Erntedank

Es geht durch unsere Hände, kommt aber her von Gott

Erntedankfeste sind eine Tradition, die bereits in vorchristlicher Zeit belegt ist. Seit dem dritten Jahrhundert werden sie christlich gefeiert. Schon in der Bibel gibt es den Dank für die Früchte der Erde, von der wir leben. Und auch den Dank für die Arbeit der Menschen in der Landwirtschaft, die für unsere Ernährung sorgen.

Beim Nachlesen fand ich interessant, dass Adolf Hitler 1933 das Erntedankfest auf den ersten Sonntag im Oktober fest­ legte. 1934 wurde das „Reichserntedank­fest“ auf den ersten Sonntag nach dem Michaelistag (29. September) gelegt. Die Bedeutung der Bauernschaft wurde von der Propaganda des NS­Regimes gefeiert.

Trotz dieser unrühmlichen Tradition hat Erntedank auch heute in den Kirchen­gemeinden eine große Bedeutung. Altäre werden mit den Früchten der Gärten und des Feldes wunderschön geschmückt. Oft gibt es Familiengottesdienste, in denen die Wahrnehmung der Schöpfung eine besondere Rolle spielt. Gerade in Städten wird thematisiert, woher unsere Lebens­ mittel eigentlich kommen. Erntedank­ feste haben da eine neue Rolle übernom­men, denke ich.

„Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land“ ist dabei das traditionelle Kirchenlied (EG 508). Ich singe es sehr gern mit. Matthias Claudius hat den Text 1783 gedichtet, die Melodie stammt offenbar aus Hannover. Der Refrain lautet: „Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn, drum dankt ihm, dankt, drum dankt ihm, dankt und hofft auf ihn!“ Das verweist auf den Kreislauf. Wir danken für die Nahrung, die uns geschenkt ist, und wir hoffen dar­auf, dass wir auch im kommen­den Jahr ernten können.

Die Industriegesellschaf­ten hatten den Zusammenhang lange ver­loren. Aber wenn wir die heißen Sommer jetzt sehen, die Dür­re, die Wälder, Felder, Weinberge belastet, wird uns neu klar: Es geht durch unsre Hände, kommt aber her von Gott. Alle Technik der Düngung oder Bewässerung kann nicht ausgleichen, was das Wetter, das Klima bedeuten für die Ernte.

In den Vereinigten Staaten von Amerika hat „Thanksgiving“ eine ganz besondere Bedeutung. Erinnert wird an das erste Erntedankfest der „Pilgrim Fathers“. Gott wird nicht nur für die Ernte, sondern für alles Gute im Leben gedankt. Thanks­giving ist noch mehr als Weihnachten ein Familienfest. Und der Truthahn im Fami­lienkreis gehört traditionell dazu. Als ich vor zehn Jahren dort zu einem Thanksgivingdinner eingeladen war, musste ich lachen. Parallel war in der – durchaus christlichen! – Familie schon der Weih­nachtsbaum aufgestellt worden und blinkte in vielen bunten Farben. Mit den Festen des Jahreskreises hatte das alles irgendwie gar nichts mehr zu tun. Schade, finde ich.

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