Der Monatsspruch im November 2018

Herr, all mein Sehnen liegt offen vor dir,
mein Seufzen war dir nicht verborgen.

Psalm 38,10

Von außen also kommt es, worauf ich mein Herz richte.
Von oben - vom Himmel. Eine Überraschung, eine nicht zu berechnende Erscheinung.
Da kommt noch was. Da ist noch was zu erwarten.
Vielleicht ist es genau der richtige Zeitpunkt, um sich zu orientieren. Am Ende eines Zeitraumes, eines Jahres, eines Kirchenjahres stehen wir als Christen. Etwas geht zu Ende. Mit dunklen Gedanken, mit Überlegungen von Tod und Abschied im Gemüt schreiten Menschen durch die letzten Wochen des Kirchenjahres. Sie haben sich einer Aufgabe gestellt: das Ende zu bedenken, das Leben zu betrachten und sich ausrichten zu lassen, auf das, was kommt. Das ist nicht einfach, nicht leicht. Das macht nicht nur nachdenklich, sondern auch betrübt. Die eigene Endlichkeit vor Augen zu haben, mit all den Fehlern und Unzulänglichkeiten, das macht den Blick trüb. Es hat etwas von einer Reinigungsübung, eine Form der harten Selbstbetrachtung, die in der Zerknirschung münden könnte.
So aber soll es nicht enden.
Denn da blitzt am Horizont eine andere Wirklichkeit auf. Nicht die Erdenschwere, nicht die Endlichkeit sollen meine Gedanken prägen. Es ist das ganz andere, was mich richtungsgebend bestimmen soll. Vielleicht ist das der richtige Vergleich. Eine geschmückte Braut. Etwas absurd für meine Begriffe, etwas altmodisch und leicht verstaubt ist dieses Bild. Eine Frau, die sich schön macht für einen Mann. Mein feministisches Gewissen schlägt Purzelbaum. Das kann doch nicht der Sinn eines Frauenlebens sein, sich für einen Mann zu schmücken. Nun habe ich aber erlebt, wie gestandene Frauen am 19. Mai 2018 vor dem Fernseher weinten. Meghan und Harry - wenn das mal keine geschmückte Braut war, die für ihren Mann und eine ganze Fernsehnation sich schön gemacht hat. Ja - wir waren ergriffen. Ja - da kommt etwas in Wallung.
Vielleicht ist die Sehnsucht nach dem Märchen sehr mächtig - auch in uns gestandenen Frauen. Ein Märchen von der Prinzessin, die traumhaft schön daherschwebt, und der Mann - nun ja. Der Mann ist eigentlich gar nicht wichtig.
Das Bild kippt um. Es geht nicht um Männer und Frauen.
Es geht um das Schöne! Es geht um das Außergewöhnliche, das gerade nicht da ist. Die Sehnsucht nach einer anderen Wirklichkeit wird beschrieben.
Und in der Beschreibung, im Annehmen der eigenen Sehnsucht und in der Suche nach Worten für diese Sehnsucht, da verändert sich meine Wirklichkeit.
Ich nehme meine Umgebung wahr als eine Realität, die sich ändern lässt. Und diese Änderung wird uns als Menschen versprochen. Vom Himmel herab kommt das himmlische Jerusalem als Bild für eine Gegenwelt. Alles, was bis dahin Geltung hat, wird vom Himmel auf den Kopf gestellt. Nicht die Menschen sind es, die uns den Weg weisen.
Gott ist es, der den Völkern ein Zeichen schickt. Damit sie an die Veränderung glauben können. Es ist möglich, dass etwas Schönes geschieht. Es ist möglich, dass etwas Unerwartetes geschieht. Und es ist nicht die Folge eures Handelns. Es ist nicht die Weiterentwicklung der Geschichte, die ihr Menschen schreibt. Eben gerade nicht.
Vom Himmel kommt das Gegenbild herab. Etwas antiquiert, etwas altmodisch, aber anrührend, berückend schön - ganz anders als das, was wir Tag für Tag sehen. Von außen, von oben, vom Himmel herab kommt Jerusalem, die umkämpfte Stadt, die umlagerte Stadt, die Stadt der Unruhen. Diesmal als eine geschmückte Braut. So was gab’s noch nie!
Macht euch darauf gefasst.
Ihr werdet es sehen - und ich bin sicher, ihr werdet weinen vor Rührung, vor Freude, voller Hoffnung.

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