Ich bete darum, dass eure Liebe immer noch reicher werde an Erkenntnis und aller Erfahrung.
Philipper 1,9
„Gesucht und gefunden - in Liebe verbunden.“ Hellgrün gedruckt, verziert durch ein in den wertvollen Karton gestanztes Herz und durch ein dunkelgrünes Band, so steht die Einladungskarte vor mir. Schlage ich sie auf, lächelt mir ein ziemlich glückliches Paar entgegen, eng umschlungen. „Und dann gibt es diese eine Begegnung, die dein ganzes Leben verändert …“ Mit drei Pünktchen. Denn es ging ja weiter mit den beiden, es geht ja weiter mit ihrer Liebe. „Wir heiraten und laden euch ganz herzlich zu unserer kirchlichen Trauung ein.“
Vielleicht spürt dieses Paar, dass in der Kirche für sie um etwas Wertvolles gebetet wird. Nämlich, dass ihre Liebe immer noch reicher werde an Erkenntnis und aller Erfahrung. Denn darum geht es ja. Die eine Begegnung, die alles verändert hat, das erste Verliebtsein, es ist eine wichtige Erfahrung am Anfang. Und eine gute, bedeutsame Erinnerung, die ein ganzes Eheleben mitgehen soll. Auch als Quelle der Kraft, wenn es einmal nicht so einfach ist. Und zugleich entwickelt sich die Liebe weiter. Sie reift, sie sammelt Erfahrung, sie erkennt immer tiefer den Sinn und die Würde der Partnerschaft. Was man aneinander hat. Das ist das Geheimnis, dass der gemeinsame Weg auch gelingt.
Liebe muss reifen. Dazu wird das Paar gesegnet werden und gesegnet aus der Kirche ausziehen. Dazu dient das Fest, das nicht nur das Verliebtsein am Anfang feiert, sondern eine Wegmarke setzt für den Weg in die Zukunft. Auch das Fest wird eine Erinnerung werden, die mitgehen soll.
Ich bete darum, dass eure Liebe immer noch reicher werde an Erkenntnis und aller Erfahrung. So schreibt Paulus an die Gemeinde in Philippi. Philippi ist nicht das Brautpaar, das mich aus seiner Einladungskarte anlächelt. Und doch ist dieses Brautpaar ein Gleichnis für die Liebe, von der Paulus redet.
Auch in der Liebe der Gemeinde, in der Liebe der Brüder und Schwestern von Philippi, geht es um eine Begegnung am Anfang, die das ganze Leben verändert hat. Die Begegnung mit Jesus Christus und seiner Liebe. Die Erkenntnis, dass Gott gnädig ist und alles getan hat für seine Menschen. Und die unermessliche Freude darüber, die den ganzen Brief des Apostels Paulus nach Philippi durchdringt. Ja, uns ist Gott begegnet auf einmalig schöne Weise. Wir sind frei, erlöst, getröstet.
Ohne diese Berührung am Anfang, wäre kein Glaube entstanden, keine Beziehung zu Gott. Und zugleich geht diese erste Begegnung weiter. Auch sie reift und entwickelt sich, wird erwachsen. Es kommen glückliche Momente, wo wir Gott einfach vertrauen können und ganz aufgehen in diesem Vertrauen. Und es kommen Momente, die sind schwer und oft kaum zu ertragen, manchmal schmerzhaft, manchmal voll Enttäuschung. Wo ist Gott? Wo ist seine Liebe?
Beide Momente sind notwendig, um sich zu entwickeln. Wichtig ist nur, dass wir in Beziehung bleiben, Weggefährten bleiben, damit die Erkenntnis zunimmt, wie gerade die Liebe in dunklen Momenten noch Halt geben kann. Und wie gerade die Liebe glückliche Momente veredelt und beständig macht.
Dass Liebe gelingt, das ist nicht selbstverständlich, weder für ein Brautpaar noch für unseren Glauben. Es braucht das Gebet, es braucht den Segen, es braucht die Pflege der Erinnerung an den Anfang, der alles verändert hat. Es braucht schöne Feste und die gute Erfahrung, Schwieriges bewältigt zu haben. Gemeinsam und in Beziehung mit anderen und mit Jesus Christus und seiner Liebe.
„Gesucht und gefunden - in Liebe verbunden.“ Das eng umschlungene Brautpaar lächelt mir entgegen. Ich lächle zurück. Und ich freu mich auf die Hochzeit der beiden.