Freude ist ein wichtiger Lebensfaktor und Grundlage unserer Existenz. Wer freudlos lebt, nimmt Schaden. Selbst Tiere können sich offenbar freuen. Für Seelsorger und Psychologen spielt Freude daher eine große Rolle.
Kinder empfinden sie von Geburt an. Die Fähigkeit dazu ist angeboren und wichtig für das ganze Leben. Sie muss aber ausgelöst werden, ist nicht einfach da. Vor einiger Zeit habe ich an einem neugeborenen Kind beobachtet: Obwohl es in den ersten Lebenswochen noch kaum zu Kommunikation fähig war, huschte, wenn es sich satt getrunken hatte, unbewusst ein zartes Lächeln über das kleine Gesicht.
Freude, so die Definition der Psychologie, ist Ausdruck des Wohlbefindens, bezieht sich auf Personen oder bestimmte gegenwärtige, auch zurückliegende oder erst erwartete Lebensumstände.
Auch in der Bibel spielt sie eine große Rolle. In Psalmen wird besungen, dass Gott Freude und Wonne für Beter ist. Ihm dienen sie mit Freude. Wer seine Werke erforscht, hat Freude daran. Fragt man Christen nach einem Bibelwort von der Freude, zitieren viele Paulus im Philipperbrief: Freut euch in dem Herrn allewege.
Ist die Fähigkeit dazu aber wirklich so unkompliziert und selbstverständlich?
Psychotherapeuten senken da womöglich nachdenklich den Kopf. Auch die Bibel berichtet von Menschen, denen die Freude am Leben total vergangen ist. Hiob ist dafür eine Symbolfigur.
Selbst Jesus hatte während seines Wirkens nicht ständig Grund, sich zu freuen. Lukas berichtet: Seine erste Predigt in der Synagoge der Heimatstadt Nazareth über Gottes grenzenlose Liebe erregte Missfallen bei den maßgebend Frommen und brachte ihn in Lebensgefahr, der er sich nur knapp entziehen konnte. Trotzdem zog er generell in einer froh gestimmten Lebenshaltung durch Dörfer und Städte und brachte den Menschen die Botschaft vom liebenden Gott, die geprägt war von Freude an seinem himmlischen Vater. Das hatte ansteckende, heilende Wirkung auf die Zuhörer, deren Lebensumstände ebenso wenig, vor allem nicht täglich Anlass zur Freude gaben. Selbst die Jünger waren davon vermutlich nicht ausgenommen.
Lukas berichtet weiter, dass Jesus Freunde und Anhänger in die umliegenden Ortschaften zur Weitergabe seiner Botschaft sandte. Nach der Rückkehr berichteten sie begeistert von ihren Erfolgen: sogar böse Geister seien ihnen untertan geworden in Jesu Namen.
Der Rabbi hört es wohlwollend, reagiert aber sehr nüchtern: ja, er habe ihnen Macht gegeben über die Macht des Bösen. Das sei jedoch kein Grund zur Freude. Dann fügt er hinzu: „Freut euch aber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind.“
Wieso unterscheidet er so eminent zwischen dem Stand der Jünger vor Gott und ihrem Erfolg im Einsatz für ihn? Ist nicht beides eng aufeinander bezogen?
Unser Lebensverständnis folgt ja klar der Regel: Wer schlecht arbeitet, nichts Gutes leistet, also wenig Ansehen hat, verliert seinen Stand, rutscht zumindest auf eine niedere Stufe. Da ist es vorbei mit Begeisterung.
Jesus aber meint: Gottes Maßstäbe sind anders. Er selbst war konsequent für Arme, Rechtlose und Verachtete da. Er fragte nicht nach Leistung in Sachen Frömmigkeit. Leise denkt er wohl an Jesaja, der den geplagten Menschen im babylonischen Exil im Auftrag Gottes zusagte: Fürchte dich nicht; ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein.
Wir Menschen stehen auf der Festplatte bei Gott, was auch kommen mag. Daran hielt Jesus fest bis zum Tod. Lukas überliefert uns seine letzten Worte am Kreuz: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände.
Diese Gewissheit kann durchs Leben tragen, was immer es bringt, auch durch Trauer, Erfolglosigkeit oder Ablehnung. Sogar im Blick auf Krankheit und Tod dürfen wir Jesu Zusage festhalten: Unsere Namen sind auf Gottes Liste verzeichnet. Das gibt Grund zu letzter, unendlicher Freude.