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S. 757-767
Der Schweizer Kapuziner Rudolf Gasser zentrierte im Jahre 1686 in der programmatischen Einführung zu seinem kämpferischen Roman „Außforderung“ den Begriff des intellectus1. Das Werk selbst richtete sich gegen „Atheisten“ und „Machiavellisten“, argumentierte aber auch gegen „falsch-politische Welt-Kinder“ und nicht zuletzt gegen den Missbrauch des von ihm selbst genutzten Mediums, nämlich der „gefährliche[n] Romane“. Gasser übersetzt das lateinische Wort intellectus mit „Verstand“ und „Beschawung“ und zielt damit auf die mentale Kompetenz des „Erwägens und Betrachtens“. Offenbar gedenkt er die kritisch sichtende, vergleichende und erkennende Verstandestätigkeit seines Lesers anzusprechen und zu schulen. Hierbei bezieht er sich implizit auf die ignatianische Meditation, die sich wiederum an den drei Seelenkräften orientiert, die Raimundus Lullus in seinem „Liber contemplationis“ mit memoria, intellectus und voluntas schon im 13. Jahrhundert vorgegeben hatte. Von Andreas Dr. Keller