Papst Franziskus

Nach dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. wird am 13. April 2013 überraschend Jorge Maria Bergoglio zum Papst gewählt. Mit dem Lateinamerikaner beginnt in Rom ein Wandel des Papstamtes.

Papst Franziskus

Jorge Mario Bergoglios Weg zum Stuhl Petri

Jorge Mario Bergoglio wird am 17. Dezember 1936 als Sohn italienischstämmiger Eltern in Buenos Aires geboren. Nach einer Ausbildung zum Chemielaboranten tritt er am 11. März 1958 in den Jesuitenorden ein. In Buenos Aires absolviert er ein Studium der Philosophie und Theologie. Neben der jesuitischen Spiritualität prägt ihn vor allem die argentinische „Theologie des Volkes“. Daraus erwächst die Überzeugung Bergoglios, dass die Kirche als „Stimme der Armen“ besonders für deren Rechte eintreten müsse. 1969 wird Bergoglio zum Priester geweiht. In den Jahren 1973–79 leitet er die argentinische Provinz seines Ordens. Bergoglios Amtsführung während der Militärdiktatur ist umstritten. In den folgenden sieben Jahren ist er Rektor des Colegio Máximo San Miguel in Buenos Aires. 1992 empfängt Bergoglio die Bischofsweihe. Im Jahr 1997 wird er zum Erzbischof von Buenos Aires und 2001 zum Kardinal ernannt. Die fünfte Generalversammlung des lateinamerikanischen Bischofsrates 2007 prägt Bergoglio maßgeblich. Als erster Nicht-Europäer seit dem Frühmittelalter, erster Jesuit und erster Lateinamerikaner wählt ihn das Konklave 2013 nach nur fünf Wahlgängen zum Papst.

Papst Franziskus Pontifikat

Es besteht ein großes öffentliches Interesse und eine überwiegende Sympathie für diesen Papst, der von Anfang an die bescheidene Lebensweise seines Namensgebers der Pracht des katholischen Kirchenamtes vorzieht. Zum ersten Mal hat ein Papst sich für den Namen des heiligen Franz von Assisi entschieden und gibt damit Grund zu der Hoffnung, dass er weitere Veränderungen bewirken wird.

Franziskus versteht sich als Pastor und Hirte. Er betont häufig seine Funktion als Bischof von Rom und nicht als oberster Kirchenlehrer oder Diplomat. Die Zuwendung zum Menschen ist ihm ein großes Bedürfnis. Regelmäßig folgt er dem vatikanischen Protokoll nicht und sucht den Kontakt zu Gläubigen. So nimmt er sich auch bei der wöchentlichen Generalaudienz viel Zeit für das Zusammentreffen mit den Menschen auf dem Petersplatz. Seine ganze Kommunikation ist darauf ausgerichtet, Distanzen abzubauen: Als gerade gewählter Papst waren seine ersten Worte von der Loggia des Petersdomes an die Gläubigen der ganzen Welt ein schlichtes „Guten Abend.“ So ist auch sein Glaube nicht autoritär und von einem positiven Menschenbild geprägt: Er klagt nicht einfach über sündhaftes Verhalten und fordert Gehorsam ein. Seine Glaubensäußerungen beinhalten stets die Barmherzigkeit gegenüber dem zur Liebe und Erneuerung fähigen Menschen.

Franziskus symbolisches Handeln zeigt, dass er ein Umdenken und eine Neuausrichtung der Kirche anstrebt: Beispielsweise zieht er nicht in die Papstwohnung des Apostolischen Palastes, sondern bevorzugt das Gästehaus Santa Marta. Bei seiner ersten Reise besucht er ein Flüchtlingslager auf der italienischen Insel Lampedusa.

Er gründet 2013 einen neuen Rat von Kardinälen aus allen Kontinenten, die ihn bei der Leitung der Weltkirche und der Reform der Römischen Kurie unterstützen sollen. Außerdem führt er ein Vatikan-Sekretariat für Wirtschafts- und Finanzfragen mit einem Wirtschaftsrat als Kontrollgremium sowie ein Sekretariat für Kommunikation ein.

Seine besonderen Anliegen zeigen sich in seinen Verlautbarungen. Diese wenden sich auch sprachlich von der traditionellen Form ab und fordern eine glaubwürdige, tätige Kirche wie in seinem ersten Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium (2013). Ein zentrales Thema ist für Franziskus die soziale Gerechtigkeit. Immer wieder kritisiert er politische und wirtschaftliche Strukturen, die nicht allen Menschen ein Leben in Würde und Freiheit ermöglichen. Seiner Überzeugung nach gilt es für die Kirche, nach dem Vorbild Jesu zu handeln und sich für konkrete Veränderungen zugunsten der Armen und Schwachen einzusetzen. Außerdem kritisiert Franziskus die kirchliche Selbstbezogenheit. Dazu sorgten seine Rede vor dem EU-Parlament und die Weihnachtsansprache im Jahr 2014 für inner- und außerkirchlichen Widerstand. Den Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung und eine ganzheitliche Ökologie mahnt die Enzyklika Laudato si’ (2015) an. Mit dem Heiligen Jahr der Barmherzigkeit, das Franziskus 2015–16 feiern ließ, betonte er diese als Kern kirchlichen Handelns. Das Abschlussdokument Amoris laetita der Bischofssynode zur Familienpastoral 2014/15 enthält zwar keine grundsätzlichen Änderungen der Lehre, bietet aber einen neuen Wegweiser für den pastoralen Umgang.

Bemerkenswert ist schließlich auch die hohe Sensibilität, die Franziskus im Umgang mit anderen Konfessionen und Religionen beweist. Letztlich bleibt abzuwarten, inwiefern diese Anstöße tatsächlich zu konkreten Veränderungen führen.

Kritik an Papst Franziskus

Den Prozess der Erneuerung betreibt Franziskus struktur-skeptisch und anti-systematisch. Die Veränderungen der Kirche sind dabei nicht unbedingt wie Anhänger und Kritiker es sich wünschen. Oft werden seine Spontanität und die Kritik gegenüber der eigenen Institution kritisiert. Politische Akzente wie der Besuch in Lampedusa zielen nicht nur auf Barmherzigkeit im Einzelfall, sondern ein tatsächliches Umdenken und die Änderung der Verhältnisse.

So sorgen Franziskus symbolische Gesten und Worte für innerliche und äußerliche Unruhe. Auf diese Weise stellt er sich der schwierigen Aufgabe, die Kirche für die Herausforderungen der Moderne zu verändern und gleichzeitig ihre Einheit zu bewahren. Sein unkonventionelles Glaubenszeugnis sorgt für deutliche Bewegung im Kirchenstaat. Franziskus scheut kein entschiedenes Handeln, um die Kirche in der Moderne zum Kern der Botschaft, dem Evangelium, zurückzuführen.

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