Bekenntnistradition und konfessionelle IdentitätPerspektiven zur Methodik des lutherisch-katholischen Dialogs

Zusammenfassung / Summary

Der Aufsatz beteiligt sich an der Diskussion um die Bedeutung konfessioneller Identitäten für den ökumenischen Dialog, definiert jedoch den Begriff der konfessionellen Identität nicht als abgrenzende Profilierung der eigenen Bekenntnistradition, sondern als geschichtlich-dynamische Manifestation des Glaubens, die sich von der ihr zugrunde liegenden Bekenntnistradition distanzieren kann. Welche Bedeutung dieser Unterscheidung zukommt, wird durch Ernst Troeltschs Überlegungen zum Begriff des Neuprotestantismus dargestellt, und welche Probleme sich ergeben, wenn die genannte Differenzierung außer Acht bleibt, wird anhand des lutherisch-katholischen Dialogs aufgezeigt. Der Aufsatz schließt mit dem Plädoyer für eine methodische Weitung der ökumenischen Theologie, die sich von ihrer Fixierung auf Bekenntnistraditionen lösen, die bisweilen anzutreffende pejorative Konnotation des Begriffs der konfessionellen Identität aufgeben und versuchen muss, historische, praktisch-theologische und kulturwissenschaftliche Erwägungen einzubeziehen, um konfessionellen Identitäten wertschätzend begegnen zu können. 

This essay discusses the signifi cance of denominational identities for ecumenical dialogue. But it differs from most proposals by defi ning denominational identity not as a delimitative expression of one’s own confessional tradition, but as a dynamic-historical manifestation of faith that is distinct from and that can even distance itself from the confessional tradition on which it is grounded. The importnce of the distinction between denominational identity and confessional tradition is demonstrated by reference to Ernst Troeltsch’s concept of “Neo-Protestantism”; the consequences of a neglect of the suggested differentiation are outlined by refl ections on the last two documents of the offi cial dialogue between the Lutheran World Federation and the Roman Catholic Church. The essay concludes with a plea for the methodological expansion of ecumenical theology: that it widen its focus from mere dogmatic discussion of confessional traditions, to include historical, practical and cultural considerations in order thus to understand the shape of denominational identities and to deal with them respectfully.