Vom 22. bis 25. September 2011 besuchte Benedikt XVI. im Rahmen seines Staatsbesuchs in Deutschland außer Berlin und Freiburg auch Erfurt - jene Stadt, deren "Theologisches Studium" in der Zeit der DDR in kirchlicher Trägerschaft so tapfer durchgehalten, den theologischen Nachwuchs ausgebildet und heute als Katholisch- Theologische Fakultät verdientermaßen ihren Platz im "Haus der Wissenschaft", in der Universität, gefunden hat. Im ehemaligen Augustinerkloster ist der Papst auf eigenen Wunsch mit Repräsentanten der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zu einem Gedankenaustausch über die Lage des ökumenischen Dialogs zusammengetroffen und hat einen ökumenischen Gottesdienst geleitet.
Symbolträchtiger könne der Ort dieses Zusammentreffens nicht sein. Hier war Martin Luther seit 1505 Mönch. Von hier aus hat er nach seiner Priesterweihe - so war das damals üblich - auf Geheiß seiner Ordensoberen an der damaligen Universität Theologie studiert; und zwar jene Theologie, deren Hochburg Erfurt damals war: die Theologie der Schule des Franziskaners Wilhelm von Ockham (1285-1347), die mit ihren theoretischen und existentiellen Konsequenzen Luther in solche Ängste stürzte (Gottesliebe über alles aus natürlichen Kräften als Bedingung für Gottes Gnade; Gültigkeit der Lossprechung in der Beichte nur bei vollkommener Reue aus reiner Gottesliebe usw.). Der Pionier eines erneuerten katholischen Lutherbildes, Joseph Lortz († 1975) hat diese, damals von niemandem kirchenamtlich beanstandete Theologie rundheraus als "unkatholisch" bezeichnet: "Luther rang in sich selbst einen Katholizismus nieder, der nicht katholisch war." Und das Konzil von Trient (1545-1563) hat zentrale Aussagen dieser Theologie ausdrücklich zurückgewiesen. Luther - das ist Konsens der Forschung - hat diese Theologie schließlich überwunden durch das Studium seines Ordensvaters Augustinus und durch seine, als "Professor der Heiligen Schrift" professionelle Beschäftigung mit der Theologie des Apostels Paulus.
Dies alles ist Grund genug, in diesen aktuellen und historischen Zusammenhängen danach zu fragen, ob und wie weit heute das Papsttum ein Hindernis im ökumenischen Dialog ist, an dem schließlich aller andernorts erreichte Einklang wieder zerschellen müßte. Zumal ja immer noch Luthers zuerst ganz vorsichtige und später zunehmend aggressiv vorgetragene und von den Lutherischen Bekenntnissen übernommene - aber inzwischen von der Evangelischen Kirche relativierte! - Auffassung vom Papst als dem "Antichristen" im Raum steht. Welches Urteil darf man wagen?
Zwei Aussagen von Päpsten kennzeichnen nach wie vor die Lage: "Ich weiß, daß das Amt des Papstes das größte Hindernis auf dem Weg zur Einheit der Kirche ist" (Papst Paul VI., 1967). Und: "Die Überzeugung der katholischen Kirche, … im Amt des Bischofs von Rom das sichtbare Zeichen und den Garanten der Einheit bewahrt zu haben, stellt freilich eine Schwierigkeit für den Großteil der anderen Christen dar, deren Gedächtnis durch gewisse schmerzliche Erinnerungen gezeichnet ist" (Papst Johannes Paul II., 1995).
Das Papsttum ist tatsächlich ein Hindernis im ökumenischen Gespräch
Paul VI. sagte den seitdem immer wieder zitierten Satz in einer Rede vor dem "Sekretariat für die Einheit der Christen" in Rom - dem heutigen "Rat für die Förderung der Einheit der Christen" - am 28. April 1967. Und der Satz von Johannes Paul II. stammt aus seiner Ökumene-Enzyklika "Ut unum sint" (Nr. 88) von 1995. Die Tatsache muß man also nicht mehr beweisen, sondern nur erläutern. Was sollte man wissen?
Im ganzen ersten christlichen Jahrtausend konnte von einem Primat des Bischofs von Rom - der exklusive Titel "Papst" wird seit dem 5. Jahrhundert in der Westkirche üblich - keine Rede sein, schon gar nicht von einem universalen Jurisdiktionsprimat mit unfehlbarem Lehramt. Der Papst war der "Patriarch des Westens" und hatte, wenn überhaupt, eine Art "Ehrenprimat" als Bischof der Stadt, in der die "Apostelfürsten" Petrus und Paulus den Märtyrertod gestorben waren. Bei den für das christliche Bekenntnis so wichtigen altkirchlichen Konzilien waren die Bischöfe der Westkirche nur in Nizäa (325) dabei (das römische Reich war noch nicht geteilt); in Konstantinopel I (381) gar nicht; in Ephesus (431) bekamen die Vertreter Roms kein Rederecht; in Chalkedon (451) waren sie nur durch eine Gesandtschaft des römischen Bischofs Leo I. vertreten; und in Konstantinopel II (553) blieben sie einschließlich des Papstes Vigilius in demütigender Weise vom Konzilsgeschehen ausgesperrt.
Die Beschlüsse dieser Konzilien wurden nachträglich durch römische Synoden oder durch den römischen Bischof akzeptiert und so auch für die Westkirche verbindlich gemacht. Die - allerdings kaum zu überschätzende - dogmatische Vorarbeit Leos I. für die Lehre von Gottheit und Menschheit Christi ("Zwei-Naturen- Lehre") auf dem Konzil von Chalkedon war mitnichten eine "Lehrentscheidung", und der berühmte Satz der Konzilsväter: "Petrus hat durch Leo gesprochen", bedeutete keineswegs die Anerkennung eines römischen Lehrprimates.
Das Schisma zwischen der Ost- und der Westkirche lassen die Historiker in der Regel mit den Ereignissen des Jahres 1054 beginnen. Kardinal-Erzbischof Humbert von Silva Candida hatte nach ergebnislosen Verhandlungen am 16. Juli 1054 ohne päpstliche Ermächtigung eine selbst formulierte Bannbulle gegen den Patriarchen Michael Kerullarios auf den Altar der Hagia Sophia gelegt: zumindest teilweise auch das Ergebnis einer Privatfehde gegen den nicht minder unversöhnlichen Patriarchen. Dieses Ereignis besiegelte freilich nur die Entfremdung zwischen Ost- und Westkirche in den vorausgehenden beiden Jahrhunderten, vor allem im Gefolge des neuen weströmischen Kaisertums seit Karl dem Großen (Kaiserkrönung durch Papst Leo III. an Weihnachten 800).
Ostkirchliche Historiker sehen die traumatische Unheilbarkeit der Trennung allerdings erst mit dem vierten Kreuzzug vollzogen, dessen Heer, statt weiter ins Heilige Land zu ziehen, 1204 in einem barbarischen Massaker Konstantinopel eroberte, plünderte und das bis 1267 andauernde "lateinische Kaiserreich" errichtete, verbunden mit dem Versuch einer "Latinisierung" der griechischen Kirche.
Das zweite Feld, wo das Papsttum zum Hindernis neuer Einheit der Kirche wird, ist natürlich die Reformation und die aus ihr hervorgegangenen, in sich wieder vielfältigen evangelischen ("protestantischen") Kirchen. Dazu ist wichtig zu wissen: Martin Luther hat das Papsttum nicht vor allem wegen seines damaligen skandalösen Lebensstils kritisiert und abgelehnt - obwohl dazu aller Anlaß gegeben war -, sondern deshalb, weil der Papst sich und seine Autorität über die Heilige Schrift stellte. In der Antwort, die der päpstliche Hoftheologe Silvester Prierias - lustlos, wie er bezeugt, aber von Papst Leo X. gezwungen - 1518 auf die Ablaßthesen Luthers verfaßte und die die Grundlage des römischen Prozesses gegen Luther sein sollte, mußte Luther gleich zu Beginn als drittes "Fundamentum" (Grundsatz) lesen: "Häretiker ist, wer abweicht von der Autorität des römischen Bischofs als unfehlbare Regel des Glaubens, von der auch die Heilige Schrift ihre Kraft und Autorität (robur et auctoritatem) bezieht." Dieser Satz wurde der Anlaß, daß Luther sich erstmals, zunächst sehr vorsichtig, fragte, ob der Papst nicht der "Antichrist" sei.
Nun ist der Satz des Prierias schon damals eine maßlose Übertreibung. Denn auch bei den "Papalisten" - den Vertretern der Oberhoheit des Papstes über die Konzilien - hat man stets damit gerechnet, daß auch ein Papst zum Häretiker werden und die Kirche in den Irrtum führen könnte, dann nämlich, wenn er offenkundig der Heiligen Schrift widerspricht. Und schon gar nicht ist der Satz des Prierias durch das Erste Vatikanische Konzil (1869/70) im Dogma von Primat und unfehlbarem Lehramt des Papstes bestätigt worden - wozu man nur, auch ohne Vorkenntnisse, ganz genau den Text des Dogmas lesen muß. Aber es ist kein Wunder, wenn die evangelische Christenheit noch nicht davon überzeugt ist, daß das Papsttum sich hinreichend deutlich von Prierias distanziert hat. Das Verhältnis von Heiliger Schrift und Lehramt ist jedenfalls auch heute trotz aller Fortschritte des ökumenischen Gesprächs ein noch nicht völlig ausgestandenes Problem. So muß man immer noch sagen: Das Papsttum, wie es sich heute darstellt, hat keine ökumenische Chance im 21. Jahrhundert. Freilich, daß der Papst sich "über die Schrift stellt", davon kann keine Rede sein: "Das Lehramt steht nicht über dem Wort Gottes, sondern dient ihm", heißt es in Art. 10 der Konstitution über die Göttliche Offenbarung "Dei Verbum" des Zweiten Vatikanischen Konzils.
Das Papsttum muß kein Hindernis im ökumenischen Gespräch sein
"Geschichte macht frei", sagt ein altes Sprichwort. In der Tat, das "Hindernis" des Papsttums schrumpft ganz beträchtlich, wenn wir seine geschichtliche Entwicklung betrachten. Denn der Satz ist nicht zu gewagt: Das Papsttum in seiner heutigen Gestalt mit dem (theoretischen) Anspruch auf universale Jurisdiktion und (in bestimmten Grenzfällen) unfehlbares, das heißt: vor Irrtum bewahrtes Lehramt ist ein Ergebnis der Geschichte. In Stichworten: Das Jesus-Wort an Petrus: "Du bist Petrus, das heißt: der Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen" (Mt 16,18), bedeutet, wie der "Katechismus der Katholischen Kirche" ("Weltkatechismus") von 1993 ausdrücklich feststellt, daß Jesus seine Kirche auf den Glauben bauen will, den Petrus als erster bekannt hat (Nr. 424; 442). Petrus ist der autorisierte Sprecher des Zwölferkreises, und kraft des Gebetes Jesu für ihn soll er "die Brüder stärken" (Lk 22,31f.) - das einzige Jesus-Wort, in dem Petrus den übrigen Aposteln gegenüber gestellt wird.
Damit kann aber nicht ein weiterzugebendes Petrusamt gemeint sein, das dann auf den Bischof von Rom übergehen sollte. Denn: Die römische Gemeinde bestand schon vor der Ankunft des Petrus in Rom; und Petrus war auch nicht ihr Bischof, vielmehr wurde die römische Gemeinde noch lange von einem Kollektiv, einem "Presbyterium" geleitet. Das ist kaum denkbar, wenn das Wort an Petrus für alle Beteiligten ganz klar ein weiterzugebendes "Amt" gemeint hätte. Die angeblichen römischen Bischöfe, die der Kirchenvater Irenäus an der Wende zum 3. Jahrhundert in seinem Kampf gegen Irrlehrer auflistet, sind samt und sonders legendarische Figuren. Auf sicherem historischem Boden stehen wir erst mit dem Bischof Viktor I., der gegen Ende des 2. Jahrhunderts vergeblich in den Streit mit der Ostkirche um den Ostertermin eingreift. Danach kommt es, wie beschrieben, zu einer Art Ehrenprimat gegenüber den Patriarchaten des Ostens.
Erst im 2. Jahrtausend wird daraus ein universaler Anspruch, beginnend mit dem berühmt-berüchtigten Dictatus Papae Gregors VII. (1073-1085) - 27 Leitsätze, die der Papst in sein Briefregister aufnehmen ließ -, von den Ostkirchen und seit dem 16. Jahrhundert von den Kirchen aus der Reformation niemals anerkannt, auch innerhalb der "katholischen" Länder ("Konziliarismus" des Spätmittelalters; Frankreich; "Gallikanismus") umstritten und in der katholischen Theologie bis heute Gegenstand "loyaler Diskussion". Ein Papst kann heute nicht mehr, wie noch zur Zeit Pius' XII., damit rechnen, daß eine päpstliche Stellungnahme oder Entscheidung auch unterhalb der Schwelle eines feierlichen Dogmas jeglicher Diskussion unter Katholiken sofort entzogen wäre.
Das Papsttum kann selbst dazu beitragen, das Hindernis im ökumenischen Gespräch zu beseitigen
Das Papsttum würde beträchtlich dazu beitragen, das Hindernis im ökumenischen Gespräch zu reduzieren, wenn es - wenn der Papst - öffentlich diese geschichtliche Entwicklung, damit Relativierung und damit die Möglichkeit weitreichender Veränderung seines Amtes eingestände. Die Legitimität der Entwicklung des Petrusamtes bemißt sich daran, ob es in der Geschichte einen Petrusdienst geleistet - mit den Worten des Papstes: als "das sichtbare Zeichen und Garant der Einheit" gewirkt hat. Dies hat es ganz gewiß nicht immer getan, wie gezeigt; aber dennoch bis in die Gegenwart in zahlreichen Fällen, die hier nicht aufgezählt werden können. Die Geschichte des Papsttums ist keineswegs nur eine Skandalgeschichte!
Was könnte, was sollte das Papsttum - also der Papst - tun? Ganz allgemein gesprochen: Er sollte alles tun, was das Vertrauen der anderen Kirchen weckt und stärkt, daß deren eigene gute christliche Traditionen in einer neuen Kirchengemeinschaft mit dem Papst gut aufgehoben sind. Dazu könnte und müßte gehören:
1. Der Papst sollte öffentlich erklären, daß er im Falle einer neuen Kirchengemeinschaft keine Jurisdiktion über die sich zusammenschließenden Kirchen beansprucht, wie er sie zur Zeit aufgrund der geschichtlichen Entwicklung in der römisch- katholischen Kirche ausübt.
2. Der Papst sollte überlegen, wo er auch innerhalb der eigenen Kirche auf geschichtlich ihm zugewachsene Rechte verzichten könnte, wenn sie das Vertrauen der anderen Kirchen auf den Schutz ihrer eigenen Traditionen gefährden könnten. Ein wichtiges Beispiel dafür wäre eine Dezentralisation der Kompetenzen in der Kirche: Stärkung der Eigenverantwortung der Bischöfe, Mitwirkung von Klerus und Laien bei der Auswahl und Ernennung von Bischöfen, Verantwortung der Bischofskonferenzen für die Übersetzung der liturgischen Texte und überhaupt Schutz und Förderung der Eigenständigkeit der Teilkirchen (vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche "Lumen gentium", Artikel 13, 3. Abschnitt).
3. Der Papst sollte sich in Sachen der Lehre an die engen Grenzen des Ersten Vatikanischen Konzils halten, das heißt: die "Lehrentscheidungen auf dem Verwaltungswege" vor allem durch die Glaubenskongregation mit Gehorsamserwartung wie bei einem feierlichen Dogma beenden. Verbindliche Lehrkompetenz kommt, wenn schon, dann nur dem Papst persönlich zu, nicht einer Behörde, die einstmals bei ihrer Gründung im Jahr 1542 "Kongregation für die römische und weltweite Inquisition" hieß.
4. Der Papst sollte beispielhaft für alle Kirchen das freie Wort in der Kirche ermutigen in dem Vertrauen, daß sich im freien Austausch der Argumente die Wahrheit herausstellen wird, weil alle getauften (und gefirmten) Christen teilhaben am prophetischen Amt Christi (vgl. "Lumen gentium", Art. 12).
5. Der Papst sollte sich öffentlich von antiökumenischen Tendenzen distanzieren, wie sie sogar von manchen Bischöfen, vor allem aber in konservativ-katholischen Netzwerken, womöglich unter selektiver Berufung auf Papstworte, kultiviert werden.
6. Der Papst sollte und könnte heute schon versuchen, Stellungnahmen zu Problemen, die die ganze Christenheit betreffen, oder gar, wie in Äußerungen aus jüngster Zeit, sich "an alle Menschen guten Willens" wenden, von vornherein mit den Repräsentanten der nichtkatholischen Christenheit (Ökumenisches Patriarchat, Ökumenischer Rat der Kirchen, konfessionelle Weltbünde) auszuarbeiten. Bei der Ausarbeitung einiger Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils hat solche Zusammenarbeit aktenkundig schon einmal gut funktioniert.
Über Konstantinopel nach Wittenberg?
Schon in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts und bis heute ist aus evangelischer Theologie und Kirche der Vorschlag laut geworden, es solle ein "Amt der ökumenischen Einheit", ein "Sprecheramt" für die Gesamtchristenheit geben, und nach Lage der Dinge könne das Papsttum ein solches Amt werden. Natürlich in rechtlich genau umschriebener Weise und nur nach gehörigen Reformen, für die es schon seriöse Vorschläge gibt. Faktisch wird in der heutigen Medienwelt der Papst von der nichtchristlichen Welt schon als ein solcher Sprecher wahrgenommen.
Papst Johannes Paul II. hat in seiner Ökumene-Enzyklika von 1995 die Repräsentanten der nichtkatholischen Kirchen eingeladen, mit ihm über die Art und Weise, den "Stil" der Ausübung seines Amtes zu diskutieren, "unter Wahrung des Wesentlichen dieses Amtes" (Nr. 95). Biblisch und historisch gesehen, gehört, wie angedeutet, nur ganz wenig zum "Wesentlichen" dieses Amtes. Freilich, im vorangehenden Abschnitt hat der Papst dieses "Wesentliche" dahin beschrieben, "wie ein Wächter zu 'wachen' (episkopein), so daß dank der Hirten in allen Teilkirchen die wirkliche Stimme des Hirten Christus zu hören ist" - und damit die Grundlage des von ihm erwarteten Ergebnisses der Gespräche vorweggenommen. Verständlich, daß daraufhin niemand die Gesprächseinladung annehmen wollte!
Es gibt einen Vorgang in der Kirche, der, wenn ernst genommen, ökumenische Hoffnung wecken kann: Rom, die Päpste hegen seit einigen Jahrzehnten die Hoffnung, mit den Ostkirchen könne es aufgrund der gemeinsamen Bejahung der sieben Sakramente und der bischöflichen Verfassung in "apostolischer Sukzession" in absehbarer Zeit zu neuer Kirchengemeinschaft kommen. Freilich werden die Ostkirchen niemals auch nur die mildeste Form eines päpstlichen Jurisdiktionsprimates anerkennen. Hegt man trotzdem diese Hoffnung, so bedeutet das: "Rom" hält Kirchengemeinschaft mit Kirchen für möglich, die eine Lehre nicht anerkennen, die in der Kirche Roms den Rang eines feierlichen Dogmas hat. Wenn das gegenüber den Ostkirchen möglich ist, muß es konsequenterweise auch gegenüber den Kirchen aus der Reformation möglich sein. Es könnte also geschehen, daß in Sachen des Papsttums der ökumenische Weg nach Wittenberg über Konstantinopel führt.