Zehn Jahre nach Erscheinen des "Ökumenischen Sozialwortes" laden die christlichen Kirchen in Österreich zur Re-Lektüre des Sozialwortes im Hinblick auf neue gesellschaftliche Herausforderungen zu einem ergebnisoffenen Beteiligungsprozess ein.
Vor zehn Jahren: eine Initiative des Ökumenisches Rates der Kirchen in Österreich
Am Ersten Adventsonntag 2003 wurde das "Sozialwort des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich" veröffentlicht. Auch in den "Stimmen der Zeit" wurde seinerzeit (im April 2004) über diese Initiative berichtet, die weit über Österreich hinaus Beachtung fand1. Das Projekt Sozialwort verdankt sich einem mehrjährigen Dialogprozess, der ökumenisch und auf Selbstverpflichtung der Kirchen zu sozialer Praxis ausgerichtet war. Zahlreiche Initiativen der Vermittlung und Umsetzung der Anliegen des Sozialwortes entstanden in diesen zehn Jahren. Dem Sozialwort folgten "soziale Taten" und das Sozialwort diente immer wieder als Inspiration für eine erneuerte soziale Praxis der Kirchen wie auch für öffentliche Stellungnahmen.
"Das Sozialwort ist zehn Jahre alt und gleichzeitig aktuell wie am ersten Tag. Die 'Große Transformation', vor der die Gesellschaften heute stehen, wenn sie aus den Zwängen einer wachstumsfixierten Wirtschaft und aus den Auswüchsen eines ungezügelten Finanzmarktes Wege hin zu einer lebensdienlichen Wirtschaft finden wollen, die den Prinzipien der Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit entspricht, hat auch eine tiefe spirituelle und ethische Dimension. Deshalb will das Sozialwort einen weiterführenden, vertiefenden Dialog zwischen Kirche und Gesellschaft anregen und dabei die Herausforderungen von heute aufgreifen", meinte Bischof Michael Bünker von der Evangelischen Kirche A. B. in einer Pressekonferenz.
Soziale Verantwortung wahrnehmen: wie?
So entschloss sich der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich zum Projekt "Sozialwort 10+", das - koordiniert von der Katholischen Sozialakademie Österreichs - am 28. November 2013 begonnen hat und bis Ersten Adventsonntag 2014 angelegt ist.
Im Rahmen einer "re-lecture" wird bis Ostern 2014 zur Durchführung von Lesekreisen auf allen Ebenen der Kirchen eingeladen. Parallel dazu werden Interviews mit Schlüsselpersonen für die Umsetzung des Sozialwortes geführt. Aufbauend darauf finden bis Herbst 2014 drei interreligiöse Dialogveranstaltungen statt. Die entsprechenden Ergebnisse und Beschlüsse des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich sollen zum 1. Adventsonntag 2014 der Öffentlichkeit präsentiert werden. Das Ziel ist eine Klärung und Weichenstellung: Wie sollen die christlichen Kirchen in Österreich künftig ihre soziale Verantwortung wahrnehmen?
Ein ergebnisoffener Beteiligungsprozess
Das Projekt "sozialwort 10+" ist - wie es bereits das Projekt "Sozialwort" war - beteiligungsorientiert. Alle Christinnen und Christen, Gruppen, Initiativen und Einrichtungen der Kirchen sind zur Mitarbeit eingeladen. Die Lesekreise und Dialogveranstaltungen sind so angedacht, dass sie das Gespräch und die Zusammenarbeit auch mit Anders- wie auch mit Nicht-Gläubigen fördern. Denn: "Die Kirchen verstehen die im Sozialwort angesprochenen Probleme als eine Herausforderung für alle gesellschaftlichen Kräfte. Die Arbeit an der Lösung dieser Probleme erfordert ein Zusammenwirken aller." (SW 310)
Das Projekt ist dabei ergebnisoffen. Was von den im Sozialwort benannten Analysen und "Aufgaben für die Kirchen" wie "Aufgaben für die Gesellschaft" mit Blick auf die kommenden Jahre besonders zu unterstreichen ist, welche neuen Herausforderungen heute hinzukommen, gilt es zu formulieren. An welchen Themen sollen die Kirchen gemeinsam weiterarbeiten und in welcher Form sollen die christlichen Kirchen dies tun? Die Antworten stehen noch aus. Doch eines ist klar: Wer sich in das Projekt "sozialwort 10+" einbringt, gestaltet mit, wie die christlichen Kirchen in Österreich künftig ihre soziale Verantwortung in der Gesellschaft wahrnehmen werden.