Impfen?Zwischen dem Recht auf Selbstbestimmung und dem Gemeinwohl

Die ersten Impfstoffe gegen Covid-19 wurden zugelassen und Impfzentren aufgebaut. Die Öffentlichkeit diskutiert derzeit heftig über die mögliche Einführung einer Impfpflicht. Was sagt die Moraltheologie dazu? Die Autorin ist in Augsburg Professorin für katholische Moraltheologie.

Das Thema Impfen ist im Zuge der Corona-Pandemie wieder neu und doch anders in den Fokus geraten. Neben dem Warten auf den Impfstoff bewegt die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland die Frage einer Impfpflicht bei COVID-19. In diesem Artikel soll zum einen der ethischen Formatierung einer Impfung allgemein nachgegangen und die gesetzlich eingeführte Impflicht bei Masern erläutert werden, um schließlich die Frage einer Impfung gegen COVID-19 in ihren Bedingtheiten dezidiert darzustellen. Eine Pflicht zur Impfung tangiert in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat hohe Rechtsgüter wie das Persönlichkeitsrecht sowie das Recht auf die Integrität von Leib und Leben und ist deswegen generell höchst umstritten. Die Impfpflicht kann als Paradebeispiel für die gerade so heiß diskutierte Frage gelten, inwieweit individuelle Grundrechte aus Gründen des öffentlichen Gesundheitsschutzes eingeschränkt werden dürfen oder gar müssen.

Bei der Impfung geht es um eine präventive Maßnahme. Ein gesunder Mensch impft sich, um sich selbst und möglicherweise auch andere besser vor einer Ansteckung zu schützen. Die Frage nach einer Impfung steht im Spannungsfeld von Individual- und Sozialethik: Fordert das Gemeinwohl (Herdenimmunität, Gemeinschaftsschutz, Solidarität) Einschränkungen individueller hochrangiger Rechte wie das Selbstbestimmungsrecht und das Recht auf Unversehrtheit?1 Als Folge vieler Impfungen könnte eine weltweite Ausrottung der entsprechenden Krankheit und der Schutz zukünftiger Generationen stehen. Auch die globale Prävention wäre zu bedenken, würde doch der Export von Erregern in andere Regionen der Welt unterdrückt werden.

Für die ethische Einschätzung ist zudem zu berücksichtigen, ob die eigene Gesundheit oder auch die Gemeinschaft (Public Health) durch eine Impfung betroffen ist. Schützt sie nur die eigene Gesundheit (wie beispielsweise bei der Tetanusimpfung), ist anders zu entscheiden, als wenn eine Herdenimmunität erreicht werden kann, also auch Dritte profitieren. Außerdem ist die Impfentscheidung zudem noch anders gelagert, wenn sie für einen selbst getroffen wird oder für andere, beispielsweise wenn Kinder oder Mitarbeitende geimpft werden (müssen).

Impfskepsis

Das 5-C-Modell2, entwickelt unter anderem von Cornelia Betsch, Psychologin und Gesundheitswissenschaftlerin aus Erfurt, beschreibt die fünf wesentlichen psychologischen Gründe, die für eine Impfentscheidung bedeutend sind: Confidence, Complacency, Constraints, Calculation, Collective Responsibility. Diese können durch verschiedene Faktoren negativ besetzt sein und eine Entscheidung gegen das Impfen wahrscheinlich machen.

Das Vertrauen (Confidence) in Impfmaßnahmen kann nicht nur bezüglich der medizinischen Ausführung untergraben werden, sondern ebenso durch ein Misstrauen gegenüber Pharmafirmen als allein profitorientierte Lobbyistinnen und Lobbyisten. Bei der Risikowahrnehmung (Complacency) ist eine Wahrnehmungsverschiebung zu beobachten, weil beispielsweise bereits manche Kinderkrankheiten eradiziert wurden. Mögliche Nebenwirkungen (zum Beispiel Impfschäden) werden gefährlicher eingeschätzt als die Risiken einer Erkrankung selbst, auch wenn sich dies wissenschaftlich nicht belegen lässt. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (beziehungsweise bereits der Verdacht auf eine unerwünschte Nebenwirkung) sind laut § 63c Arzneimittelgesetz (AMG) aber meldepflichtig. Im „Bulletin für Arzneimittelsicherheit“ findet man eine Übersicht der dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) im Jahr 2018 gemeldeten Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen und Impfkomplikationen sowie deren Einordnung.3

Barrieren in der Ausführung (Constraints) können entstehen, denn oft werden die Informationen zu Impfungen nicht im direkten Ärztin-Patientinnengespräch gesucht. Betsch und andere4 lieferten bereits 2012 einen ausführlichen Überblicksartikel zum Thema „Kommunikation im Web 2.0 über das Impfen“ und wiesen insbesondere auf die Rolle anekdotischer Evidenz hin. Sie ist leichter verständlich und einprägsamer als statistische Auswertungen. Diese Tatsache machen sich Impfgegnerinnen und Impfgegner zu Nutze, um aus Einzelfällen pauschale Erkenntnisse abzuleiten. Das Ausmaß und die Art der Informationssuche (Calculation) können auch die Impfskepsis steigern, denn die Ursache für die Verunsicherung ist fehlende oder falsche Information. Soziale Netzwerke erleichtern den weltweiten Meinungsaustausch, aber auch die Verbreitung falscher Informationen. Die Arbeit von Anna Kata5 beinhaltet einen breiten Überblick über die Informationen, die von Impfgegnerinnen und Impfgegnern online publik gemacht werden. Ein oft gehörtes Gegenargument bezüglich Impfungen ist die Behauptung, dass mit dem Durchlaufen durch verschiedenste Infektionskrankheiten (ohnehin) eine Stärkung des Immunsystems einhergehe. Für die Masernimpfung kann jedoch beispielsweise festgehalten werden, dass eine Maserninfektion selbst die Immunabwehr mittelfristig schwächt und somit Nicht-Masern-Infektionen begünstigt.6

Mit Collective Responsibility wird das Verantwortungsgefühl für die Gemeinschaft angeschnitten: Bei der Impfung stehen nicht nur Konsequenzen für das Individuum im Raum, sondern für die Gemeinschaft insgesamt.7 Dies wird jedoch nicht immer so wahrgenommen. Die wachsende Skepsis gegenüber dem Impfen ruft die Frage nach staatlichen Maßnahmen zu Gunsten des Gemeinwohls auf den Plan.

Impfen als staatliche Maßnahme?

Damit die von staatlicher Seite forcierten Präventionsmaßnahmen, und solche sind Impfungen, da sie ja am gesunden Menschen aus Schutzgründen durchgeführt werden, ethisch legitim sind, sollten folgende Kriterien erfüllt sein:8 nachgewiesene (wissenschaftlich erwiesene) Wirksamkeit des Impfstoffes, günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis,9 akzeptables Kosten-Nutzen-Verhältnis,10 möglichst geringe Restriktivität (das heißt niedrigschwelliger Zugang) sowie faire und transparente Entscheidungsverfahren.

Derartige Eingriffe in die Selbstbestimmung wie durch eine Impfpflicht scheinen überdies nur dann gerechtfertigt, wenn eine schwerwiegende Gefährdung der gesamten Bevölkerung besteht, die Zwangsmaßnahmen wiederum mit minimalem Risiko verbunden sind und der Schutz der Bevölkerung nur auf diesem Weg in dieser Weise zu erreichen ist. Die Einführung einer Impfpflicht wird in ethischer Hinsicht als ultima ratio angesehen, also als Maßnahme, die nur dann zum Einsatz kommen sollte, wenn alle anderen Optionen ausgeschöpft sind. Damit wird zugleich die Frage nach der Rolle des Staates aufgeworfen: Wie paternalistisch soll und darf er agieren?

Der Gesetzgeber hat bezüglich der Masern zum 1. März 2020 entschieden, eine Impfpflicht gegen Masern einzuführen, die für Menschen in Gemeinschafts- und Gesundheitseinrichtungen gilt (Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention, kurz: Masernschutzgesetz). Eltern müssen beispielsweise vor der Aufnahme ihres Kindes in eine Kindertagesstätte oder Schule nachweisen, dass eine Masernimpfung vorliegt oder dass Immunität besteht. Für Beschäftigte von medizinischen Einrichtungen (Arztpraxen, ambulanten Pflegediensten, Krankenhäusern) oder auch anderer Gemeinschaftseinrichtungen (beispielsweise Flüchtlingsunterkünfte) gilt dasselbe (sofern nach 1970 geboren). Vorbilder für eine solche (Masern-)Impfpflicht fanden sich im europäischen Ausland: In Frankreich wurde 2018 eine Impfpflicht für Kleinkinder eingeführt; in Italien hat im gleichen Zeitraum eine Masernepidemie eine gesetzliche Impfpflicht bedingt.

In den ersten 34 Wochen des Jahres 2020 kam es zu 74 Meldungen, im Jahr 2019 im gleichen Zeitraum zu 475.11 Masern gehören mit einem Kontagions- und einem Manifestationsindex von jeweils annähernd 100 Prozent zu den ansteckendsten Krankheiten überhaupt. Aufgrund der tatsächlichen Gefährlichkeit der Masern gehören sie gemäß Infektionsschutzgesetz zu den meldepflichtigen Erkrankungen. Neben anderen Folgeerkrankungen (wie Durchfall, Mittelohrentzündung) ist bei 0,1 Prozent der Maserninfizierten eine postinfektiöse Enzephalitis (Entzündung des Gehirns) festzustellen, an der 10 bis 20 Prozent der Betroffenen versterben, bei weiteren 20 bis 30 Prozent sind schwerste Hirnschädigungen auszumachen.12 Bei bei den Masern ist eine Impfquote von mindestens 95 Prozent erforderlich, um die sogenannte Herdenimmunität zu gewährleisten. Erreicht man diese, können zwar vereinzelt Menschen an den Masern erkranken, (lokale) Ausbrüche werden jedoch vermieden, da eine hinreichend hohe Anzahl durch die Impfung geschützt ist.

Vor allem diese Argumentation wird gewählt bei der hochinfektiösen Erkrankung der Masern, für die es eine sehr gut verträgliche und wirksame Impfung gibt. Praktische Voraussetzung einer Einführung der Impfpflicht war also ein wirksamer, verfügbarer und bezahlbarer Impfstoff. In medizinischer Hinsicht ist in Relation zur Schwere der Erkrankung ein günstiges Verhältnis von Schutzwirkung zu Risiken erforderlich, was für den Masernimpfstoff festgestellt wurde. Dies stellt die ethische Bedingung dar, eine Einschränkung der Autonomie zugunsten des Gemeinwohls zu rechtfertigen. Wie sieht es hier bislang beim Corona-Impfstoff aus?

Fakten zum Corona-Impfstoff

Im Bulletin des RKI (Robert-Koch-Institut) vom August 2020 wird festgehalten: „Derzeit befinden sich weltweit mehr als 170 Impfstoffkandidaten in der Entwicklung, wobei nicht vorhergesagt werden kann, welche Kandidaten die strengen Kriterien einer Impfstoffzulassung erfüllen werden und wann es zu einer Zulassung in der Europäischen Union kommen wird. Bei der Entwicklung einiger dieser Impfstoffe werden neue Technologien eingesetzt, die bei keinem der bisher zugelassenen Impfstoffe zum Einsatz kamen. Einzelne Impfstoffe werden unter Umständen aufgrund des Wirksamkeitsprofils nur für bestimmte Personen- bzw. Altersgruppen zugelassen werden. Unklar ist aktuell, inwieweit die Impfstoffe neben dem individuellen Schutz vor COVID-19 oder vor einem schweren Verlauf auch die Virus-Transmission verhindern oder zumindest reduzieren werden.“13

Vermutlich wird auch die Verfügbarkeit der Impfstoffe zu Beginn limitiert sein, was Fragen der Priorisierung auf den Plan ruft. Die STIKO (Ständige Impfkommission) und das RKI entwickelten in Zusammenarbeit mit Mitgliedern des Deutschen Ethikrates Empfehlungen dahingehend, wie die verfügbaren Bestände mit dem bestmöglichen Nutzen für die Bevölkerung verteilt werden können.14 Darüber hinaus ist eine internationale Perspektive nicht zu vergessen: Wie können im Sinne internationaler Gerechtigkeitsbelange die Impfstoffe bestmöglich verteilt werden?

Besonders der Impfstoffsicherheit gilt das Augenmerk: Wie bei anderen neuen Impfstoffen ist ebenso für die COVID-19 Impfstoffe teilweise mit Impfreaktionen wie Reizungen „an der Einstichstelle und passagere[n] Beeinträchtigungen des Allgemeinbefindens“15 zu rechnen. Die Daten zu sehr seltenen Impfkomplikationen werden auch – das ist der Normalfall bei neuen Impfstoffen – aufgrund der Größe der Studienpopulation limitiert sein. Ebenso aufgrund der Tatsache, dass eventuell völlig neuartige Impfstoffarten zum Einsatz kommen könnten, wird die STIKO darauf drängen, die „notwendige intensivierte und zeitnahe Erfassung möglicher Impfkomplikationen“16 zu forcieren.

Im Gegensatz zu Masern ist der Erreger nicht schon seit Jahrzehnten bekannt und sehr gut erforscht. Auch der Impfstoff gegen COVID-19 kann nicht auf eine lange Geschichte wissenschaftlicher Evidenz zurückblicken. Wirkung und Verträglichkeit werden bei der Zulassung gemäß der bis jetzt bestehenden wissenschaftlichen Standards bestmöglich eruiert. Dies alles scheint eine in der Bevölkerung befürchtete generelle Impfpflicht bei COVID-19 in weite Ferne zu rücken.

Deutscher Ethikrat:
Impfpflicht als moralische Pflicht

Aber die Impfpflicht kann als moralische Pflicht konzipiert werden. Ethische Verantwortlichkeit und staatliche Vorschriften und Gesetze sind nicht deckungsgleich. So sprechen sich bei der Organtransplantation die Moraltheologinnen und Moraltheologen immer wieder für eine moralische Pflicht aus, sich die Organspende gründlich zu überlegen und einen Perspektivenwechsel vorzunehmen („Was wäre, wenn ich selbst ein Organ brauchen würde?“), aber sie sind gegen eine rechtliche Pflicht.

Genau diese Position hat der Deutsche Ethikrat in seiner Stellungnahme „Impfen als Pflicht?“17 (2019) bezogen. Er nahm aus verschiedenen Gründen Abstand davon, eine gesetzliche generelle Impfpflicht zu fordern (die – gesetzlich festgelegt – auch staatliche Sanktionsmaßnahmen bedeuten), denn eine solche würde beispielsweise die Impfgegnerinnen und Impfgegner nur weiter aufbringen. Der Deutsche Ethikrat begründete vielmehr eine allgemeine moralische Pflicht, sich und seine Kinder impfen zu lassen.

Adressatenbezogen forderte der Deutsche Ethikrat jedoch durchaus eine gesetzliche Impfpflicht (sog. harte Impfpflicht): nämlich für diejenigen Verantwortungsträger, die zuständig für gefährdete Gruppen sind, etwa Beschäftigte des Gesundheitswesens oder Lehrerinnen und Lehrer (sog. berufsbezogene Impfpflicht). Hier ist in den Augen der Mitglieder des Deutschen Ethikrates die Impfpflicht erforderlich und verhältnismäßig, muss also rechtlich sanktionsbewehrt durchgeführt werden. Im Fall der vieldiskutierten Impfpflicht für Kleinkinder in Tagesbetreuung und für Schulkinder kamen die Mitglieder des Deutschen Ethikrates zum Schluss, dass in Anbetracht der in diesen Altersgruppen insgesamt hohen Impfquote eine generelle staatliche Impfpflicht nicht gerechtfertigt sei. Wie oben beschrieben, hat der Gesetzgeber bei den Masern anders entschieden.

Der Deutsche Ethikrat empfahl jedoch eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes, die eine bessere Erfassung nicht-geimpfter Kinder, eine intensivierte Beratung der Eltern und Impfaktionen in den Einrichtungen selbst ermöglicht. Wichtiger erschien dem Beratungsgremium, zusätzlich die verhältnismäßig große Gruppe der ungeimpften Erwachsenen verstärkt mithilfe von speziellen Aufklärungs- und Impfkampagnen in den Blick zu nehmen. Verbesserte Kommunikation und Information waren und sind als erfolgversprechende Wege für die Mitglieder des Deutschen Ethikrates auszumachen, um Impfmüdigkeit zu überwinden und Impfkritikerinnen und -kritiker zu überzeugen. Es geht um effektive und aus ethischer Sicht verhältnismäßige Wege.

Theologisch-ethische Sichtweise

Die Frage nach dem Impfen und einer Impfpflicht wurde als Abwägung zwischen individueller Autonomie und allgemeinem Wohl beschrieben. Will man die ethische Verpflichtung für den Einzelnen begründen, an Impfprogrammen freiwillig aus Gründen der Herdenimmunität teilzunehmen, so können zwei Prinzipien in Anschlag gebracht werden: das Prinzip des Nicht-Schadens und das Prinzip des Wohlergehens.18 Das eine ist die Pflicht, niemandem zu schaden; das andere Prinzip möchte das Wohlergehen Einzelner, Vieler oder Aller fördern. Um niemandem zu schaden, sollte man die Impfung in Betracht ziehen. Das Wohlergehen vieler kann dabei ebenso gefördert werden. Das Gebot des Nicht-Schadens kann vor dem Gebot der Nächstenliebe, das im Positiven zu einer Sorge um den Nächsten auffordert, immer nur als Minimalanspruch erscheinen. Die Nächstenliebe und die Solidarität verpflichten dazu, das Wohl des Nächsten aktiv zu schützen und zu fördern, und nicht nur, es nicht anzutasten.

Da bei einer vorangeschrittenen Durchimpfung der Bevölkerung der Schutz einer sehr vulnerablen, das heißt gefährdeten Gruppe steigt, erscheint aus dem Gedanken der Sorge füreinander ein Appell an die Solidarität gerechtfertigt. Verfolgt man eine care-ethische Sicht, so ist das wichtigste Argument der Schutz vor Erkrankungen für Menschen, die sich aus verschiedenen Gründen nicht impfen lassen können (beispielsweise wegen Allergien, chronischen Erkrankungen, Transplantaten, Altersgründen). Denn in einer weitgehend durchgeimpften Bevölkerung können sich Erreger nicht ausbreiten, so dass auch jene Menschen geschützt werden, bei denen die Impfung etwa nicht zu hinreichender Immunität führt.

In einer theologischen Argumentation würde dies heißen, die Option für die Schwächsten zu ergreifen. Ob ein gesetzlicher Impfzwang hier der verhältnismäßige Weg ist, bleibt umstritten. Nicht mit einer Impfpflicht, aber mit der moralischen Pflicht, sich die Impfung zu überlegen, könnte ebenso die theologische Ethik (in Aufnahme der Argumentation des Deutschen Ethikrates) aufwarten.

Die zu Beginn des Artikels mit dem 5-C-Modell zitierte Gesundheitswissenschaftlerin Cornelia Betsch (und andere) führt mit einer größeren Forschergruppe eine zwei-wöchentliche COSMO-Befragung19 zu allen Themen rund um COVID-19 mit entsprechenden Empfehlungen durch. Neben anderen scheinen immer wieder die Belange der Impfung auf: „Mit einem in Deutschland zugelassenen und empfohlenen Impfstoff würden sich 53 % impfen lassen, Tendenz immer noch fallend.“20 Das Vertrauen in die Sicherheit des Impfstoffs wird aktuell als der wichtigste Faktor ausgemacht, um die Impfbereitschaft zu erhöhen, da das Vertrauen in den potenziellen in Deutschland zugelassenen Impfstoff sinkt.

Wie kann Vertrauen erhöht werden? Die Forschergruppe um Betsch fordert regelmäßige Aufklärung, die sich durch Transparenz auszeichnet, bezüglich des Stands der Entwicklung und der Arten des neu entwickelten Impfstoffes. „Eine Mobilisierung von Ressourcen um aufkommende Fragen schnell beantworten zu können ist ratsam, um die Einführung eines Corona-Impfstoffs optimal vorzubereiten“21, um das steigende Bedürfnis nach Information und einer bewussten Kosten-Nutzen Abwägung zu stillen. Hier könnte die Kirche in ihren verschiedenen Gliedern, von Amtsträgern bis zu ethischen und medizinischen Spezialistinnen und Spezialisten, einen Beitrag leisten. 

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