Ausgangstexte sind Gen 1, 26 f.; 5, 1; 9, 6. „Der Mensch“ ist zum Bild oder als Bild Gottes (nicht JHWHs) geschaffen. Der Begriff für „Bild“ meint eine Statue als Repräsentanz der Gottheit. Die damit verbundene Aufgabe wird in der neueren Exegese wiedergegeben als Beauftragung der Menschen, Mann und Frau, Sachwalter Gottes in der Schöpfung zu sein. Im griechischen Denken wird diese Sicht verändert: Weish 2, 23 interpretiert die Gottebenbildlichkeit als Unvergänglichkeit. Im NT ist Jesus Christus die „Ikone“ Gottes (Kol 1, 15–20; Hebr 1, 3). Seinem Bild sollen die Glaubenden „gleichgestaltet“ werden (1 Kor 15, 49; 2 Kor 3, 18 u. ö.), d. h. Anteil an seiner Herrlichkeit erhalten. 1 Kor 11, 7 wird einseitig der Mann als Abbild Gottes dargestellt.
In der frühen Kirchenväterzeit wird die Gottebenbildlichkeit des Menschen als Abbildung des Logos (mit der Aufgabe, sich ihm durch seelische Tugenden anzugleichen), als geistgewirkte Unsterblichkeit und als Verheißung eschatologischer Vollendung verstanden. Nach Augustinus († 430) ist der menschliche Geist (in „memoria“, „intelligentia“ und „voluntas“) Abbild der göttlichen Trinität.
In unterschiedlicher Weise kehren die Auffassungen in der Scholastik wieder. Für die aus der Reformation entstandenen Theologien ging die Gottebenbildlichkeit bis auf einen „Rest“ durch die Ursünde verloren. Die neuere Theologie sieht die Menschheit zusammen mit Jesus Christus als Adressaten einer einzigartigen Selbstmitteilung Gottes, so dass die durch Gottes Gnade geschenkte „Teilhabe an der göttlichen Natur“ (2 Petr 1, 4) die Gottebenbildlichkeit der Menschen und ihre Sonderstellung in der Schöpfung begründet. Zugleich sieht sie jedoch immer drängender die darin gegebenen Aufgaben: Verantwortung für die Schöpfung (Umwelt), Gleichberechtigung von Frau und Mann, Verteidigung der Menschenrechte.
Quelle: Herbert Vorgrimler: Neues Theologisches Wörterbuch, Neuausgabe 2008 (6. Aufl. des Gesamtwerkes), Verlag Herder