Es beinhaltet zwei in ihrer Eigenart verschiedene „Bewegungen“: die Abkehr von der Sünde (von eigenen Sünden und von der Sünde überhaupt) und die aktive Hinkehr zu dem von Gott Gewollten. Die Buße ist Gabe Gottes und Voraussetzung der Vergebung, die nicht durch menschliche Leistung bewirkt werden kann. Die Umkehr und Neuorientierung der Lebenshaltung eines Menschen bedeutet (wenigstens letztlich, als Vollendung des Umkehrprozesses) ein innerliches Erfassen der Liebe Gottes, das den Menschen in allen seinen Schichten ergreift und umformt. Von da aus lässt sich die in Andeutungen schon im NT greifbare Meinung der frühesten Christenheit verstehen, dass Gottes Initiative in einer solch radikalen Weise nur einmal im Menschen wirksam wird, so dass es grundsätzlich nur eine Buße geben kann. Im Widerspruch dazu stehen die Erfahrungen, dass die Buße als Aufarbeitung der verkehrt orientierten Vergangenheit und als Hineinwachsen in die Nähe Gottes ein langwieriger Prozess sein kann, und dass Menschen die einmal gewonnene Überzeugung revidieren, sie aber unter Umständen in einem neuen Prozess wiedergewinnen können. Die „Äußerungen“ der Buße hängen von der Sünde ab: Ist sie direkte und bewusste Ablehnung Gottes? Oder ist sie Verweigerung eines Gehorsams gegenüber den erkannten Weisungen Gottes in punktuellen Einzelgegebenheiten? Oder ist sie, da das Gottesverhältnis immer menschlich vermittelt ist, relevante Ablehnung göttlicher Weisungen im mitmenschlich-sozialen Bereich?
In der klassischen katholischen Theologie gilt die Buße als eigene Tugend, einmaliges Geschenk der Gnade Gottes, das im Lauf eines Lebens niedergehalten und unfruchtbar gemacht werden, aber auch wiederaufleben kann. Der wesentliche Akt der Buße als Tugend besteht in der von Gott geschenkten Reue, vom Konzil von Trient beschrieben als „Schmerz der Seele und Abscheu über die begangene Sünde mit dem Vorsatz, in Zukunft nicht mehr zu sündigen“.
In der kirchlichen Tradition des Christentums bildeten sich mannigfaltige Formen heraus, in denen sich Buße konkretisiert. Die wichtigeren von ihnen sind:
1) Versöhnung durch das Hören des Wortes Gottes mit seiner Kritik an der Selbstgerechtigkeit und in der dialogischen Form dieses Hörens, im Gebet;
2) durch Wiedergutmachung (vgl. Mt 5, 23 f.);
3) durch produktive Liebe, die in Einheit Gottes- und Menschenliebe ist;
4) durch Gespräch, in dem die Kritik des eigenen Fehlverhaltens angenommen wird;
5) durch „Abtötung“, Entsagung, „Bußwerke“.
Abgesehen von den Missverständnissen, als werde Gott durch asketische Leistungen zur Vergebung bewegt, als könnten eigene oder fremde Sünden durch Opfer „gesühnt“ werden, als seien Verzicht auf Freude, Lust und Genuss, Unterdrückung der menschlichen Sinnlichkeit Werte an sich oder Wertzuwachs für Gott (so in dualistischen und manichäischen Auffassungen) ist auf die Gefahr pathologischer Bußpraktiken masochistischer Art zu achten. Zu richtig verstandenen Bußwerken: Askese;
6) Versöhnung durch die Kirche, in der Gott einen Raum der Versöhnung und des Friedens eröffnen wollte. Den gläubigen Grundvollzügen der Kirche, den von Gottes Gnade getragenen Sakramenten, wurde von der kirchlichen Frühzeit an sündenvergebende Wirkung zugesprochen:
a) Das erstrangige sündenvergebende Sakrament ist die Taufe. Ihre Einmaligkeit entspricht der Einmaligkeit der von Gottes Gnade bewirkten Grundumkehr;
b) unter den Sakramenten der Versöhnung der schon Getauften steht an erster Stelle die Eucharistie. Nach der Lehre des Konzils von Trient schenkt sie die Gabe der Buße und tilgt auch die schwersten Sünden;
c) in der kirchlichen Lehre und Praxis hinsichtlich der sündenvergebenden Sakramente steht das Bußsakrament im Vordergrund;
d) im Sakrament der Krankensalbung soll angesichts der andrängenden schweren Krankheit dem leidenden Menschen, begleitet von der kirchlichen Fürbitte, die vergebende Gnade Gottes zuteilwerden.
Quelle: Herbert Vorgrimler: Neues Theologisches Wörterbuch, Neuausgabe 2008 (6. Aufl. des Gesamtwerkes), Verlag Herder