Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.
Jakobus 1,22
Machen. Die Handlungsorientierung des christlichen Glaubens
Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.
Uns liegt ein Wochenspruch aus einem vernachlässigten Brief des Neuen Testaments vor. Ein kleiner Brief, den der Reformator Martin Luther zudem als „stroherne Epistel“ bemängelt hat. Denn er schien nicht recht zu seiner reformatorischen Entdeckung der Rechtfertigung allein aus Glauben zu passen und der vermeintlich katholischen Werkgerechtigkeit das Wort zu reden. Das gilt auf den ersten Blick auch für unseren Wochenspruch.
Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.
Wer den Jakobusbrief verfasst hat, ist unklar. Der Bruder von Jesus, Jakobus, gibt ihm den Namen. Forscherinnen und Forscher gehen jedoch davon aus, dass der Jakobusbrief eine spätere Schrift darstellt, die im zweiten Jahrhundert verfasst wurde. Er wurde nachweislich als eine der letzten Schriften in den Kanon des Neuen Testaments aufgenommen. Thematisch beschäftigt sich der Jakobusbrief mit Fragen der richtigen Lebensgestaltung im Glauben. Die Kernaussage des Jakobus lautet in diesem Zusammenhang: Der Glaube ohne entsprechende Taten ist leblos und lieblos. Unser Wochenspruch zeugt von dieser Haltung.
Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.
Das Motto des Deutschen Evangelischen Kirchentages, der in diesem Jahr in Nürnberg stattfand, lautete: „Jetzt ist die Zeit. Hoffen. Machen.“ Die Handlungsorientierung des christlichen Glaubens wird auch hier deutlich. Angesichts der vielen Krisen, die wir mittlerweile als Multikrise bezeichnen. Die noch nicht ganz bewältigte und reflektierte Corona-Pandemie. Die Folgen insbesondere für viele Kinder und Jugendliche, denen wertvolle Erfahrungen verwehrt geblieben sind. Die gigantischen Umwälzungen der Arbeitswelt, nachdem viele von uns Digitalisierung und Home-Office schätzen gelernt haben. Nicht nur die Gen Z. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, der viele erschüttert hat und sicher geglaubte Gewissheiten und Errungenschaften im Europa der Nachkriegszeit pulverisiert hat. Die dadurch ausgelöste weitere Flüchtlingskrise, die unsere Kommunen vor gewaltige Herausforderungen stellt und das europäische Asylrecht infrage stellt. Und über allem schwebt die Klimakrise als mögliche Klimakatastrophe, die uns droht, wenn wir es nicht schaffen, uns von fossilen Energieträgern, von Öl, Kohle und Gas zu verabschieden, hierzulande und global.
Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.
Die Handlungsorientierung des christlichen Glaubens aus dem Jakobusbrief, sie passt offenbar genau in die Zeit. Der Glaube ist leblos und lieblos, wenn er nicht unmittelbar die Verantwortung für meine Mitmenschen und meine Mitwelt hervorbringt. Aber einfach wird es dadurch trotzdem nicht. Daher warnt der Jakobusbrief vor Selbstbetrug.
Eine Frage, die auf dem Kirchentag intensiv diskutiert wurde, ist die der Friedensethik. Zugespitzt auf die Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine und ob das christlich ist. Was ist von Waffen zur gebotenen Selbstverteidigung zu halten, die den Krieg und damit das Leid auf beiden Seiten verlängern? Am Ende wird man anerkennen müssen, dass wir uns in diesen schwierigen Fragen in Dilemmata befinden und es vor allem um Abwägungen geht.
Die Handlungsorientierung des christlichen Glaubens folgt aus dem Bewusstsein, unmittelbar von Gott angenommen zu sein. Aber was konkret zu tun ist, klärt sich in der Diskussion, im Gewissen des Einzelnen, und es klärt sich im aufmerksamen Hören auf das Wort Gottes. Darauf macht uns der Wochenspruch aus dem Jakobusbrief zuletzt aufmerksam.
Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst.
Nur zu hören bringt nichts. Das Hören auf das Wort Gottes hat Folgen. Handeln und Hören gehören zusammen. Damals bei Jakobus und auch heute bei uns.