Lass mich am Morgen hören deine Gnade; denn ich hoffe auf dich. Tu mir kund den Weg, den ich gehen soll; denn mich verlangt nach dir.
Psalm 143,8
Der Januar ist wie ein frischer Morgen.
Von dem hellen Licht des neuen Tages sind wir noch ein bisschen geblendet und reiben wir uns die Augen, um uns daran zu gewöhnen. Ein neuer Tag. Ein neues Jahr. Hell leuchtend liegt es vor uns.
Zurück liegen die gemütlichen Wochen rund um das Christfest. Wir haben uns gerne zurückgezogen in die Wohnung und in die Stille. Im Kreis der Familie und der Freunde haben wir innegehalten und versucht, uns einander Liebe und Aufmerksamkeit zu schenken.
Jetzt aber ist es hell. Ein neuer Tag. Ein neues Jahr.
Einige wenige Male werden wir uns noch verschreiben und 2013 tippen, wenn es eigentlich 2014 heißen muss. Und dann öffnen wir uns ganz dem Neuen, dem Wagnis des neuen Jahres. Das ist wie beim Aufstehen am frühen Morgen: Wir nehmen den Tag in Angriff. Mit Vorfreude und neuer Energie, aber auch mit Vorbehalten und dem Wunsch, Unangenehmem am liebsten aus dem Weg zu gehen.
Der Januar ist wie der Anfang eines Weges.
Wir packen Wegzehrung ein für das neue Jahr. Gute Vorsätze die einen, Hoffnungen und Wünsche die anderen. Wie bei einem Fußmarsch auf einem noch unbekannten Wanderweg machen wir uns darauf gefasst, dass es ganz sicher Herrliches zu erleben und zu sehen gibt, dass es aber auch steil und steinig werden kann und wir hin und wieder an die Grenze unserer Kräfte kommen.
Spätestens jetzt wird es Zeit, den neuen Kalender einzurichten, Geburtstage einzutragen, die Ferientermine zu markieren. Für die meisten Menschen ist das Einrichten des funkelnagelneuen Kalenders etwas Schönes: Auf wel-chen Wochentag wird mein Geburtstag fallen? Liegen der 1. Mai, der 3. Oktober und die Weihnachtsfeiertage güns-tig, sodass ich mich auf ein paar freie Tage freuen kann?
Der Januar ist wie ein frischer Morgen.Wer aber ist da, wenn mir vor dem Tag graut? Wenn ich am liebsten gar nicht aufstehen möchte? Wenn ich dieses neue Jahr gar nicht haben möchte, weil ich mich davor fürchte?
Der Januar ist wie der Anfang eines Weges.
Wer aber ist da, wenn ich vor den Strapazen dieses Weges Angst habe? Wenn mir jetzt schon alle Knochen wehtun und ich keinen Funken Kraft habe für den ersten Schritt?
Es gibt in der Tat Menschen, die nicht gerne einen neuen Kalender aufhängen. Menschen, für die das neue Jahr eine Herausforderung ist, der sie sich nicht gewachsen fühlen. Weil für sie jeder Morgen trüb und das Aufstehen mühsam ist, und jeder Weg ein steiler Berg.
All diese Menschen und wir alle, die wir dem neuen Jahr vielleicht auch nicht ganz ungeteilte Vorfreude und Wanderbereitschaft entgegenbringen, hören aus dem Monatsspruch für Januar eine wunderbare und Mut machende Botschaft:
„Lass mich am Morgen hören deine Gnade; denn ich hoffe auf dich. Tu mir kund den Weg, den ich gehen soll; denn mich verlangt nach dir.“
Wir sind nicht allein an diesem Morgen des neuen Jahres. Wir sind nicht alleine auf dem Weg in diesem und durch dieses Jahr. In Gott haben wir einen Begleiter und Wegbereiter an unserer Seite.
Er ist nicht nur einfach wie ein guter Freund an unserer Seite, mit dem wir reden können, der uns zuhört und unterstützt - das ganz sicher auch.
Das Besondere an diesem Freund ist, dass er den Tag bereits kennt, und den Monat und das Jahr und unser ganzes Leben. Er weiß nicht nur, woher wir kommen, welche Bürden und Freuden wir mit uns schleppen, sondern er weiß auch, was auf uns zukommt, und er weiß das Ziel.
Genau das ist es, wonach es uns verlangt, am Beginn eines Weges: dass einer da ist, der den Weg kennt und das Ziel. Genau das ist es, worauf wir hoffen: dass wir Vergebung finden, wenn uns etwas nicht gelingt, und Befreiung für einen neuen, weiteren Versuch, es besser zu machen. Gott möchte uns das Ziel zeigen, uns vor Umwegen und Sackgassen bewahren. Gott möchte uns jeden Morgen, wenn wir aufstehen, Kraft und Zuversicht schenken, um wieder ein Stück weiterzugehen.
Der Januar ist wie ein frischer Morgen.
Der Januar ist wie der Anfang eines Weges.
Und „Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag“ (D. Bonhoeffer, 1944).