Dabei geht die Transzendentaltheologie von einem inneren Verwiesensein des Menschen auf Gott aus, der als das unbegreifliche Woraufhin der Transzendenz des menschlichen Geistes verstanden wird. Die Inhalte des Offenbarungsglaubens werden nicht a priori denkerisch konstruiert, wie die Kritik der Transzendentaltheologie immer wieder unterstellt; sie sind geschichtlich vermittelt (Offenbarung) und nicht transzendental ableitbar. Die Transzendentaltheologie analysiert vielmehr die im glaubenden Menschen liegenden Bedingungen der Möglichkeit für das „Ankommenkönnen“ der Offenbarungsinhalte (der Mensch wird als Wesen der Frage verstanden, als „Hörer des Wortes“). Die kreatürliche Wirklichkeit im ganzen, auch die materielle, ist von ihrem Wesen her auf Bewusstsein bezogen. Für Glauben und Theologie ist Gott daher nicht „Objekt“, sondern in einer transzendentalen Erfahrung gibt er sich auch bewusstseinsmäßig selber (Selbstmitteilung Gottes). Soll die Theologie in der kreatürlichen Wirklichkeit „vorkommen“, dann muss sie sich als Anthropologie verstehen, aber umgekehrt ist die Anthropologie des Menschen als des Wesens der Transzendenz auch schon Theologie.
Rahner hat viele Inhalte der theologischen Tradition (Gotteslehre, Gnadentheologie, Christologie, Soteriologie, Eschatologie usw.) einer transzendentalen Reflexion unterzogen. Dabei wird jeweils die kreatürliche Wirklichkeit auf ihre konkreten Dimensionen hin befragt (Geschichtlichkeit, Praxis, auch politische, der Einheit von Gottes- und Nächstenliebe usw.), so dass sich der Vorwurf eines geschichtslosen Idealismus als (eher gewolltes) Missverständnis erweist.
Quelle: Herbert Vorgrimler: Neues Theologisches Wörterbuch, Neuausgabe 2008 (6. Aufl. des Gesamtwerkes), Verlag Herder