3. November 2024
23. Sonntag nach Trinitatis
Dem König aller Könige und Herrn aller Herren, der allein Unsterblichkeit hat, dem sei Ehre und ewige Macht.
1. Timotheus 6,15.16
Es gibt Momente, die sollten nie vergehen. Das innige Wiedersehen nach langer Trennung, der Sonnenaufgang über verschneiter Winterlandschaft, der Geschmack des ersten Weihnachtsplätzchens der Saison … Momente, die lange herbeigesehnt wurden, sind endlich da – aber schon im Begriff „endlich“ steckt das Wissen, dass selbst der schönste Moment vorbei geht. Dass er endlich ist.
Egal, wie sehr wir uns auch bemühen, wie sehr wir versuchen, etwas festzuhalten – am Ende bleibt nur die Gewissheit, dass alles vergeht. So traurig das einerseits scheint, so tröstlich ist es andererseits. Denn auch die bitteren, schweren Zeiten vergehen. Die Phasen der Dunkelheit, der Trauer, des Abschieds und der Hoffnungslosigkeit.
Und auch die Schreckensherrscher und Diktatoren, die sich gottgleich fühlen und alles dafür tun, ein „ewiges“ Reich aufzubauen, kommen manchmal schneller zu Fall, als gedacht. Auch Despoten sind nicht für die Ewigkeit. Sie kommen und sie werden wieder gehen. Auch für sie ist das Heute morgen schon gestern.
Es gibt nur einen einzigen, der ewig ist und der allein ein ewiges Friedensreich errichtet. Allein Jesus Christus ist König aller Könige und Herr aller Herren, daher gebührt auch ihm allein Ehre und ewige Macht, so drückt es der Verfasser des Timotheusbriefes im Wochenspruch aus. Denn „des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit“ (Jesaja 40,8).
10. November 2024
Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres
Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Matthäus 5,9
Was tut ein Friedensstifter? Gibt man diese Frage im Internet ein, erfährt man unter anderem, dass ein Friedensstifter gegen Schnarchen helfen soll. „Friedensstifter“ ist ein Anti-Schnarch-Hilfsmittel, das schlaflosen Nächten den Kampf ansagen will, heißt es in der Produktbeschreibung.
Und es stellt sich die Frage: Warum trägt ein Anti-Schnarch-Mittel den gewichtigen Namen „Friedenstifter“? Vielleicht, weil Kriege und Gefechte nicht nur auf Schlachtfeldern geführt und Frieden nicht nur an Verhandlungstischen geschlossen wird.
Frieden ist nicht nur die Abwesenheit von Krieg. Frieden bedeutet, eine gute, eine friedvolle Beziehung zu haben, zu sich selbst, zu anderen Menschen und zu Gott.
Frieden fängt im Kleinen an, bei uns selbst und in der Beziehung zu unseren Nächsten.
Für manche fängt Frieden vielleicht schon mit einem friedvollen Schlaf an. Das hebräische Wort für Frieden heißt Schalom und es bedeutet so viel wie „Ganzheit“ und kollektives Wohlergehen.
Wenn Jesus in der Bergpredigt also jene seligpreist, die Frieden stiften, dann sind nicht nur Politikerinnen, Politiker, Diplomatinnen und Diplomaten gemeint. Jesus spricht jede und jeden Einzelnen von uns an. Er wendet sich an alle, die durch ihr Reden und Tun dazu beitragen, dass die Welt zu einem besseren Ort wird. Wer Frieden stiftet, hilft mit, Böses mit Gutem zu überwinden und Hass durch die Liebe zu besiegen, im Kleinen wie im Großen. Wer so handelt, wird seinem Ruf als Kind Gottes gerecht.
17. November 2024
Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres
Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.
2. Korinther 5,10
„Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“, sagt man oft. Aber stimmt das auch? Sind es nicht gerade jene Themen, die vertuscht und totgeschwiegen werden, die besonders belasten? Familiengeheimnisse zum Beispiel. Schmerzliche Wahrheiten, die oft über Generationen verschwiegen werden, aber trotzdem immer im Raum stehen.
Ein Suizid, Fehlgeburten, Missbrauch, Sucht- oder psychische Erkrankungen – kaum jemand möchte darüber reden, aber trotzdem schwingen diese Erfahrungen immer mit. Das kann nicht nur für die Geheimnisträger selbst, sondern auch für deren Nächste belastend sein, denn instinktiv spüren sie, dass etwas nicht stimmt, ohne die Chance zu haben, diese Gefühle einzuordnen.
Kinder, die mit solchen Geheimnissen aufwachsen, lernen, dass gewisse Dinge so schlimm sind, dass man sie verheimlichen muss. Dass eine Lebensgeschichte nur dann wertvoll, gut und richtig ist, wenn sie ohne bittere Wahrheiten daherkommt. Und das erzeugt Druck und führt zu Scham und Schuld. Denn es gibt keine einzige Lebensgeschichte, die ohne dunkle Flecken auskommt. Und es gibt nichts, dass durch Verschweigen ungeschehen gemacht werden könnte.
„Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi“, heißt der Wochenspruch aus dem 2. Korintherbrief. In diesem Satz schwingt Trost wie Warnung mit. Denn Gott kennt alle unsere Geheimnisse, ihm bleibt nichts verborgen. Das Gute, aber auch das weniger Gute, die Highlights, aber auch die dunklen Seiten unseres Lebens bleiben niemals unentdeckt. Nichts lässt sich für immer vertuschen, spätestens vor dem Richterstuhl Christi werden wir mit allem konfrontiert.
Christinnen und Christen vertrauen darauf, dass Christus ein gnädiger Richter ist. Sein Richterspruch zielt niemals auf Rache oder Strafe, sondern auf Aussöhnung, Gerechtigkeit und Frieden. Er nimmt uns immer wieder als seine Kinder an, wenn wir bitten: „Vergib uns unsere Schuld …“ Deshalb dürfen und müssen wir nichts vertuschen. Weder vor Gott noch vor unseren Nächsten.
24. November 2024
Letzter Sonntag des Kirchenjahres
Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen.
Lukas 12,35
Seit wir Kinder haben, brennt in unserer Wohnung Nacht für Nacht ein kleines, blassblaues Nachtlicht. Man weiß ja nie, wann die Kinder wach werden und dann ist es wichtig, dass ein kleines Licht zeigt, dass da keine Monster oder wilden Tiere im Zimmer sind. Das Licht gibt den Kindern das Gefühl, für den „Ernstfall“ vorbereitet zu sein und das tröstet sie und lässt sie ruhiger schlafen.
Ums „vorbereitet sein“ geht es auch im Wochenspruch aus dem Lukasevangelium. Da rät Jesus seinen Jüngern: „Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen“. Im Orient zur Zeit Jesu trugen die Menschen weite wallende Gewänder, die allerdings mit einem Gürtel zusammengehalten werden mussten, wenn man eine Arbeit verrichten oder außer Haus gehen wollte. Wenn Jesus also rät, Gürtel zu tragen und das Licht brennen zu lassen, dann sagt er damit: „Seid immer vorbereit! Seid wachsam, tut, was getan werden muss und schiebt die Dinge nicht vor euch her.“
Am Ende des Kirchenjahres und rund um den Totensonntag beziehe ich Jesu Worte auch auf das Sterben: „Seid vorbereitet auf den Tod und blendet das Dunkel nicht aus. Lebt so, dass jeder Tag euer letzter sein könnte und lernt von den Sterbenden.“ Denn am Ende des Lebens wiegt meist das Bedauern über jene Dinge schwerer, die man unterlassen und verschoben hat, als über diejenigen, die man getan hat. In dem Buch „5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen“ beschreibt die Palliativpflegerin Bronnie Ware, dass Menschen kurz vor ihrem Tod am häufigsten bedauern, nicht gebührend gelebt zu haben.
Manche bedauern, ihre Gefühle nicht ausgedrückt zu haben. Andere bereuen, den Kontakt zu Familie oder Freunden nicht gepflegt und wieder andere, wichtige Entscheidungen nicht getroffen zu haben.
Von Sterbenden lässt sich viel über das Leben lernen, denn wie heißt es schon in Psalm 39: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“