Ihr Lieben, ihr beiden seid Künstler!
Ihr macht uns miteinander und aneinander heute etwas sichtbar, was wir Menschen mit unseren Augen eigentlich überhaupt nicht sehen können. Ihr beiden zeigt uns mit eurer Freundschaft und mit eurem gemeinsamen Leben und so, wie ihr jetzt lächelnd vor uns sitzt, die Liebe, die im Grunde unsichtbar ist. So etwas können nur Künstler und Lebenskünstler.
Ein guter Maler kann uns Bilder hinterlassen, die auch etwas Unsichtbares sichtbar machen, etwa eine Vorstellung von der Weite des Raumes und unserer Welt.
Ein guter Tischler kann in einer Baumwurzel ein Gesicht erkennbar machen, ein guter Steinmetz in einem Stück Felsen eine Figur, ein guter Tänzer in seinem Tanz die Freude am Leben, ein guter Clown kann uns hinter allem Klamauk sehr Sinnliches wie Mitgefühl und Traurigkeit sichtbar machen.
Es gibt Spezialisten, Künstler, die uns Menschen das Unsichtbare anschaulich und begreifbar machen können. Ihr beiden seid uns heute solche Künstler, ihr beiden macht uns heute die Liebe anschaulich, mit eurem Lächeln und Strahlen, mit eurer guten Aufgeregtheit, mit manchem Blickwechsel und manchen kleinen Berührungen.
Und ihr habt euch einen Trauspruch ausgesucht, in dem es um nichts Geringeres geht, als das Unsichtbare sichtbar zu machen.
Wir lesen und hören im 1. Korintherbrief, Kapitel 16,14: Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen.
Die Liebe soll sichtbar werden im Leben zweier Menschen, am besten in allen Dingen.
Das habt ihr euch vorgenommen, das habt ihr euch ins Stammbuch geschrieben, dieses Ziel: Unsichtbares wie die Liebe sichtbar werden, Gestalt annehmen zu lassen und damit selbst als Boten und Künstler der Liebe erkennbar zu werden und zu bleiben.
Unsichtbares soll sichtbar werden. Es gibt so viel Unsichtbares, von dem wir Menschen dennoch sagen: Das gibt es. Weil es unsagbar wichtig ist. Weil es dennoch danach drängt, sichtbar zu werden. Von der Liebe haben wir gerade gesprochen, zu ihr gesellt sich viel unsagbar Wichtiges mehr: die Treue, die Sehnsucht, die Freude, die Trauer, unendlich viele Empfindungen und Eindrücke, die eines miteinander verbindet: unsichtbar zu sein, und zugleich suchen sie sich ihr Bild in unseren Seelen, drängen sie ans Licht.
Die Liebe hat heute wieder ein Bild gefunden, und das sitzt vor mir, trägt zwei Gesichter, zwei große Herzen und lächelt mich an.
All eure Dinge lasst in der Liebe geschehen. Was wir sehen können von der Liebe, das sind ihre Spuren, ihre Zeichen, ihre Auswirkungen in all unsren Dingen.
Wir sehen, was passiert, wenn zwei sich verlieben. Wenn sie auf wunderbare Weise verwirrt sind, wenn der Alltag aus der Kurve fliegt im Schwung eines Kettenkarussells und so vieles plötzlich in einem anderen Licht erscheint; wenn nächtelanges E-Mail-Schreiben wichtiger wird als das Schlafen; wenn man die Freunde mit tausend Anrufen nervt: "Meinst du, das wird was ... kann ich, will der, mag sie, meinst du wirklich ..." Und wenn sie sich dann sehen und anstrahlen. Wenn du dich für jedes dämliche Wort hasst, das du in deiner verliebten Dummheit hinausposaunst; wenn dein Herz auf Hochtouren schlägt und der Puls rast. - Das kennt ihr, das kennen wir. Wunderbare Zeichen der Liebe sind das. Wir sehen die Zeichen der Liebe und sehen dahinter ein Bild der Liebe, die uns unsichtbar bleibt, die sich aber ein Bild und eine Wohnung in unseren Seelen gesucht hat.
All eure Dinge lasst in der Liebe geschehen. Genauso wie die Zeichen unsrer Liebe sehen wir Zeichen von Gottes Liebe. Wir ahnen, dass ein bestimmtes Wort für uns bestimmt ist; wir wundern uns über die ein oder andere Situation, die wir erleben; wir sehen im Rückblick, wie Gottes Liebe uns getragen, mal sanft hierhin und dorthin geweht hat, wie er unser Leben begleitet, uns oft genug bewahrt, uns oft genug auf neue Wege gebracht hat.
Wir sehen Gottes Spuren und Zeichen seiner Liebe. Gott selbst sehen wir nicht, er hat sich aber ein Bild und eine Wohnung in unseren Seelen gesucht. Ein Bild, dem wir uns
anvertrauen und schon immer anvertraut haben, dem wir blind folgen und das zum Leben erwacht, wenn wir das ein oder andere Unsichtbare, doch sehr Empfindsame erleben.
In dem Moment, in dem wir Liebe erleben, wissen wir, was die Liebe ist. In dem Moment, in dem wir Gott erkennen, wissen wir, was Gottes Liebe bedeutet.
Also sitzt und schlummert etwas in uns, was immer schon in uns angelegt ist, was genau auf diesen Moment gewartet hat, was nun aufwacht und uns sagt: Siehst du, das ist es jetzt, ich habe es doch schon immer gesagt.
(Hier kommt der Teil der Predigt mit Beispielen und beispielhaften Anekdoten aus dem Leben des Brautpaars)
Ich kehre zum Anfang zurück und sehe euch an, ihr beiden lieben Künstler, die ihr uns Unsichtbares wie die Liebe sichtbar macht und an diesem Bild miteinander weitermalen wollt.
Nicht von ungefähr habt ihr euch einen Trauspruch herausgesucht, der euch beiden in eurem Miteinander und in den Bildern in eurer Seele beschreibt: All eure Dinge lasst in der Liebe geschehen.
Diesem Satz für Lebenskünstler wie euch ist in unserer Bibel ein Satz mit drei hilfreichen Ratschlägen vorangestellt:
Wachet, steht im Glauben, seid mutig und seid stark!
Steht im Glauben! Ihr werdet in eurer Liebe zueinander auch Gottes Liebe zu uns Menschen wieder entdecken. Wer lieben kann, kann auch Gott entdecken. Ihr werdet euch in eurer Liebe begleitet und ermuntert wissen von unserem Gott, wenn es sein muss, auch einmal getragen und gehalten. Er wird dabei sein in eurer Ehe, unsichtbar, aber gewiss, mit seinem Segen, mit seiner ganzen Menschenliebe.
Der zweite Rat: Wachet! Seid wachsam, bleibt empfindsam füreinander. Achtet einander, und achtet aufeinander.
Der dritte Rat: Seid mutig und stark! Steht zueinander, und erfahrt die Kraft, die im gelingenden Miteinander liegt. Habt auch den Mut, einander ehrlich gegenüberzutreten und Dinge anzusprechen, die euch stören. Traut eurer Liebe zu, dass sie stark genug ist, Krisen miteinander zu meistern.
Ihr könnt diese Ratschläge befolgen und darin Hilfe finden, denn ihr tragt ein Bild der Liebe in euch. Ein Bild der Liebe, die euch miteinander verbindet. Ein Bild von Gottes Liebe, der euch heute segnet. Gemeinsam werdet ihr so ein Bild der Liebe sein, in der Gottes Liebe zu uns allen sichtbar wird.
Liedvorschläge: Liebe ist nicht nur ein Wort (EGB 650)
Von guten Mächten wunderbar geborgen (EG 65,1.5.7)