Die gesundheitspolitische Sprecherin der Union, Karin Maag (CDU), kritisierte ihren Parteifreund wegen seiner Forderung nach einer Widerspruchslösung. Der freiheitliche Staat dürfe keine Entscheidungspflichten schaffen, sagte Maag den "Stuttgarter Nachrichten" und der "Stuttgarter Zeitung" (Dienstag). Diese würde "noch mehr Ängste wecken und das Vertrauen in die Organspende senken".
Auch der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger kritisierte Spahn. "Man sollte nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen", sagte er den Blättern mit Blick auf einen Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums zu verbesserten Strukturen in der Transplantationsmedizin. Die Widerspruchsregelung treffe auf "enorme Ängste und Vorbehalte in der Bevölkerung, löst aber kein Problem".
Die "Christdemokraten für das Leben" hielten Spahn vor, einen massiven Druck auf die Bürger ausüben zu wollen. Schon der Gesetzentwurf zu Strukturverbesserungen in der Transplantationsmedizin sehe vor, dass Kliniken begründen müssten, warum ein Patient im Einzelfall kein Organspender sei, kritisierte die Vorsitzende Mechthild Löhr. Die jetzt geforderte Widerspruchslösung offenbare eine paternalistische Denkweise.
Spahn hatte am Montag vorgeschlagen, künftig solle jeder Bürger automatisch Spender sein, so lange er oder die Angehörigen nicht ausdrücklich widersprechen. Nur so könne die Organspende zum Normalfall werden. Derzeit dürfen Organe in Deutschland nur entnommen werden, wenn der Spender zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat. Möglich ist auch, dass Angehörige in seinem Sinn entscheiden.
Unterstützung erhielt der Minister von Fraktionsvize Georg Nüßlein (CSU). Er sehe "diesmal die Chance, dafür eine Mehrheit im Parlament zu finden", schrieb der CSU-Politiker im "Tagesspiegel". Eine Pflicht, sich mit dem Thema Organspende auseinanderzusetzen, sei zumutbar. Schließlich könnte jeder in die Situation kommen, eine Organspende zu benötigen. Nüßlein hatte kürzlich ein Positionspapier für die Einführung der Widerspruchslösung vorgelegt.
Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, nannte die Widerspruchslösung eine "sehr gute Idee". Allerdings sei die Initiative rechtlich nur sehr schwierig umzusetzen, sagte er der "Passauer Neuen Presse". Die Diskussion müsse aber auch und vor allem in der Gesellschaft geführt werden.