Die Wochensprüche im Juli 2023

2. Juli 2023
4. Sonntag nach Trinitatis


Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.

Galater 6,2

Angenommen, man wüsste nichts von Jesus und vom Christentum. Irgendwie wäre über die Zeit alles Wissen verloren gegangen. Auf einem alten Stück Papier würde aber dieser eine Satz gefunden. „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Diese paar Buchstaben würden für eine Revolution reichen. Denn trotz aller gegenteiligen Behauptungen und löblicher Ausnahmen ist es aktuell doch eher so, dass jeder sein eigenes Kreuz zu tragen hat. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Uns wird beigebracht, unseren Wert daran zu messen, was wir leisten und haben. Dass ständig mantrahaft wiederholt wird, jeder sei einzigartig und gleich wertvoll, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es dann doch um Vergleichbarkeit geht, dass wir täglich vermessen werden, dass wir schon als Kinder nach Noten und dann nach Schulformen und Abschlüssen eingeteilt werden und dass viele, viele Menschen sich infolgedessen ständig fragen: Bin ich gut genug? Wir tragen unsere Lasten und trauen uns nicht, um Hilfe zu bitten, denn Schwäche ist schlecht, ist der Anfang von Ende, vom Abrutschen, vom Wertlos werden. 

Und dann dieser eine Satz, wenn man ihn ernst nähme: Einer trage des anderen Last! Wenn man sich das als Lebensmaxime nähme, wenn man danach eine neue Gesellschaft gestaltete, wenn man so in den Kindergärten und Schulen anfinge, damit am Ende alle lesen können und nicht manche gut und manche schlecht. Die Last des anderen zu tragen, bedeutet sich in den anderen hineinzuversetzen, heißt vielleicht auch, die eigene Last mal abzulegen und darauf zu vertrauen, dass die Welt davon nicht untergeht. 

Es könnte der Anfang einer Revolution sein, dieser eine Satz. Und wir haben so viele Sätze mehr dieser Art im Buch der Bücher. Es ist alles da.

9. Juli 2023
5. Sonntag nach Trinitatis

Aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es.

Epheser 2,8

Oft ist es schwer, etwas Gutes anzunehmen. Schon bei Kleinigkeiten. Zum Beispiel im Café. „Ich lad dich auf den Kaffee ein.“ „Ach, das musst du doch nicht … “ Und sofort notieren wir auf der inneren To-do-Liste, dass wir ganz unbedingt beim nächsten Mal daran denken müssen, den anderen zurück einzuladen. Am besten diesmal auf Kaffee plus Kuchen. Noch schwieriger ist es, wenn man auf die Gabe des anderen angewiesen ist. Hilfe anzunehmen, wenn man selbst schwach ist. „Wie soll ich dir das jemals zurückgeben?“ Menschen, die lernen, Geschenke fröhlich anzunehmen und sie zu genießen, machen nicht nur einen großen Fortschritt auf dem Weg zu einem zufriedenen Leben, sondern können so auch die christliche Grundhaltung üben. Christsein bedeutet, sich als beschenkt zu begreifen. Zu verstehen, dass Gott uns liebt und ganz fest zu uns hält, unabhängig von unserer Leistung. Im ersten Moment klingt das einfach, aber ich denke, dass viele von uns im Alltag doch immer wieder versuchen, sich selbst und andere nach ihrer Leistung zu beurteilen. Das führt in allerlei Elend. Zum Glück sind wir daraus schon jetzt gerettet, denn egal wie ungnädig wir mit uns selbst und anderen sind, wie hart wir auch von anderen be- und verurteilt werden, eins ist sicher: Gott liebt uns unabhängig davon. (Wer einen Beweis dafür braucht, der blicke nach Golgatha.) Seine Liebe ist ein Geschenk. Auf dieser Grundlage macht es Sinn, sich selbst auch im Alltag immer wieder fröhlich beschenken zu lassen und natürlich umgekehrt, äußerst freigiebig mit Geschenken zu sein. Durch das, was wir geben – unsere Zeit, unser Zuhören, unsere praktische Hilfe, eine materielle Aufmerksamkeit, ein Kompliment – geben wir Gottes Liebe weiter. Und wir ermöglichen anderen, das Beschenkt-Werden zu üben. Sagen Sie seltener: „Ich revanchiere mich“, und statt dessen öfter einfach „Dankeschön!“

16. Juni 2023
6. Sonntag nach Trinitatis

So spricht der Herr, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!

Jesaja 43,1

Nichts im Leben ist sicher. Die Arbeit nicht, die Wohnung nicht, die Gesundheit nicht, Beziehungen nicht. Auch nicht die Sachen, die unbedingt sicher sein sollten, wie dass jeder genug zu essen bekommt oder Medizin, wenn er krank ist, wie das jeder liebevolle Eltern hat oder dass jeder kriegt, was er verdient. Nichts im Leben ist sicher – die Gewalt dieser Einsicht ist eigentlich unerträglich. Die meiste Zeit verdrängen wir sie, weil wir sonst vor lauter Angst nur schlotternd im Bett liegen müssten. Ab und zu aber gibt es in jedem Leben Momente, da lässt es sich nicht verdrängen: Nichts ist sicher. Wie unheimlich gut, wenn dir dann jemand sagt: „Doch, eine Sache ist sicher: Du gehörst zu mir. Ich hab dich gewollt von Anfang an und ich will dich bis zum Ende. Und darüber hinaus. Du bist mein.“ Gott hält zu dir. Das ist die eine Sache, die sicher ist. Der griechische Philosoph Archimedes hat vor über 2200 Jahren gesagt: „Gebt mir einen festen Punkt im All, und ich werde die Welt aus den Angeln heben.“ Gottes Liebe kann unser fester Punkt sein. Daran können wir uns festhalten und von dort aus immer neu beginnen, neu denken, Neues ausprobieren. Dass nichts sicher ist, bedeutet nämlich auch, dass wir eine große Freiheit haben. Nichts ist sicher, alles kann sich verändern. Auch zum Guten. Warum nicht?!

23. Juli 2023
7. Sonntag nach Trinitatis

So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.

Epheser 2,19

Lasst uns Zäune abbrechen und Mauern niederreißen, Türen und Tore aufstoßen, lasst uns über Grenzen gehen! Christsein heißt, radikal für Liebe sein und gegen Grenzen. Vor 2000 Jahren gab es in den christlichen Urgemeinden einen Streit darüber, welche Voraussetzungen man erfüllen musste, um Christ zu werden. Da zunächst nur Juden zu Christen geworden waren, war es selbstverständlich, dass es zum Christentum gehörte, auch die jüdischen Reinheitsgebote und Speisevorschriften zu beachten. In den nächsten Jahren aber gab es mehr und mehr Menschen, die einen anderen religiösen und kulturellen Hintergrund hatten. Konnten sie genau so gut Christen sein, ohne die jüdischen Vorschriften einzuhalten, oder waren sie allenfalls Christen zweiter Klasse? Darüber entbrannte ein heftiger Streit. Solche Auseinandersetzungen hat es zu allen Zeiten an allen Orten gegeben. Es ist noch gar nicht lange her, dass katholische und evangelische Kinder nicht auf die gleichen Schulen gehen durften, die Sitzordnung bei so manchem Seniorenclub beruht immer noch darauf, wer vor 40 Jahren lutherisch und wer reformiert war – obwohl beide Gruppen evangelisch sind. Und nicht nur zwischen Konfessionen und Religionen gibt es diese Tendenzen zur Abgrenzung, dazu sich über andere zu erheben, bestimmte Gruppen auszugrenzen. Allein die deutsche Geschichte bietet zahlreiche Beispiele. Religion, Sprache, Herkunft, sexuelle Orientierung, Aussehen – all das kann dazu dienen Grenzen zu errichten. Zum Glück gibt es auch immer wieder Lichtblicke. Der Apostel Paulus hat damals vor 2000 Jahren festgehalten, dass es nicht auf die Form ankommt, sondern auf den Inhalt, Christus.
Wer sich einig ist, in der Liebe, der gehört dazu. Ganz egal, woher er kommt. „So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.“

30. Juli 2023
8. Sonntag nach Trinitatis


Wandelt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.

Epheser 5,8b-9

Selbstoptimierung: höher, schneller, weiter, liebevoller, hübscher, sportlicher, redegewandter, dünner, gelassener, mit besserer Ökobilanz, begeisterter im Ehrenamt, engagierter, gechillter, eine bessere Köchin, eine hingebungsvollere Mutter, eine konsequentere Hundehalterin, selbstloser im Job, mehr in meiner Mitte im Privaten, ein bisschen mehr von allem und alles so richtig …
Man kann es bis zum Zusammenbruch treiben beziehungsweise sich treiben lassen von all den Ansprüchen, bis man mit dem Rücken an der Wand steht und nichts mehr geht.
Die Freiheit kommt nach der Selbstoptimierung, vielmehr nach deren Scheitern. „Wandelt als Kinder des Lichts“! Das heißt nicht: Werdet noch besser, strengt euch an, scheint! Es ist keine Aussage darüber, wie wir werden sollen, sondern eine Aussage darüber, wer wir sind: „Ihr seid Kinder des Lichts. So wie ihr seid.“ Zum Mond sagt man auch nicht: „Jetzt schein endlich.“ Er scheint, weil er der Mond ist. Weil er von der Sonne angestrahlt wird. Wir sind Kinder des Lichts und weil uns Gott mit seiner Liebe bedingungslos anstrahlt, leuchten wir auch. Und zwar grade dann, wenn wir uns so akzeptieren, wie wir sind. Denn dann wirken wir auf unsere Mitmenschen entspannt und entspannend. Wenn wir uns selbst so zulassen, wie wir sind, können wir auch mit den Schwächen anderer gütig umgehen. Wenn wir uns selbst nicht hervortun müssen, können wir gerecht sein. Und wir haben keine Angst vor der Wahrheit, weil wir so geliebt sind. Gottes Liebe ist unser Licht. Wir leuchten. Und „die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.“

Anzeige: Ich bin, wie Gott mich schuf von Sabine Estner und Claudia Heuermann

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