein Gebet.
Lass dich von Christus locken, immer tiefer einzudringen in sein Geheimnis. Irgendwann merkst du, dass du diesen Boden nicht mehr loslassen willst. Irgendwann merkst du, dass du dem Wind standhältst.