können hier nur Grundzüge skizziert werden.
a) In der Theologie der alten Kirche wurde der Glaube als vertrauendes Verständnis der in AT und NT bezeugten Geschichte als Heilsgeschichte und als Gabe Gottes aufgefasst, die den Menschen zum Glauben als Annahme des Evangeliums führt. So lässt er sich unterscheiden in den Akt der Zustimmung zum Glaubensbekenntnis und als daraus folgende getreue und kompromisslose Lebensform. Die äußeren Umstände machen eine gewisse Konzentration auf die „objektive Lehre“ notwendig: Regula fidei. Der Glaube in diesem Sinn heißt bei Augustinus († 430) der „geglaubte Glaube“ („fides quae creditur“). Daneben verliert das Moment des biblischen Glaubens im Sinn von „festmachen in“, „festen Stand gewinnen in“ nicht an Gewicht. Es wird in der Kirchenvätertheologie verbunden mit dem Wunsch, Einsicht in das Geglaubte zu gewinnen (augustinisch: der „glaubende Glaube“, „fides qua creditur“), von Gott in einem pädagogischen Prozess ermöglicht, der dem Menschen Erleuchtung des Verstandes und vertiefte Erkenntnis schenkt, so dass Zustimmung zum Glauben und Denken nicht in Widerspruch geraten (augustinisch: „der Glaube, der nach Einsicht sucht“, „fides quaerens intellectum „, bei Anselm von Canterbury †1109 programmatisch fortgeführt). Letztlich sind für Augustinus nicht Einzelwahrheiten im Zentrum des Glaubens, sondern Gott ist Gegenstand, Motiv und Ziel des Glaubens schlechthin („credere Deum, Deo, in Deum“).
b) Die mittelalterliche Glaubenstheologie war vom Erbe der Kirchenväterzeit, vor allem dem augustinischen, geprägt. Platon († 347 v.Chr.) hatte den Glauben als bloßes Meinen gegenüber dem wissenden Erkennen abgewertet. Thomas von Aquin († 1274) zeigte dagegen im Anschluss an Aristoteles, der eine glaubende Voraussetzung (Zustimmung zu Prinzipien) vor allem Wissen angenommen hatte, dass Glaube eine dem Wissen überlegene Gewissheit vermittelt, die aus der Evidenz der „Ersten Wahrheit“ hervorgehe. So ist der Glaube für Thomas eine praktische Gewissheit ohne Fundierung in zwingenden Beweisen. In seiner Analyse des Glaubensaktes verstand er diesen als bejahende Annahme der Offenbarung Gottes, von einer willentlichen Energie getragene Verstandeszustimmung, wobei die Gnade Gottes es ermöglicht, in der Offenbarung die Heilswahrheit zu erkennen und vom Glauben als Akt weiterzugelangen zum Glauben als Lebenshaltung, als Tugend. Das Wesentliche des Glaubensinhalts besteht für Thomas in dem und nur in dem, was Menschen „direkt auf das ewige Leben hinordnet“. Im bloßen Fürwahrhalten (der „fides informis“) ist erst der Ansatz dazu gegeben; erst der „durch Liebe durchformte Glaube“ („fides caritate formata“) bewirkt „den Anfang des ewigen Lebens“. Für Thomas ist der Glaube daher zum ewigen Heil notwendig. Besorgt um das Heil der Nichtglaubenden unterschied er beim rechtfertigenden und rettenden Glauben zwischen „ausdrücklichem Glauben“ („fides explicita“) und „einschlussweisem Glauben“ („fides implicita „). Mit einer Tradition vor ihm hielt er Hebr 11, 6 für die Formulierung des Minimums an Glaubensinhalt („denn wer sich Gott nahen will, muß glauben, dass er ist und denen, die ihn mit Ernst suchen, ein Belohner wird“). Für den einschlussweisen Glauben genügte es ihm, wenn ein Mensch das Gute um des Gutes willen tue, das Wahre um des Wahren willen bejahe (einschlussweise Bejahung Gottes als des schlechthin Guten und Wahren).
Die wesentlichen Elemente dieser Glaubenstheologie prägen die amtliche katholische Auffassung des Glaubens bis zur Gegenwart.
c) Für M. Luther († 1546) trat die „objektive“ Seite des Glaubens hinter der „existentiellen“ zurück. Glaube war für ihn die Aneignung des Gerichts- und Gnadenspruchs Gottes im Evangelium (Fiduzialglaube, Rechtfertigung). Das Konzil von Trient sah den Glauben als Moment in einem Prozess: Der vom Hören kommende Glaube ist Annahme der göttlichen Offenbarung, aber erst der Anfang der aus Gnade geschenkten Rechtfertigung; ohne Hoffnung und Liebe ist er, obwohl aus Gnade gewirkt, tot. So stand Trient hinsichtlich des Glaubens nicht in einem grundlegenden Widerspruch zu Luther; es weigerte sich lediglich, Glaube und Rechtfertigung zu identifizieren.
d) Während die spät- und neuscholastische Theologie beim Glauben die Aspekte des willentlichen Gehorsams und der Verstandeszustimmung zu einer „instruktionstheoretisch „ verstandenen Offenbarung betonte (abgerundet im I. Vaticanum), setzte zunächst im nichtkatholischen Bereich der Theologie der Neuzeit eine Akzentverlagerung ein, vom „dogmatischen Glauben“ zum „Herzensglauben „, auf die in der Mystik schon immer bekannte Ebene der Erfahrung, der Betroffenheit und Ergriffenheit. Eine ev. Linie führt von F. Schleiermacher († 1834) über S. Kierkegaard († 1855) zu R. Bultmann († 1976) (Entmythologisierung, sachgemäßer „existentiale Interpretation“). Bei der allmählichen Überwindung der einseitig intellektualistischen Glaubensauffassung der Neuscholastik spielte im katholischen Bereich der Personalismus eine große Rolle; er führte von einem „Dass-Glauben“ zu einem „Du- Glauben“.
e) Die neuzeitlichen Infragestellungen des Glaubens mit ihrem Beharren auf „Ausweisen“ (von der Aufklärung bis zum Kritischen Rationalismus) bewirkten zunächst eine Abkehr von einem autoritären Glaubensverständnis und eine neue Aufmerksamkeit für innere Evidenzen (die „Augen des Herzens“, Immanenzapologetik, Gnadenerfahrung). Hand in Hand damit ging eine neue, Gottes absolute Souveränität respektierende Hinkehr zum universalen wirksamen Heilswillen Gottes, der zur „eschatologischen“ Rettung der Menschen noch andere Wege als den Glauben kennt. Dies ermöglichte es den christlichen Kirchen, Religions- und Gewissensfreiheit anzuerkennen. Erst allmählich wurde in Kirchen und Theologie bewusst, wie tief die Erschütterung des Glaubens infolge des Versagens der Glaubenspraxis in den Katastrophen des 20. Jh. ist. Sie hat nicht nur eine Glaubenskrise herbeigeführt, sondern angesichts des Schweigens Gottes eine Gotteskrise geoffenbart. In dieser Situation gewinnt die der Zukunft zugewandte „Hoffnungsstruktur“ des Glaubens neue Bedeutung.
Quelle: Herbert Vorgrimler: Neues Theologisches Wörterbuch, Neuausgabe 2008 (6. Aufl. des Gesamtwerkes), Verlag Herder