Der Monatsspruch im November 2014

Lernt, Gutes zu tun! Sorgt für das Recht! Helft den Unterdrückten! Verschafft den Waisen Recht, tretet ein für die Witwen!
Jesaja 1,17

Fünf Aufträge. Und keiner dabei, den man mit links nehmen könnte. Diese Forderungen betreffen eine Lebenseinstellung. Weil sie uns menschlich herausfordern. Gott traut sie uns zu.
Schalten wir auf „Durchzug“, wenn wir so etwas hören?
Manchmal bin ich Dieter begegnet. Am Flaschenpfand-automaten leert er seine Plastikbeutel, um vom Gutschriftbon eine Flasche Klaren und ein paar Büchsen Bier zu kaufen. Dieter war mal Handwerksmeister. Seine Firma ging bankrott. Wenn schlitzohrige Schuldner rechtens ihre Außenstände beglichen hätten, könnte der Betrieb noch existieren. Wenn nicht jene, die für Gerechtigkeit sorgen sollten, das Recht verdreht hätten, gäbe es noch eine Zukunft für Dieter.
Er zählte zu den Handwerkern, die redlich arbeiten. Keine Billigangebote oder Leistungen, die nicht auf der Rechnung erscheinen. Ehrensache. Für den Kunden. Und auch vor Gott.
Dieter hat sich auf einen Großinvestor verlassen. Doch von denen, die hier das Blaue vom Himmel versprachen, ist niemand mehr greifbar. Nicht mal eine Spur ihrer großen Limousinen lässt sich verfolgen. Enttäuschte sind geblieben. Wütende auch. Am schlimmsten hat es die getroffen, deren Leben kaputt gegangen ist. Dieter hat mir viel erzählt.
Wenn wir uns verabschieden, meint er immer: „Mach’s gut!“, Eine Redensart eben. Doch nach intensivem Bedenken des Prophetenspruches wird mir klar: „Mach’s gut!“ das ist unser menschlicher Auftrag. Gott hat von Anfang an alles gut gemacht. Für uns. Ohne den Einzelnen zu benachteiligen. Seine Gerechtigkeit verzichtet auf die Sonderklauseln im Kleingedruckten. Die sind unnötig. Darum an uns seine inständige Bitte: „Lernt Gutes zu tun!“ Damit es dem anderen nützt und nicht schadet. Das bedeutet, mehr zu tun, als Nachbarschaftshilfe leisten. Nach dem Recht trachten und dem Unterdrückten beistehen, darum geht es. Wenn nun die rechtlosen Waisen und Witwen beispielhaft aufgeführt werden, dann zeigt das an, was Gott an seinem Volk auszusetzen hat: Am Tempel opfern und beten sie zwar. In frommer Gebärde beeindrucken sie andere und am meisten sich selbst. Doch im Alltag nutzen sie schamlos die Situation derer aus, die sich selbst nicht vor Gericht helfen können. Die den Namen Dieter tragen und keine „Advocard“ besitzen und darum auch nicht „Anwalts Lieblinge“ sind.
Witwen und Waisen waren in der altorientalischen Welt der Obhut der Götter und des Königs anvertraut. In einem Nachtrag zur Rechtssammlung des berühmten Königs Hammurapi aus dem 18. Jahrhundert v. Christus heißt es, er selbst sorge dafür, dass der Starke den Schwachen nicht bedränge und die Entrechteten ihr gutes Recht bekommen. Der Mächtigste unter allen im Reich gewährt die Rechtsschutzversicherung. Auch in Israel zählte diese Offerte zu den Königspflichten. Zudem waren die Rechtlosen auf den besonderen Schutz Gottes angewiesen. Er ist ihr Vater, also der, der bedingungslos für sie eintritt. Wie gehen wir mit denen um, die sich nicht wehren können? Der Prophet mahnt und warnt uns vor Überheblichkeit. Schlaue Füchse erweisen sich nicht darin als klug, dass sie ihr Schäfchen ins Trockene bringen auf Kosten dessen, der aus der Schafwolle einen Pullover für den Winter hätte kriegen können.
Ich habe Dieter gefragt, ob er wieder arbeiten wolle. Zunächst auf Probe. Und natürlich nüchtern. Dachdecker werden gebraucht.
Dachschäden gibt es reichlich. Einem Unternehmer würde es helfen, denn er suche dringend Arbeitskräfte. Die beiden treffen sich. „Ich traue dir das zu. Und ich bezahle dir zuerst eine Kur“, spricht der neue Chef. Dieter kann es kaum fassen, lässt sich auf die Therapie ein und steht ein Vierteljahr später auf der Baustelle.
Nach Wochen sehe ich diesen menschenfreundlichen Chef wieder und bin erfreut, dass er sich für den Schwachen so stark gemacht hat. Er sagt: „Gott hat mir geholfen, als ich ganz unten war. Das habe ich nicht vergessen. Auch wenn es anstrengt, muss man lernen, etwas wirklich Gutes zu tun, für die, denen es schlecht geht. In diesem Sinne - machen Sie’s gut!“

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