Sans, Georg: Philosophische Gotteslehre. Eine Einführung. Stuttgart: Kohlhammer 2018. 144 S. Kt. 22,–.
Im Untertitel der Philosophischen Gotteslehre von Georg Sans SJ ist von einer „Einführung“ die Rede. Das passt zum schmalen Umfang und zur broschierten Aufmachung des Bändchens. Seinem gewichtigen Inhalt aber ist es eher angemessen, wenn der Autor in seiner Danksagung an die Eugen-Biser-Stiftung von einem „Lehrbuch“ spricht. Die systematische Anlage des Buches, die stoffliche Fülle, die hinführenden Erläuterungen, die verständliche Sprache und das didaktische Geschick des Autors rechtfertigen das in vollem Umfang.
Doch die Originalität seines Umgangs sowohl mit der theologischen wie auch mit der philosophischen Tradition, die Souveränität seiner Urteile über Streitfragen, die noch heute Schulen und Kirchen spalten, und schließlich der Charme, mit dem er tragfähige Lösungen offeriert, lassen von einer zwar unscheinbaren, aber dennoch großen philosophisch-theologischen Abhandlung sprechen.
Georg Sans verzichtet auf die üblichen kulturkritischen Reflexionen zum Verhältnis von Theologie und Philosophie in den Zeiten der Moderne. Er hält sich auch nicht mit programmatischen Vorschlägen zur möglichen Verbesserung ihrer Beziehungen auf. Nach einer historisch aufschlussreichen Erinnerung an das klassische Verhältnis von „natürlicher Theologie“ und „Philosophie der Religion“ sowie einer sachhaltigen Bemerkung über die sich in der Neuzeit vollziehende „glaubensgeschichtliche Wende“ des religiösen Denkens wendet er sich sogleich seinem zentralen Thema, der „philosophischen Gotteslehre“ zu.
Er behandelt sie in der Erörterung von fünf großen Fragen, die Philosophie und Theologie in gleicher Weise betreffen. Das geschieht nach einem gleichbleibenden Schema, das den Anspruch eines Lehrbuchs erfüllt: Nach einem vorangestellten klassischen Text, dem eine kurze Erläuterung folgt, werden in jeweils drei Schritten gleichermaßen historische wie systematische Antworten vorgestellt. Sieht man nur auf die Gliederung, glaubt man, hier werde Hegel imitiert. Doch die Dialektik, die Sans entfaltet, ist im besten platonisch-kantianischen Sinn dialogisch – auch weil sie, nach kundiger Vertiefung, problem- und bekenntnisoffen die nächste große Frage nach sich zieht.
Die fünf Fragen lassen keine disziplinäre Vereinnahmung erkennen. Der Autor geht sie sämtlich philosophisch an, zitiert die Autoritäten der philosophischen Tradition, zu der bekanntlich Kirchenväter und Scholastiker gehören, und leitet dabei zu genuin theologischen Fragen über, die vor neue philosophische Probleme führen. Es ist offenkundig, dass Sans mit Aristoteles, Thomas und Hegel besonders vertraut ist. Aber auch Lukrez, Augustinus, Nikolaus von Kues, Descartes, Hume, Feuerbach, James oder Plantinga, um nur einige zu nennen, werden herangezogen. Im Gang der Lektüre zeigt sich dann, dass die Argumentation im Ganzen durch Platon grundiert und an Kant geschult ist. Vor diesem Hintergrund gewinnt auch das Urteil über Theologen des 20. Jahrhunderts, wie etwa über Karl Barth, Karl Rahner oder Eugen Biser an historischem Gewicht.
Die fünf leitenden Fragen brauchen nur benannt werden, um nicht nur den philosophischen Charakter, sondern auch den die Abhandlung verdichtenden systematischen Impuls kenntlich zu machen: „Lässt sich von der endlichen Wirklichkeit auf Gott schließen?“, „Muss Gott als existierend gedacht werden?“, „Ist Gott jenseits der Welt oder in der Welt?“, „Wo liegt der Ursprung des Übels?“ und „Ist Gott Person?“
Die Meisterschaft liegt hier nicht allein in der inneren Verknüpfung dieser Fragen auf dem Theorieniveau der herangezogenen philosophischen Quellen. Sie zeigt sich auch darin, dass der Autor die Probleme der Gott suchenden Menschen nicht vergisst. Sie im Blick zu haben, heißt auch, die philosophischen Einwände jener ernst zu nehmen, die ihre Gründe gegen einen religiösen Glauben haben.
Schließlich ist hervorheben, dass in diesem gewichtigen kleinen Buch auch die christliche Tradition präsent ist. Da sind nicht nur die zahlreichen Verweise auf das Alte wie auf das Neue Testament, vor allem auf Paulus, und die Auszeichnung der Botschaft der Liebe. Auch die Eigenständigkeit des Glaubens in seinem Verhältnis zum Wissen wird betont. Wenn Georg Sans an die Unterscheidung zwischen Glauben und Wissen bei Augustinus erinnert, zeichnet er darin eine religionsgeschichtliche Innovation des Christentums aus. Auch sie hat eine Vorgeschichte in der Philosophie Platons und kann als Beispiel dafür stehen, dass die Nähe zwischen philosophischer und christlicher Gotteslehre nicht auf die Theorie beschränkt ist.
Volker Gerhardt
Woodhead, Linda: Geschlecht, Macht und religiöser Wandel in westlichen Gesellschaften (Blumenberg-Vorlesungen 2). Freiburg: Herder 2018. 142 S. Gb. 18,–.
„Wir können nicht länger ignorieren“, schreibt die Autorin abschließend, „wie ein Kontext von Geschlechterwandel und Geschlechterangst die zentrale und immerwährende Sorge der Religion um Geschlechterrollen und Geschlechterbeziehungen hat aufflammen lassen und Religion als einen der wichtigsten Schauplätze zu erkennen gibt, auf denen in heutigen Gesellschaften ungleiche Machtverteilungen verteidigt oder auch überwunden werden“ (126 f.). Um diese Einsicht zu belegen, skizziert Woodhead zunächst den Einfluss des Feminismus auf die Religionsforschung (13-38) des letzten Jahrhunderts. Zentral ist die feministisch-soziologisch begründete Erkenntnis (39-63), dass erst die Öffnung der Erwerbstätigkeit in den 60er- und 70er-Jahren für Frauen auch bei ihnen zur Entfremdung von religiös-kirchlichem Engagement führte – vorher eben gerade nicht. Die klassischen Säkularisierungsnarrative (Weber; Durkheim) erweisen sich als „genderblinde“ (56) Theorien. Es wird deutlich, wie eng Säkularisierung und Prozesse in der Arbeitswelt miteinander verbunden sind.
Säkularisierung, wie sie in westlichen Gesellschaften vor allem „weiße Mittelklassefrauen“ erfasst, hat eine spirituelle Rückseite (64-90). Frauen suchen kreative Lösungen, um aus Männerdominanz sowie aus den Ambivalenzen neuer „Doppelstandards“ (72 f.) gegenüber Frauen auszusteigen, ohne dabei auf den Kontakt zum Heiligen zu verzichten. Sie bevorzugen einen „ganzheitlichen“ Ansatz (84), der zwei Strebungen miteinander verbindet: Die Sehnsucht nach einem eigenen Leben in Abgrenzung von Bevormundung (85) sowie die Sehnsucht nach einem in Beziehungen lebenden Selbst. So kann Spiritualität helfen, „ein robusteres Selbst“ aufzubauen (86) und dabei auf neue Weise der fürsorglichen Daseinsform Raum zu geben.
Religion ist für die Autorin mehr als der wohltuende „sakrale Baldachin“, dessen betäubende Wirkung Marx kritisierte und dessen Verlust Weber nicht ohne Bedauern beschrieb. Sie ist vor allem der soziale Ausdruck einer spezifischen Machtquelle, der „heiligen Macht“. Diese kann sowohl zur Legitimation als auch zur Kritik der gesellschaftlichen Verhältnisse herangezogen werden. Woodhead entwirft vor diesem Hintergrund eine Typologie religiöser Praktiken von Frauen jeweils in Berufung auf diese Macht – konsolidierend, taktisch, suchend oder gegenkulturell (91-127).
Es gibt nach Woodhead Religion nicht ohne die „heilige Macht“, die aus ihr strömt. Damit lässt sie all jene Säkularisierungsnarrative hinter sich, die vom Absterben der Religion in der Spätmoderne ausgehen. Sie stellt implizit als feministische Soziologin der systematischen Theologie eine Aufgabe, nämlich die, wie „Gott“ und „Macht“ zusammenzudenken sind. Ein reiner Ohnmachts-Diskurs, der sich nicht auch bemühte, die „Macht der Ohnmacht“ herauszuarbeiten, würde sie sicherlich nicht zufriedenstellen.
Klaus Mertes SJ
Bsteh, Petrus / Proksch, Brigitte (Hg): Wegbereiter des interreligiösen Dialogs. Band II (Spiritualität im Dialog 10). Münster: LIT 2018. 360 S. Kt. 29,90.
Zu keiner Zeit lebten die Christen nur unter sich. Immer schon und heute noch mehr treffen sie auf Menschen, die in anderen kulturellen und religiösen Welten leben. Nicht nur „um des lieben Friedens willen“, sondern auch aus der im Glauben gründenden Achtung, die sie Menschen anderer religiöser Beheimatung entgegenbringen, sprechen sie mit ihnen, versuchen sie, sie zu verstehen, leben sie mit ihnen zusammen, wo immer dies möglich ist. Das II. Vatikanische Konzil hat dazu aufgerufen, vor allem in seiner Erklärung Nostra aetate. Der Dialog, den Christen mit Angehörigen anderer Religionen führen, ist meist informell, aber es gibt ihn auch auf der akademischen und literarischen Ebene.
Dieses Buch gewährt einen aufschlussreichen Blick in die Welt des interreligiösen Dialogs. Es präsentiert 27 von Kennern der Theologie und Phänomenologie der Religionen verfasste Porträts von Persönlichkeiten, die sich in dieser Szene hervorgetan haben. Drei Gruppen von Portraits sind es: 1. Personen, die sich mit den theologischen und anthropologischen Grundlagen des Gesprächs zwischen den Religionen befassen. 2. Engagierte des christlich-jüdischen Dialogs. 3. Christen, die die Begegnung mit den fernöstlichen Religionen gesucht und gelebt haben. Der christlich-islamische Dialog ist im vorliegenden zweiten Band nicht berücksichtigt; dies soll in einem weiteren, dritten Band nachgeholt werden. In dem ersten Band dieses Titels, der 2012 erschienen ist, wurde schon einmal an 48 Persönlichkeiten erinnert, die sich im Dialog der Religionen einen Namen gemacht hatten, unter ihnen Franz Rosenzweig, Schalom- Ben-Chorin, Kardinal Bea, Jules Monchanin.
Die beiden Herausgeber dieses Bandes – Petrus Bsteh und Brigitte Proksch – sind im „Forum für Weltreligionen“ tätig. Diese bewährte Wiener Institution wurde 1989 gegründet, damals unter dem Namen „Kontaktstelle für Weltreligionen“; sie ist angesiedelt im „Sekretariat der Österreichischen Bischofskonferenz“. Seit 2010 unter neuem Namen präsentiert sie sich als „Ökumenische Arbeitsstelle für interreligiösen Dialog und interreligiöse Zusammenarbeit“. Die Leitung liegt seit Beginn in der Hand des kompetenten und religionstheologisch engagierten Petrus Bsteh. Ein wichtiges Instrument dieser Institution ist die seit 1994 viermal jährlich erscheinende Zeitschrift „Religionen unterwegs“, die als „Zeitschrift für Lehrende, SeelsorgerInnen und an Religionen Interessierte“ konzipiert ist. Diese Zeitschrift hat in den bisher 25 Jahren ihres Erscheinens den interreligiösen Dialog in all seiner Vielfalt lebendig vorgestellt. In den Ausgaben von „Religionen unterwegs“ waren die in den Bänden „Wegbereiter…“ nachzulesenden Porträts ursprünglich veröffentlicht worden.
Der vorliegende Band, ebenso wie sein Vorläufer und wie die Zeitschrift „Religion unterwegs“, gewährt einen lebendigen Eindruck von dem weiten Panorama des schon laufenden und in der Zukunft unentbehrlich bleibenden Gesprächs zwischen den Religionen.
Werner Löser SJ
Emunds, Bernhard (Hg.): Christliche Sozialethik – Orientierung welcher Praxis? Friedhelm Hengsbach SJ zu Ehren (Ethik und Gesellschaft 4). Baden-Baden: Nomos 2018. 396 S. Kt. 65,–.
Mit dieser Festschrift wollen 22 Kolleginnen, Kollegen und Freunde den Sozialethiker Friedhelm Hengsbach SJ, Nach-Nachfolger von Oswald von Nell-Breuning SJ, zum 80. Geburtstag ehren. Einige Beiträge gehen auf eine Festveranstaltung zu Ehren Hengsbachs zurück, die am 24. Juli 2017 in Frankfurt-St.-Georgen stattfand. Im Fokus des Bandes steht das Theorie-Praxis-Verhältnis der Sozialethik, das für das Werk von Hengsbach von besonderer Bedeutung ist.
In einer gut gelungenen Einführung gibt der Herausgeber und Nachfolger Hengsbachs auf dem Lehrstuhl in St. Georgen, Bernhard Emunds, einen Überblick über die Entwicklung des Werks des Jubilars, der sehr früh mit der naturrechtlichen Tradition des Faches brach, die Weichenstellungen des Zweiten Vatikanischen Konzils konsequent umsetzte, eine Sozialethik in engem Bezug zu den neuen sozialen Bewegungen und der Praxis engagierter Christen entwarf und bis heute für viele politisch engagierte Menschen in Deutschland eine gern gehörte moralische Autorität darstellt. Angesichts des derzeitigen Bedeutungs- und Glaubwürdigkeitsverlustes der katholischen Kirche erscheint eine Ausrichtung der Sozialethik auf die Reflexion politischer Praxis auch nichtchristlicher Akteure aktueller denn je. Die weiteren Beiträge des Bandes verteilen sich auf vier Teile, in denen auf die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen christlicher Praxis reflektiert und das Theorie-Praxis-Verhältnis auf theoretischer Ebene analysiert wird, sowie drängende aktuelle Probleme und insbesondere Themen der Wirtschaft und des Sozialstaates aufgegriffen werden. Der Band schließt mit einem „dankbaren und nachdenklichen“ Nachwort von Hengsbach selbst.
Besonders interessant sind die Überlegungen von Bernhard Laux zu einer Ethik der Universität, die an Gaytri Chakravorty Spivak anschließende Reflexion über die mögliche Repräsentation „Subalterner“ durch Katja Winkler und Matthias Möhring-Hesse, die neue Verhältnisbestimmung der Fächer Pastoraltheologie und Sozialethik durch Rainer Bucher, die Auseinandersetzung mit den Problemen des kirchlichen Umgangs mit dem Rechtsextremismus durch Andreas Lob-Hüdepohl und die Anwendung der traditionellen Cooperatio-Lehre auf Fragen des ethischen Investments und kirchlicher Vermögensanlagen durch Stephan Goertz, der herausstreicht, dass es nicht allein um die Vermeidung einer moralisch problematischen Mitwirkung gehen dürfe, sondern die Praxis auf die Veränderung der Verhältnisse auf den Finanzmärkten insgesamt ausgerichtet werden müsse.
Im Nachwort äußert sich Hengsbach auch zur aktuellen Kirchenkrise und bedauert das Ausbleiben einer grundsätzlichen Debatte um die Strukturen und Organisationsformen der Kirche. Er schließt sich den kritischen Stimmen dagegen an, „die Übernahme kirchlicher Leitungsfunktionen an eine partnerlose Lebensform zu koppeln, Frauen die Berufung in entscheidungsrelevante Leitungsfunktionen zu verweigern, sowie sich an die ausschließliche Kompetenz einer Letztentscheidung der Bischöfe und des Papstes zu klammern, ohne aktive und wirksame Mitbestimmung der Gläubigen.“ Und er fügt an: „Ich habe kaum Vorbehalte, die aktuelle wahl-monarchische Verfassung der katholischen Kirche als Unrecht und strukturelle Sünde zu bezeichnen, die der befreienden Botschaft widerspricht, die Jesus verkündet hat“ (390). Dem kann der Rezensent nur zustimmen.
Gerhard Kruip
Weisner, Christian / Meyer, Friedhelm / Bürger, Peter (Hg.): „Gedenkt der Heiligsprechung von Oscar Romero durch die Armen dieser Erde“. Dokumentation des Ökumenischen Aufrufes zum 1. Mai 2011 (edition pace 3). Norderstedt: Books on Demand 2018. 268 S. Kt. 9,99.
Bürger, Peter: Oscar Romero: Aber es gibt eine Stimme, die Stärke ist und Atem, Düsseldorf: Onomato 2018. 78 Min. CD. 10,–.
Peter Bürger weist in seinem Vorwort zu dem Buch darauf hin, dass die segensreiche und kraftvolle Wirkung des ermordeten Erzbischofs von San Salvador nach seinem Auftragsmord am 20. März 1980 immer noch wirkt. Das wurde deutlich an den Reaktionen zum Aufruf zur Seligsprechung 2011. Beschämend findet er den Versuch der offiziellen Kirche, ihn zum Märtyrer der Liebe zu „zähmen“ (12), statt seinen verbalen Kampf für Gerechtigkeit und gegen Unterdrückung der Armen als Beweggrund seines Martyriums anzuerkennen.
Ein Kommentar des Aufrufs (15 ff.) von den Initiatoren – z.T. identisch mit den Herausgebern des Buchs – leitet die Dokumentation des Aufrufs (41 ff.) in deutscher, spanischer, englischer, französischer, italienischer, portugiesischer und schwedischer Übersetzung sowie Zuschriften zum Aufruf (87 ff.) mit allen Unterzeichnern ein. Der Teil, der sehr anrührend die breite Unterstützung von Romero durch die christlich geprägte Welt dokumentiert, wird beschlossen von einem aufgedeckten skandalösen Doppelspiel des Regensburger Bischofs Gerhard Ludwig Müller (Michael Ramminger, 97 ff.), der sich der Freundschaft mit dem Befreiungstheologen Gustavo Gutiérrez rühmt, in seinem Bistum jedoch mit eiserner Hand regiert. Bedauern über das Schweigen von Gutiérrez angesichts dieser Heuchelei klingt in einer Frage an (100).
Drei Beiträge aus „Christ und Welt“ werden vom Foto einer seit 1988 im Portal von Westminster Abbey stehenden Reihe von Plastiken der Märtyrer des 20. Jahrhunderts (unter ihnen Oscar Romero, 106) eingeleitet. Der erste ist von Wolfgang Thielmann (107 ff.), danach folgt ein Interview mit Heiner Geißler (111 ff.). Der dritte Beitrag von Astrid Prange (115 ff.) erläutert Romeros politische und theologische Bedeutung. Mit dem Bild der Kathedrale in San Salvador beginnen Lese- und Impulstexte aus einer Veranstaltung auf dem Katholikentag 2012 in Mannheim: Texte des Erzbischofs kombiniert mit literarischen und biblischen Texten. Als „modernen Kirchenvater“ (133) bezeichnet ihn eine Vision.
Ein umfangreicher vorletzter Teil enthält ausgewählte Beiträge über Romero. P. G. Schoenborn resümmiert sein Leben und seine Bedeutung (141 ff.). Martin Maier untersucht die Kirchenkonflikte, die ein düsteres Licht auf Kirchenobere werfen (187 ff.). Er erläutert auch kirchliche Seligsprechungsprozesse. Akribisch zeichnet Willi Knecht die Papstaudienzen Romeros nach (211 ff.). Eine Predigt von ihm betont Romeros Nähe zu Christus.
Norbert Arntz spürt dem Prozess Santo subito nach (225 ff.). Er stellt Aussagen von Papst Franziskus, Erzbischof Romero und des Katakombenpakts zusammen (229 ff.). Weiterhin finden sich Texte der Bischofssynode von Medellin (237 ff.). Stefan Silber kommentiert die Seligsprechung von Oscar Romero. Die weltkirchliche Anerkennung der Armen durch Romeros Heiligsprechung wird in einem letzten Teil diskutiert (249ff). Es lohnt sich aus mehreren Gründen, diese Dokumentation zu lesen: Es ist ein Beweis für die langfristige Wirksamkeit eines überzeugenden Märtyrers, und wie viel Glaubenshandeln er anzuregen vermag.
Die CD bietet eine redigierte Textcollage von Peter Bürger; und außer ihm selbst sprechen Gabriele Inhetvin, Peter Wege und Axel Grube, der auch zusammen mit Detlef Klepsch die meditative Musik gestaltet.
Die 11 Stationen – angefangen mit dem Heiligenmacher Mariano bis zu dem Skandal, dass erstmals jemand durch die Armen und Entrechteten zur Heiligkeit gelangt – sind so angelegt, dass man gebannt zuhört und sich ständig bei Bewunderung oder Scham ertappt, weil Gedanken und Reflexionen von und über Romero Handlungsimpulse enthalten. Dabei spannt der Rahmen der gewählten Texte und Auszüge das Leben und Wirken des Erzbischofs ein.
Eindrucksvoll und authentisch wirkt auf dem schwarzweißen Cover-Foto der CD die entspannte Haltung Romeros ebenso wie seine einfache schwarze Kleidung. Ein bescheidener Mensch, der in sich ruht, aber aufmerksam das Leben und die ärmlich gekleideten Menschen um sich herum in den Blick nimmt.
Scheinbar sind Buch und CD aufeinander zugeordnet; ich habe keine Überschneidungen festgestellt, dafür aber Entsprechungen in der spirituellen Wirkung. Man fühlt sich herausgefordert. „Gehe hin und tue desgleichen!“ durchzieht die Botschaft wie ein roter Faden.
Eberhard Ockel