2. Sonntag nach dem Christfest, 5. Januar 2025
Johannes 1,14b: Und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.
Wenn der Christbaum an Heiligabend seine leuchtenden Augen aufschlägt, da geht uns das Herz auf. Einfach herrlich, wie er seine ganze Pracht entfaltet, dazu noch den Duft von Tannen und echten Kerzen verströmt.
Nur wenige Tage später scheiden sich die Geister. Bei manchen steht der Baum schon nach zwei Tagen im Weg herum. Deren Christbaum liegt schon vor Silvester abgeschmückt und müde auf dem Bürgersteig. Andere wiederum möchten ihn gar nicht wieder hergeben. Noch ein bisschen festhalten – diesen Glanz, diese warmen Lichter, diesen Duft und die warme Freude des Weihnachtsabends.
Irgendwann aber muss er dann doch abgeschmückt werden. Beim Abschmücken nehme ich noch einmal alles in die Hand: den gehäkelten Engel von Oma, die Könige aus Goldpapier aus den Grundschultagen der Kinder; das duftende Wachsmodel mit dem Christuskind in der Krippe und den uralten Papierstern, der schon bei meinen Eltern im Christbaum hing. Liebevoll und sorgfältig lege ich alles zurück in die Kisten.
Die Herrlichkeit des Christbaums vergeht. Sein Licht, die Wärme, der Glanz. Natürlich muss das weichen, wenn das neue Jahr an Schwung gewinnt und der Frühling an die Tür klopft. Was aber bleibt?
Unser Christbaum ist ein Abbild des Paradiesbaumes, schon allein die glanzpolierten Äpfel, die man früher daran gehängt hat, erinnern daran!
Und das Lichtermeer der Kerzen ist ein Abbild des Lichtes, das wir in Jesus Christus erkennen: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht im Finstern wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Johannes, 8,12) Und das bleibt!
Wir haben erkannt, dass Christus unser Leben durch seine Liebe hell machen kann. Nicht nur am Weihnachtsabend, sondern das ganze Jahr über, das ganze Leben lang.
Wir haben erkannt, dass Christus uns die Vergebungsbereitschaft Gottes noch einmal neu und unmissverständlich gezeigt hat. Was uns misslungen ist, ist vergeben. Wir brauchen keine Seelenlasten mehr mit hineinnehmen in das neue Jahr.
Wir haben erkannt, welche Wahrheit die einzig wahre ist: Wir sind in Gott geborgen und durch Christus mit ihm versöhnt. Diese Wahrheit und diese Gnade haben wir erkannt. Diese wird nicht behutsam verpackt auf den Speicher getragen. Sie geht mit uns ins neue Jahr. Und sie strahlt in ganzer Herrlichkeit auf unseren Weg und in unser Herz.
1. Sonntag nach Epiphanias, 12. Januar 2025
Römer 8,14: Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.
Das junge Jahr ist noch keine zwei Wochen alt, aber unser Terminkalender 2025 hat schon längst seine ersten Einträge. Bereits jetzt haben wir entschieden, welche Termine für uns die wichtigsten sein werden, welche guten Vorsätze wir gefasst und welche Ziele wir uns für das neue Jahr gesetzt haben.
Zugleich wissen wir, dass wir manche Vorhaben nicht in die Tat umsetzen werden, manche Pläne wieder verwerfen müssen oder uns irgendetwas in die Quere kommt, von dem wir jetzt am Anfang des Jahres noch gar nichts wissen.
Das Ziel allein, ob nun beruflich, wirtschaftlich oder auch familiär, treibt uns ja nicht an. Das Ziel ist lediglich gesteckt. Wir sehen es vor uns, quasi wie die schwarz-weiße „Check Flag“ im Zieleinlauf. Erreichen müssen wir das Ziel selbst. Und dafür brauchen wir innere Stärke, Organisationstalent, Optimismus; eine gehörige Portion Widerstandskraft und die Fähigkeit, zu träumen.
Paulus ermutigt seine Mitchristinnen und Mitchristen in Rom und heute auch uns, sich daran zu erinnern, dass wir mit einer ganz besonderen Gabe beschenkt sind. Durch unseren Glauben und durch unsere Taufe tragen wir einen unerschöpflichen Kraftspender in unseren Herzen: den Geist Gottes.
Er trägt unsere Gebete, unseren Dank, unsere Bitten, manchmal auch einfach nur einen tiefen Seufzer zu Gott. Und umgekehrt trägt er die Gaben Gottes zu uns – all das, was wir an jedem neuen Tag, bei jeder neuen Herausforderung, auf jeder noch so steinigen Wegstrecke brauchen: Kraft, Geduld, Durchhaltevermögen und Vertrauen.
Das ist aber noch nicht alles! Das hört sich so an, als müssten wir uns ganz allein durch die Herausforderungen unseres Lebens kämpfen. Wir sind aber nicht allein: Es gibt 2,5 Milliarden Christen auf der Welt, knapp 45 84 Millionen allein in Deutschland; eine große Familie Gleichgesinnter, Geistträger und Lichtträgerinnen, Hoffende, Vertrauende, Betende, Handelnde.
Alle sind sie Kinder Gottes, die sich an ihrem Platz im Leben tagtäglich von Gott erfüllen lassen und sich bemühen, seinen Willen in der Welt zu tun und seine Liebe unter den Menschen zu verschenken.
Wer von Gottes Geist erfüllt ist, der ist Gottes Kind. Und niemals allein.
2. Sonntag nach Epiphanias, 19. Januar 2025
Johannes 1,16: Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.
„Die Christen müssten mir erlöster aussehen. Bessere Lieder müssten sie mir singen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte.“ So hat der Philosoph Friedrich Nietzsche über die Christen geurteilt.
Da frage ich mich: Könnten wir heute Friedrich Nietzsche überzeugen?
Leben wir so, dass man uns ansieht, woran wir glauben? Strahlen wir aus, womit wir durch unseren Glauben beschenkt und bereichert sind?
Es wäre wunderbar, wenn uns das gelingen könnte – gerade heute, wo wir von so vielen kirchen- und glaubenskritischen Menschen umgeben sind. Ein Strahlemann-Lächeln oder schmissigere Lieder allein reichen ganz sicher nicht, um andere davon zu überzeugen, wie wichtig uns unser Glaube ist.
Etwas anderes ist es, womit wir andere überzeugen, was man uns vielleicht sogar ansehen könnte. Es ist die Tatsache, dass wir uns in einer Welt, die unsicher und verletzlich ist, deren Zukunft alles andere als sicher und friedlich aussieht, sicher und gehalten fühlen. Christen können mit innerer Ruhe und innerer Sicherheit leben, weil wir etwas ganz Besonderes in uns tragen: Von Christi Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade (Johannes 1,16).
Christsein heißt nicht mehr und nicht weniger als das: Ich verlasse mich bedingungslos darauf, dass Gott mich annimmt im Leben und im Sterben. Ich verlasse mich darauf, dass selbst dann, wenn ich kleine Fehler oder sogar große Verfehlungen begangen habe, er sie mir immer wieder vergibt und sie nicht irgendwann wieder hervorholt und mir unter die Nase hält. Vergeben ist vergeben. Nichts anderes heißt Gnade um Gnade.
Wir haben die Fülle des Lichts gesehen an Weihnachten und an den Tagen danach, an denen wir das Licht der Welt besungen und das Kommen Gottes in unsere Welt gefeiert haben. Und jetzt, wo wir in die ersten Wochen des neuen Jahres hineingehen, wird dieses Licht in uns auch nicht verblassen. Die Fülle des Lichts, die Fülle der Liebe Gottes in Christus wird uns jeden Tag neu mit Gnade beschenken. Heute und für immer. Das darf man uns ruhig ansehen. Das darf man uns ruhig anmerken. Friedrich Nietzsche darf sich gerne über uns wundern.
3. Sonntag nach Epiphanias, 26. Januar 2025
Lukas 13,29: Und es werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes.
Stellen Sie sich vor, Sie feiern ein Fest. Sie laden Menschen ein, mit Ihnen und mit allen anderen an einer festlichen Tafel zu essen.
Wen laden Sie ein? Familie, Freunde und Freundinnen ganz sicher;
Menschen, die Sie mögen, Menschen, die Ihnen etwas bedeuten und umgekehrt.
Ganz sicher aber vermeiden Sie es, Menschen zusammen an einen Tisch zu holen, die sich gegenseitig nicht leiden können. Menschen, mit denen Sie zerstritten sind. Menschen, mit denen Sie nicht einer Meinung sind. Da wäre Streit vorprogrammiert. Wer will das schon!?
So feiern wir Feste.
Dass Menschen aus Ost und West und Nord und Süd, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen und Religionen miteinander das königliche Hochzeitsmahl im Himmel feiern werden, ist ein Traumbild davon, wie Glaubende sich in der Frühzeit des Christentums das Reich Gottes vorgestellt haben. Alle kommen zusammen. Die, die sich bisher bekämpft haben, die, die sich bisher gemieden haben,; die, die sich bisher gehasst haben, die, die sich bisher niemals hätten vorstellen können, miteinander an einem Tisch zu sitzen und miteinander zu essen. Diese Vorstellung ist zu schön, um wahr zu sein. Unvorstellbar für unsereins, die wir uns doch gerne nur mit Menschen umgeben, die uns angenehm und sympathisch sind. Das Traumbild vom himmlischen Hochzeitsmahl mag uns heute noch utopisch vorkommen. Für Gott ist ein solches Zusammenkommen aber durchaus denkbar. Dann, wenn er allen Streit auf dieser Erde beendet und alle Schuld der Menschen vergeben hat. Wenn Gott als die Liebe alles in allem ist, dann ist solch ein Fest tatsächlich möglich.
Wir sind noch weit davon entfernt, aber in kleinen Schritten können wir uns diesem Traumbild nähern, indem wir versuchen, beim nächsten Fest vielleicht doch einmal Gäste an den Tisch zu laden, mit denen zu reden und mit denen sich zu versöhnen sich lohnen würde.
„Mag sein, dass der Jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.“ (Dietrich Bonhoeffer)