Die Wochensprüche im Februar 2025

Letzter Sonntag nach Epiphanias (2.2.2025):

Über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit scheint über dir. (Jesaja 60,2)

Manchmal verliert man angesichts der Ungerechtigkeit in unserer Welt wirklich den Glauben. Wie kann Gott das zulassen?!
Der Prophet Jesaja sagt, das hat mit Gott gar nichts zu tun. „Siehe, des Herrn Arm ist nicht zu kurz, dass er nicht helfen könnte, und seine Ohren sind nicht taub geworden, sodass er nicht hören könnte, sondern eure Verschuldungen scheiden euch von eurem Gott, und eure Sünden verbergen sein Angesicht vor euch, dass ihr nicht gehört werdet.“ (Jesaja 59,1) Wir sehnen uns nach Gerechtigkeit, aber manchmal übersehen wir, was wir selbst beitragen könnten. Schon vor 20 Jahren hat ein Lehrer zu mir gesagt: „Eigentlich müsste man den Jugendlichen auf der Hauptschule beibringen, für Veränderung zu kämpfen. So wie es jetzt ist, werden ungleiche Bildungschancen zementiert.“
Trotz aller Reformen hat sich nicht viel verändert seitdem. „Das alles sieht der Herr und es missfällt ihm sehr, dass kein Recht ist. Und er sieht, dass niemand auf dem Plan ist, und verwundert sich, dass niemand ins Mittel tritt.“ So schreibt Jesaja zu seiner Zeit.
Und wahrscheinlich wundert Gott sich auch heute. Aber beim Wundern bleibt es laut Jesaja nicht.
Wenn die Menschen nichts verändern, dann greift Gott ein. Er wird als Erlöser kommen für alle, die sich von der Sünde abwenden. (Jesaja 59,21) Gott wundert sich über die, die nichts tun, obwohl sie könnten. Aber dann ändert er den Fokus und blickt auf die, die so dringend Hilfe brauchen, und Jesaja schreibt für sie: „Über dir geht auf der Herr und seine Herrlichkeit scheint über dir.“
Wenn du leidest und nichts ändern kannst, dann gib die Hoffnung nicht auf: Gott wird dir helfen. Wenn es dir aber gut geht und du etwas tun kannst, dann tu es auch. Mal bist du auf der einen, mal auf der anderen Seite. So oder so will Gott mit dir die Welt verändern. Seine Herrlichkeit scheint über dir und durch dich.

4. Sonntag vor der Passionszeit (9.2.2025):

Kommt her und sehet an die Werke Gottes, der so wunderbar ist in seinem Tun an den Menschenkindern. (Psalm 66,5)

Sie war lange krank gewesen. Am Anfang hatte sie noch gedacht, es ginge nur um ein paar Wochen, dann wäre sie wieder auf dem Damm und das Leben ginge weiter wie vorher. Dann aber wurden die Wochen zu Monaten, und manchmal zweifelte sie daran, ob es nochmal besser werden würde. Und wie sie es ertragen sollte, wenn nicht. Sie tat alles, was die Ärzte ihr empfahlen, und sie traf eine Psychologin. Trotzdem wollte die Krankheit nicht weichen. Manchmal dachte sie daran, sich das Leben zu nehmen.
Und dann wurde es doch wieder besser. Nicht von einem Tag auf den anderen, sondern ganz langsam. Sie merkte es zuerst gar nicht. Aber eines Morgens fiel ihr auf, dass sie am Abend die Tablette vergessen und trotzdem die Nacht durchgeschlafen hatte. Und ein paar Tage später musste sie bei einer dummen Sendung im Fernsehen laut lachen. Fast hätte sie ihre eigene Stimme dabei nicht erkannt. Es ging aufwärts. Mit Rückschlägen, aber aufwärts. Sonntags ging sie manchmal wieder in die Kirche und traf ihre Freundinnen. Eines Tages hörten sie die Geschichte von den Israeliten, für die Gott das Meer geteilt hat, als sie in Lebensgefahr waren. Sie fühlte sich gerettet. „Ich habe überlebt“, dachte sie; und ihre Augen wurden feucht, als ihr einfiel, dass es auch Menschen gab, die ihre Krankheit nicht überlebten und wie knapp es gewesen war. „Danke, Gott!“, dachte sie. Und dann stimmte sie ein in den Psalm 66, den die Gemeinde gerade sprach: „Kommt her und sehet an die Werke Gottes, der so wunderbar ist in seinem Tun an den Menschenkindern. Er verwandelte das Meer in trockenes Land, sie konnten zu Fuß durch den Strom gehen.“ (Psalm 66,5 f)

Septuagesimae (16.2.2025):

Wir liegen vor dir mit unserem Gebet und vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit. (Daniel 9,18)

Beten ist eins der ganz wenigen Gespräche, in dem man absolut ehrlich sein kann. Wenn wir mit dem Allwissenden sprechen, hat es wenig Sinn, so zu tun, als ob. Wir können ihm also alles sagen. Aber wenn man alles sagen kann, kann man dann nicht genauso gut gar nichts sagen? Wenn der andere doch eh schon alles weiß …
Offenbar geht es beim Gebet nicht um Informationsaustausch. Das Gebet, von dem im Wochenspruch die Rede ist, hat einen ganz anderen Inhalt: Vertrauen. Im Gebet richte ich mich aus. Weg von mir selbst, hin zu meiner Quelle. Weg von dem, was ich sollte, könnte, müsste, hin zu dem, was mich trägt. Und nein, das bin nicht ich selbst. Es gibt das Bild von dem Menschen, der sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zieht – unmöglich. „Wir liegen vor dir mit unserem Gebet“ – der Beter im Wochenspruch wirft sich vor Gott auf die Erde, weil er voller Schuld ist. Es kann uns guttun, verschiedene Gebetshaltungen auszuprobieren: geöffnete Hände, um auszudrücken: Ich bin auf Empfang. Im Knien beten, oder im Schneidersitz … Wie ist mein Gebet, wenn ich mich auf die Erde lege und den festen Boden mit dem ganzen Körper unter mir spüre? Ich liege da, auf einem kleinen Stück Fußboden, irgendwo in einer mittelgroßen Stadt in Europa auf dieser riesigen Weltkugel, die uns alles gibt, was wir zum Leben brauchen und die doch so winzig ist im Vergleich zum All, das uns umgibt. Ich atme ein und atme aus, und in mir wächst Vertrauen, dass der, der all das so gut eingerichtet hat, auch alles irgendwie mit Sinn versieht. Dass all die Probleme, die es gibt und all das Leid nicht unendlich sein können. Ich spüre den festen Boden unter mir und das feste Vertrauen in mir, dass Gott in seiner Barmherzigkeit für Gerechtigkeit sorgen wird. Irgendwie, irgendwann und vielleicht ein kleines bisschen auch durch mich.

Sexagesimae (23.2.2025):

Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht. (Hebräer 3,15)

Ach, wäre es schön, wenn ich Gottes Stimme hören würde! Ich bin immer etwas neidisch auf Menschen, die von so ganz eindeutigen Gott-Momenten erzählen können. Andererseits bin ich auch misstrauisch, wenn jemand so ganz genau weiß, was Gott will – womöglich noch für mich. Manch einer versucht einfach nur, seine eigenen Moralvorstellungen als göttliche Eingebung zu legitimieren. Ich jedenfalls würde gern mal Gottes Stimme hören und was er mir zu sagen hätte. Ich hoffe, es wäre etwas Gutes dabei. Und vor allem etwas Zukunftsweisendes. Wie können wir diese Welt zu einem besseren Ort machen? Was kann ich dazu beitragen? Überhaupt: Was ist meine Aufgabe, meine Bestimmung? Ist es ok, so wie ich lebe, oder lebe ich an mir selbst vorbei? Wenn ich Gottes Stimme doch nur hören würde, dann wüsste ich endlich, was zu tun wäre. Ganz bestimmt würde ich mein Herz nicht verstocken, sondern einfach so froh sein, dass ich jetzt wüsste, wo es lang geht. Aber Gott spricht ja nicht zu mir. Oder? Oder??? Hat Gott vielleicht längst zu mir gesprochen? Weiß ich tief in meinem Inneren, wer ich bin und was zu tun ist? Und bin nur zu ängstlich, zu bequem, zu ungläubig? Wenn ich mir für einen Moment vorstelle, dass ich sehr mutig wäre, frei von der Meinung anderer, von Konventionen und Sachzwängen – wenn ich mir ausmale, es käme für den weiteren Lauf der Geschichte auf mich an, weil Gott mich auserwählt hätte, würde ich dann andere Prioritäten setzen, andere Leute treffen, woanders arbeiten? Ist dieses Leben wirklich das, was ich im Angesicht Gottes führen will? „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht.“

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