Der Monatsspruch im Oktober 2015

Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen?
Hiob 2,10

Damals - als Sybille ihn anrief mitten in der Arbeit und ihm sagte, dass sie schwanger sei. Ihr erstes Kind. Das Glücksgefühl von vor 35 Jahren kann er immer noch spüren, als wäre es gestern gewesen.

Vor vier Wochen - das Gespräch mit dem ernst dreinschauenden Arzt, der den Tumorverdacht bestätigte. Die Fassungslosigkeit, dass er jetzt „dran ist“. Die nackte Angst des Abgrunds, der sich unter ihm auftut.

Schon so lange und immer noch - die bald vierzig Jahre Weggemeinschaft mit Sybille. Nicht ohne Ecken und Kanten. Aber immer wieder gut, diesen Menschen fürs Leben geschenkt bekommen zu haben. Wärme erfüllt ihn, wenn er daran denkt.

Noch bevor er geboren war - der Tod seines Bruders, der als Kleinkind gestorben war. Die Leerstelle blieb bei seinen Eltern, die Trauer auch. Lange hatte er es nicht verstanden, später war viel Wut auf seine Eltern da. Er fühlte sich als Ersatzkind missbraucht. Es hatte gebraucht, bis er sich innerlich mit ihnen versöhnt hatte.

Jede und jeder von uns kann so auf die eigene Lebensgeschichte schauen. Gerade am Ende unserer Tage als Fazit, aber auch mittendrin. Das Gute, das wir erlebt haben. Das Schwierige, Schwere, ja „Böse“, das uns wiederfahren ist. Manches tief verborgen in unserem Inneren, anderes in das Gesichtsfeld unseres Lebens eingraviert.

„Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen?“ So sagt Hiob zu seiner Frau. Wie eine Karikatur dieses Satzes sitzt Hiob in der Asche und lobt Gott. Der Reichtum ist ihm schon genommen, die Töchter und Söhne sind tot, jetzt wird er auch noch von Krankheiten entstellt und geplagt.

„Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen?“ Das „Gute“, das „Böse“ und alles dazwischen. Eben das Leben. Jede und jeder von uns kann davon aus seinem, aus ihrem Leben erzählen.

Wenn ich den Satz des Hiob aus meinem Herzen sage, dann nehme ich mein ganzes Leben aus Gottes Hand. Dann lasse ich nicht zu, dass ein anderer als Gott Macht über mein Leben hat. Kein Fitzelchen meines Lebens soll ohne Gott, fern von ihm sein. Keine Schicksalsmacht soll sich da einmischen dürfen. Nichts will ich Gott aus der Hand geben.

Wenn ich das nicht nur nachspreche, sondern für mein Leben empfinde, dann brauche ich nichts aus meinem Leben abzuspalten. Dann brauche ich nach der elenden Scheidungsgeschichte nicht meinen früheren Ehepartner von den Familienfotos abzuschneiden, weil es „böse“ Jahre waren. Es gehört zur Würde meines Lebens, dass alles zusammengehört.

Ich verstehe oft genug nicht, wie der Zusammenhang meines Lebens sein soll. Ich kann nur ahnen, was das Schwere in meinem Leben bedeuten soll. Ich kann die Sätze vom „vorwärts leben und rückwärts verstehen“ auf noch so vielen Postkarten lesen, auch wenn ich gar nichts verstehe.

Aber dieser Satz des Hiob trifft mich in der Tiefe meiner Lebensgeschichte. Alles, aber auch wirklich alles von Gott. Das Geschenk des Lebens und die Erfahrung des Schmerzes. Die Erfüllung und die Enttäuschung von Träumen. Nichts ohne ihn und nichts außerhalb seiner Liebe und seiner Macht. Mein ganzes Leben in Gott und er in mir.

Anzeige: Ich bin, wie Gott mich schuf von Sabine Estner und Claudia Heuermann

Die Pastoralblätter im Abo

Gottesdienste komplett und fundiert vorbereiten.

Zum Kennenlernen: 2 Ausgaben gratis

Jetzt testen