Der Monatsspruch im Januar 2015

Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.
1. Mose 8,22

Die Frauen und der Mann, die sich immer wieder dienstags zur Bibelstunde im Altenzentrum treffen, stehen für einen vielstimmigen Resonanzboden der biblischen Texte. Sie haben viele Sommer und Winter gehen sehen. Sie kennen Tage voller Verheißungen und Nächte voller Sorge. Jede Falte in ihren Gesichtern könnte beredt davon erzählen.

Der Monatsspruch lässt ihre Gedanken in zwei Richtungen unterwegs sein:
Die eine heißt: „Was für eine Zusage!!“
Die andere heißt: „Welch’ Anlass zur Sorge - solch’ Begrenzung!“

Die Zusage. Was auch immer in meiner kleinen Welt durcheinander oder aus den persönlichen Fugen gehen kann oder wird - Gott sichert zu, dass diese Erde bleibt. Dass der Rhythmus des Lebens weitergeht im wechselvollen, aber vertrauten Takt aller Dinge.
Gott sichert zu, dass, wo gesät wird, auch eine Ernte erwartet werden darf. Dass nach Zeiten großer Kälte und äußerlichem oder innerlichem Frösteln einmal, wenn es an der Zeit ist, alles wieder verlässlich erwärmt werden wird: die Luft und dein Herz! Und dass ein neuer Frühling dem Winter nachfolgt, so wie wir es gemeinsam gerne singen in unserer Runde mit dem romantisch-anrührenden Lied: „Harre, meine Seele, harre des Herrn. Alles ihm befehle, hilft er doch so gern. Sei unverzagt, bald der Morgen tagt und ein neuer Frühling folgt dem Winter nach. In allen Stürmen in aller Not will er uns beschirmen, der treue Gott.“ (EG 602, Nordelbien)
Das andere: „Welch’ Anlass zur Sorge - solch’ Begrenzung!“
Solange die Erde steht. Da ist eine Grenze gesetzt. Der Rhythmus von Werden und Vergehen, Saat und Ernte wird einmal an ein Ende kommen. „Die Schöpfung könnte, wie die Dinge heute auf der Erde liegen, auch zurückgenommen werden - und schon bald“ (Walter Jens zum letzten Satz aus: „Die sieben Worte Jesu am Kreuz“ von Joseph Haydn. CD-Mitschnitt) hat Walter Jens vor einigen Jahren schon formuliert. Bleibt uns die Frage: Von wem? Ist es wirklich Gott, der seine Schöpfung dem Ende entgegenführt - oder sind es wir Menschen durch unsere buchstäblich überflüssige Lebensart, die das Fortbestehen der Erde und das Leben auf ihr gefährden oder gar verunmöglichen?
Und was ist jetzt zu tun, damit solche apokalyptischen Szenarien nicht eines Tages Wirklichkeit werden? Die Alten fragen das voller Sorge und sie denken dabei an das Leben ihrer Kinder und Enkel, deren Leben für sie Zukunft bedeutet und denen sie wünschen, dass genug Luft zum Atmen und genug Wasser zum Trinken bleibt - für alle. (Dorothee Sölle - in einem Vortrag am Abend vor ihrem Tod: „Ich wünsche mir wirklich von ganzem Herzen, dass diese Erde bleibt … dass diese Schöpfung bestehen bleibt. Ob ich als Person, also mit Visitenkarte oder Enkelkindern, da vorkomme, ist mir nicht zentral.“ CD Mitschnitt der Ev. Akademie Bad Boll.)
Am Ende unseres Gespräches nehmen wir den Vers noch in seinem biblischen Umfeld am Ende der Sintflut-Erzählung wahr.
Was zeigen die ersten Kapitel der Bibel nicht alles für Gottesbilder: Da ist der Schöpfer, der „Ins-Leben-Rufer“, der Gestalter. Aber daneben auch der Gekränkte, der Zornige, der Strafende.
Und dann hier: der zur Reue Fähige. Mir ist dieses Reden von Gott zentral. Gott - zur Reue fähig. Nicht für immer festgelegt auf seinen Zorn. So wie in anderen biblischen Erzählungen, in denen er mit sich reden lässt.
Meine Gesprächspartner haben da ganz andere Bilder. Sie wollen Gott Gott sein lassen. Sie beharren auf seiner Größe und finden im Bild von der Reue keinen Trost, sondern vermuten eine vermenschlichende Rede.
So stehen wir am Ende bei der Frage: Wer ist Gott für dich? Und wie ist er für dich?
Solange du bist, sollst du nicht aufhören zu fragen nach Gott. Und gemeinsam mit den Menschen neben dir nach ihm suchen, von ihm singen, ihn vermissen - und ihn loben.

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