Gottes Hilfe habe ich erfahren bis zum heutigen Tag und stehe nun hier und bin sein Zeuge bei Groß und Klein.
Apostelgeschichte 26,11
Sie war Milch holen gegangen beim Bauern. Als die Tiefflieger kamen, war sie auf ihrem Rückweg erst beim Friedhof angekommen. Sie duckte sich hinter einen großen Grabstein, kniff die Augen fest zusammen. Sie betete und hörte nicht auf zu beten. Als ihr Vater ihr seine Hand auf die Schulter legte, merkte sie es zuerst gar nicht. Er hatte sie gesucht, als sie nicht zurückkam. An seiner Hand ging sie nach Hause.
Dieses Erlebnis hat sie ihr Leben lang begleitet. Die Angst in ihr. Die Ruhe, die in sie strömte, als sie betete. Die Hand ihres Vaters. Sie erzählt mir davon, als wir nach einem Gottesdienst zusammenstehen. Nun wird sie bald 80. Ihre Enkeltochter hielt einen Teil der Predigt. Die Enkelin hat davon erzählt, wie ihr Glaube sich durch das naturwissenschaftliche Studium verändert. Der Glaube ihrer Kindheit wird herausgefordert. Aber sie spürt, wie ihre Beziehung zu Gott tiefer wird. Der Großmutter ist der Stolz auf ihre Tochter anzusehen. Sie hat etwas weitergeben können, was ihr wichtig ist - so empfindet sie es.
Weitergeben können, was ihr wichtig ist - das ist der rote Faden ihres Lebens. Sie war Lehrerin. Von der Angst vor den Fliegern, von der Kraft der Ruhe, als sie betete - darüber hat sie mit „ihren“ Kindern in all den Jahren in der Schule oft gesprochen.
Sie erzählt mir von Tim. Der Vater als englischer Soldat im Irak-Krieg. Die Mutter an Krebs erkrankt. Sie erzählt, wie Tim mitten im Unterricht zu weinen anfing. Die anderen Kinder und sie versuchten ihn zu trösten. Da kam Anja zu ihr und sagte: „Frau Bruns, wir könnten doch zusammen beten. So wie Sie das getan haben damals. Ihnen hat das doch auch geholfen.“ So fing sie an zu beten. Auch einige Kinder beteten laut. Tim wurde ruhiger.
Jahre liegt diese Schulstunde schon zurück. Aber die mehr als 30 Jahre, die sie unterrichtet hat, kommen für sie in dieser einen Stunde zusammen.
„Gottes Hilfe habe ich erfahren bis zum heutigen Tag und stehe nun hier und bin sein Zeuge bei Groß und Klein.“ So liest sie ihr eigenes Leben. Sie hat empfangen und weitergegeben. Es macht sie froh.