Da Gott in universalem Heilswillen, in seiner Selbstmitteilung das Heil will und selber ist, kann alle Wirklichkeit, von der die Offenbarung spricht, unter "soteriologischem" Gesichtspunkt betrachtet werden. Insofern ist die Soteriologie mehr als nur ein Einzelsachgebiet der Dogmatik.
Aber infolge einer historischen Entwicklung, die im 12. Jahrhundert ansetzt und bei Thomas von Aquin († 1274) konsequent durchgehalten wird, trennte die katholische Dogmatik bis ins 20. Jahrhundert die Soteriologie von der Christologie ab, wobei sich die Christologie mit der Konstitution und den Qualitäten der Person Jesus Christus befasste, und die in ihm vollbrachte Heilstat, die Erlösung, den Gegenstand der Soteriologie bildete. Der auslösende Faktor für diese Trennung war die Satisfaktionstheorie Anselms von Canterbury († 1109).
In der evangelischen Theologie wurde die Soteriologie oft als "Lehre von der Rechtfertigung und der Versöhnung" dargelegt und mit dem Geschehen am Kreuz begründet. Die neueren Versuche, christologische und soteriologische Gehalte in Einheit zusammenzudenken, gehen, oft von der Reflexion über die Selbstmitteilung Gottes an die Kreatur geprägt, von der Inkarnation aus.
Quelle: Herbert Vorgrimler: Neues Theologisches Wörterbuch, Neuausgabe 2008 (6. Aufl. des Gesamtwerkes), Verlag Herder