The Best Thing You Can Do With Your Life (2018)Wenn Welten aufeinanderprallen

Die junge Filmemacherin Zita Erffa (*1986) besucht in Ihrer Dokumentation „The Best Thing You Can Do With Your Life“ (2018) ihren Bruder László, der acht Jahre zuvor – für Erffa ziemlich überraschend – bei den Legionären Christi eingetreten ist.

 

Aus dem Film The Best ThingDie junge Filmemacherin Zita Erffa (*1986) besucht in Ihrer Dokumentation „The Best Thing You Can Do With Your Life“ (2018) ihren Bruder László, der acht Jahre zuvor – für Erffa ziemlich überraschend – bei den Legionären Christi eingetreten ist. Sie gewährt einen intimen Einblick in das Leben im Ausbildungshaus der Ordensgemeinschaft, in ihre eigene Gefühlswelt und in die Beziehung zu ihrem Bruder. Ein Ergebnis des Besuchs „aus der Welt“ ist ein beeindruckender Film, in dem Welten aufeinanderprallen.

Die Novizen der Legionäre kennen sich meist schon von den sogenannten apostolischen Schulen, das sind kleine Seminare, die bereits ab der siebten Klasse beginnen. Die Schüler sind zu dem Zeitpunkt etwa zwölf Jahre alt. Die wenigen Novizen, die nicht von den Ordensschulen kommen, werden als „aus der Welt“ bezeichnet. In der Wahrnehmung Erffas und wohl auch der meisten Kinobesucher (im Ausbildungshaus der Legionäre werden nur Heiligenfilme geschaut) sind es nicht diese Novizen, sondern die Schwester, die „aus der Welt“ kommt.

Diese Binnensprache ist mit Sprachlosigkeit verbunden

Die Geschwister Zita und László sind in ihrem Leben viel herumgekommen und haben in verschiedensten Ländern gelebt. Im Film wechseln beide problemlos zwischen Spanisch, Englisch und Deutsch. Und doch prallen bei Zitas Besuch im Ordenshaus Sprachwelten aufeinander. Eine gewisse Binnensprache ist sicher keine Besonderheit der Legionäre, ich kenne sie selbst aus dem Noviziat im Jesuitenorrden, wo man nicht einfach „das Haus putzt“, sondern opera hat – oder aus dem Priesterseminar, wo zwischen Externen und Seminaristen unterschieden wird und einmal pro Monat Recollectio war. Auch in der Jugendverbandsarbeit gibt es eine Binnensprache, die von Außenstehenden in der Regel nicht verstanden wird – oder ist es einleuchtend, dass der Aufenthaltsraum der Gruppenleiter Schloca genannt wird?

Man müsste also sicher keinen Film über die Legionäre drehen, um das Aufeinanderprallen zwischen der „Welt drinnen“ und der „Welt draußen“ zu zeigen, aber im Film wird deutlich, dass diese Binnensprache auch mit einer Sprachlosigkeit verbunden ist. Eine wunderbare Szene zeigt einen Novizen, der versucht, das Gehorsamsverständnis seines Ordens zu erläutern. Auf eine – für mich wahnsinnig sympathische Art und Weise – stammelt er seine (leider nicht perfekt) auswendig gelernten Sätze zu dem Thema in die Kamera.

Denkwelten prallen aufeinander

Oder das Gespräch zwischen Zita und ihrem Bruder über seine Ablehnung des Frauenpriestertums und der gleichgeschlechtlichen Ehe. Sie kommen nicht zueinander, weil sie einfach anders mit Sprache umgehen und vermutlich auch anders denken. Zita sagt, sie sei bereit, die Position gegen die gleichgeschlechtliche Ehe einzunehmen, wenn László ihr nur einen „logischen“ Grund dafür nenne. Er hingegen denkt „vom aristotelisch-thomistischen Weltbild“ her und möchte nicht jeden Mann, der einen anderen Mann mag, als „schwul“ abstempeln, wie es – in seinen Augen – die Gesellschaft tue. Ausgelebte Homosexualität sei schlichtweg „unnatürlich“, was auch die Evolutionstheorie zeige. Denkwelten prallen aufeinander.

Bei allem – vielleicht unvermeidlichen – Aufeinanderprallen von Welten, lässt der Film das Publikum in noch eine weitere Welt eintauchen: Die Welt der Geschwister. Der Arbeitstitel des Films war „bli-bla-blu-blieren“: Das Wort der Geschwister für ihr nächtliches Quatschen im Zimmer, das sie sich teilten. Für Zita scheinbar eine Schlüsselerinnerung und ein emotionaler Schlag in die Magengrube, als sie im Interview feststellt, dass ihr Bruder sich nicht mehr an dieses Wort erinnern kann.

Einblicke in die Welt der Legionäre Christi

Der Film zeigt, dass die Geschwister sich entfremdet haben, völlig unterschiedlich ticken – einfach eine gänzlich andere Vorstellung vom Leben, Glauben und Denken haben. Der Film zeigt aber auch, dass sie sich als Geschwister dennoch lieb haben, auch wenn sie sich nicht verstehen. Dass der Bruder die Schwester in manchen Punkten vielleicht sogar besser versteht als sie sich selbst. Zita wundert sich nämlich, dass sie nun einen Film über so ein privates Thema dreht. Sie verstehe nicht, warum Menschen Filme über ihre Großmutter drehten, anstatt das Problem mit der Großmutter selbst zu lösen. Und sie versteht nicht, warum sie selbst das nun macht. László hingegen versteht es sofort und sagt sinngemäß: „Andere Leute würden schreiben. Es ist eine Art, das zu verarbeiten, sich dem Thema zu nähern und sich auszudrücken.“
„The Best Thing You Can Do With Your Life“ gibt spannende Einblicke in die Welt einer Ordensgemeinschaft, die Welt zweier Geschwister und dem Dazwischen. Und er dokumentiert dieses Aufeinanderprallen schlicht, künstlerisch und fein.
Zita Erffas Dokumentarfilm „The best thing you can do with your life“ feierte auf der Berlinale 2018 Premiere. Im Dezember wurde er ein zweites Mal in Berlin vorgeführt. Eine weitere Verbreitung ist dieser Produktion zu wünschen, ein Besuch sehr zu empfehlen.

Zum deutschsprachigen Trailer "The Best Thing You Can Do With Your Life" auf YouTube.

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