(hebr. =Weisung, Anweisung), im gläubigen Judentum die zusammenfassende Bezeichnung für sämtliche zu allen Zeiten gültigen und verbindlichen Weisungen Gottes, die alle Lebensbereiche betreffen und die in der Zeit von der Erschaffung der Welt bis zum Tod des Mose (des Gesetzesmittlers vom Sinai) erlassen wurden. Die Tora gilt nicht als Last, sondern als Gegenstand großer Liebe, da sie die Selbstaussage Gottes, die Israel von den „Völkern“ unterscheidet, und der Ort der Gottesbegegnung ist. Wichtigste und freudig erfüllte Aufgabe im Leben eines Juden ist das Lernen der Tora. Höchste Autorität und Ansehen als Tora genossen unbestritten die „fünf Bücher Mose“ (griech. = Pentateuch). Über die Zugehörigkeit anderer Gebote und späterer Interpretationen zur Tora, die als „Zaun“ um die Tora gesammelt wurden, um sie zu ehren, auch über die Problematik der Ritualgebote, wurde schon früh innerjüdisch diskutiert. Jesus betonte die Geltung der Tora und seinen Willen, sie zu „erfüllen“; gleichzeitig verschärfte er mit radikalen Konkretionen die zentrale Bedeutung des Liebesgebotes in der Tora (Mt 5, 21–48; Mk 10, 1–12), während er gegenüber den Ritual- u. Speisegeboten und späteren Traditionen sehr kritisch eingestellt war. Die Behandlung des Gesetzes bei Paulus, Lk und Joh zeigt, dass bei ihnen ein anderes Verständnis der Tora vorliegt; insbesondere ist das von Paulus negativ beurteilte Gesetz (dessen Konzeption sich im damaligen Judentum nicht nachweisen lässt) keineswegs mit der Tora identisch. Die reformatorische, von Paulus abgeleitete Auffassung vom Widerspruch des Evangeliums gegen ein tötendes Buchstabengesetz kann nicht die Tora im Sinn Jesu meinen.
Quelle: Herbert Vorgrimler: Neues Theologisches Wörterbuch, Neuausgabe 2008 (6. Aufl. des Gesamtwerkes), Verlag Herder