Zusammenfassung / Abstract
Obwohl es im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts einige Bemerkungen zur Eugenik einzelner Theologen in Deutschland und Österreich gab, erfolgte eine offizielle Erklärung der römischen Kurie relativ spät, nämlich 1931. Casti Connubii - "Über die christliche Ehe" - kritisierte chirurgische Lösungen zur Kontrolle der menschlichen Fortpflanzung, akzeptierte aber allgemein eugenische Ideen und Vorschläge. Casti Connubii, verpflichtend für alle Katholiken, bedeutete einen Wendepunkt im Eugenik-Diskurs und hatte unterschiedliche Auswirkungen in Deutschland und Österreich. In Deutschland sah man die Enzyklika als Maßregelung von Joseph Mayer und Hermann Muckermann, die sich zuvor für eine Sterilisation eingesetzt hatten. In Österreich markierte sie den Beginn einer Diskussion über Eugenik in einem größeren katholischen Umfeld. Im engeren zeitlichen und textlichen Kontext der Enzyklika steht die Gründung des katholischen Ärztevereins "St. Lukas Gilde", der versuchte, Eugenik im katholischen Umfeld zu verbreiten. Casti Connubii kann auch als Ausdruck einer "Zeitströmung" gesehen werden, in der eugenische Ideen aufgegriffen und genutzt wurden, um die katholische Sexualmoral zu propagieren. Kennzeichnend für die katholische Eugenik war daher eine starke Abschwächung der eugenischen Postulate, insbesondere eine Tendenz, die Eugenik auf einen Katalog von Maßnahmen zur eugenischen Aufklärung und zur Verantwortung für die "Erbgesundheit" zu reduzieren. Diese Maßnahmen konvergierten mit der traditionellen christlichen Betonung von Moral und "Sittlichkeit". Die Möglichkeit einer moralischen Rückkehr zur Selbstkontrolle mit einem eugenischen Ansatz war für katholische Eugeniker attraktiv. Aus ihrer Sicht wäre eine negative Eugenik nicht notwendig, wenn die freiwillige Selbstkontrolle erfolgreich wäre. Eugenische Eheberatung wurde als eine Lösung zur Vermeidung von Sterilisierung und Ehebeschränkung und damit zur Integration der Eugenik in das katholische Milieu gesehen. Positive Eugenik, einschließlich einer Erhöhung der Geburtenrate und der eugenischen Bildung der allgemeinen Bevölkerung, hatte eine gute Chance, in einem weiteren katholischen Umfeld akzeptiert zu werden.
Catholic Eugenics in Austria and in Germany in the context of the Papal Encyclical Casti Connubii – Although there had been some comments about Eugenics of individuals theologians in Germany and Austria in the first decade of the 19th century, an official statement of the Roman Curia came rather late, namely 1931. Casti Connubii – „On Christian Marriage“ – criticized surgical solutions to control human reproduction, but generally accepted Eugenic ideas and propositions. Casti Connubii, with an obligation to all Catholics, meant a big turning point in the discourse on Eugenics and had different impacts in Germany and Austria. In Germany the Encyclical was seen to restrain Joseph Mayer and Hermann Muckermann, who had argued for sterilisation before. In Austria it was the beginning of a discussion on Eugenics in a wider Catholic setting. In the closer temporal and textual context to the encyclical, the Catholic medical association „St. Lukas Gilde“ was founded who tried to disseminate Eugenics in the Catholic setting. Casti Connubii can also be seen as an expres sion of a „Zeitströmung“, in which Eugenic ideas were absorbed and exploited to propagate Catholic sexual morality. Distinctive for Catholic Eugenics was therefore a strong attenuation of Eugenic postulates, in particular a tendency to reduce Eugenics to a catalogue of measures for eugenically enlightenment of people and education to „hereditary health“ responsibility. These measures converged with the traditional Christian emphasis on morality and „Sittlichkeit“. The possibility of a moral return to self-control with a Eugenic make up was attractive to Catholic eugenicists. In their view, negative Eugenics would not be necessary if voluntary self-control would proof to be successful. Eugenic marriage counselling was seen as a solution to avoid sterilisation and marriage restriction, and thus to integrate Eugenics in the Catholic milieu. Positive Eugenics, including an increase of the birth rate and the Eugenic education of general populace, had a good chance to be accepted in a wider Catholic setting.