Bezeichnung eines Aufbruchs in der evangelischen Theologie seit 1913, auch „Theologie der Krise“ oder „Theologie des Wortes Gottes“, als wirksamer Protest gegen die Liberale Theologie des 19. Jh., verstand sich nicht als System und bezeichnete sich selber nicht als Dialektische Theologie.
Kurzcharakteristik: Bei einer Analyse der menschlichen Existenz zeigen sich generell Versuche der Absicherung; ihr verkehrtester ist die Religion als menschliche Absicherung und Selbstbehauptung gegen Gott. Tod und Auferstehung Jesu werden in der Dialektischen Theologie dialektisch verstanden: Sie bedeuten die Verneinung des Menschen durch Gott; eine Todeslinie scheidet Gott und Mensch, Zeit und Ewigkeit. Gegenüber der alten Welt und dem alten Menschen ist Gott der ganz Andere. Aber gerade im Tod und in der Auferstehung Jesu berührt die neue Welt Gottes die alte Welt „wie eine Tangente einen Kreis“. Dieser Vorgang lässt sich nicht geschichtlich erfassen noch erfahren, nicht einmal im Glauben, der nur als „Hohlraum“ verstanden wird. Die im Wort Gottes geoffenbarte Menschwerdung Gottes, die Mitte des neuen Lebens, lässt sich weder aussagen noch anschaulich machen. Ihr Ja lässt sich nur mit einem Nein umschreiben: „Der neue Mensch, der ich bin, ist nicht das, was ich bin“. Diese radikale Form der Dialektischen Theologie wurde vom jungen K. Barth († 1968) und E. Thurneysen († 1974), mit Impulsen von S. Kierkegaard († 1855) u. F. Overbeck († 1905), geschaffen. Ihre Kritik am Bürgertum und an modernen Ideologien hatte politische Bedeutung. Nach 1933 verstanden E. Brunner († 1966), R. Bultmann († 1976) und F. Gogarten († 1967) den dialektischen Charakter der Theologie nicht vom Nein der Offenbarung, sondern von der dialogischen Verfasstheit der menschlichen Existenz her. Die katholische Theologie reagierte mit einer neuen Besinnung auf Gott als das unbegreifliche Geheimnis und auf die Analogie jeder Gottesrede auf die Dialektische Theologie.
Dialektik
Dialektik (griechisch ursprünglich = Überredungskunst, „dialegein“ = mit Argumenten reden), in der antiken und mittelalterlichen Philosophie und Theologie das „Beweisen“ mit Vernunftschlüssen, bei G. W. F. Hegel († 1831) darüber hinaus das Verständnis der Wirklichkeit als dialektische Bewegung: Jeder These begegnet eine Antithese, beide werden in der Synthese „aufgehoben“ (im Sinn von: negiert, erhoben, bewahrt). In diesem Prozess vollziehen sich Geschichte und Geistesgeschichte (oft banalisiert als unversöhnte Auseinandersetzung der Gegensätze).
Quelle: Herbert Vorgrimler: Neues Theologisches Wörterbuch, Neuausgabe 2008 (6. Aufl. des Gesamtwerkes), Verlag Herder