Die Schlacht von Hemmingstedt

Die Dithmarscher Bauern trotzten König Johann und schlugen am 17. Februar 1500 seine Truppen vernichtend in der Schlacht von Hemmingstedt. Das pompöse Schlachtdenkmal von 1900 ist zu einem Symbol geworden für den Kampf der Bauern gegen die Adelsherrschaft.

Das Schlachtdenkmal am Tag der Einweihung am 17. Februar 1900.
Das Schlachtdenkmal am Tag der Einweihung am 17. Februar 1900.© Dithmarscher Landesmus. Meldorf

Der kleine Bauernfreistaat Dithmarschen, räumlich etwa identisch mit dem heutigen gleichnamigen Landkreis in Schleswig-Holstein, konnte am 17. Februar 1500 ein gewaltiges Invasionsheer bei Hemmingstedt vernichtend schlagen. Archäologische Forschungen geben Hinweise zur Rekonstruktion des Geschehens.

Schädel aus Massengrab am Rande des Landweges mit Spuren von Hieben, die den Tod verursachten.
Schädel aus Massengrab am Rande des Landweges mit Spuren von Hieben, die den Tod verursachten. Dithmarscher Landesmus. Meldorf

Dithmarschen ist seit alters her von Nordsee, Eider, Elbe und der heute vom Nord-Ostsee-Kanal durchquerten Landenge begrenzt. Im 13. Jh. fiel das Land unter die Botmäßigkeit des Bremer Erz bischofs. In dieser Zeit war es in dem vorgelagerten Meeresschwemmland, der Marsch, zu einer durchgehenden Eindeichung gekommen, die eine Entwässerung immer größerer Teile der seefernen Marsch ermöglichte. Diese Binnenkolonisation wurde von bäuerlichen Siedlungsgenossenschaften, den »Geschlechtern«, getragen, einem der Machtpole in dem sich entwickelnden Gemeinwesen. Der zweite Pol waren die Kirchspiele, die im Laufe des Spätmittelalters zunehmend selbstständig auftraten, der dritte war die allgemeine Landesversammlung. Für die Entwicklung und Konsolidierung der Eigenständigkeit war entscheidend, dass der Einfluss des Landesherrn immer weiter zurückgedrängt wurde und Dithmarschen sich schließlich darauf beschränkte, dem neu eingesetzten Erzbischof ein Willkommensgeld zukommen zu lassen.

1447 wurde das Dithmarscher Landrecht neu gefasst. Aus dem seitdem nachweisbaren Obergericht entwickelte sich in den folgenden Jahrzehnten ein Kollegium von 48 »Regenten«, die die Geschicke des Bauernfreistaates nach außen bestimmten. Die Nutzung vor allem der eingedeichten fruchtbaren Marsch führte zu guten Erträgen, denen ein steigender Nahrungsbedarf in den wachsenden Städten gegenüberstand. So war Hamburg einerseits auf Nahrungsmittelimport angewiesen, andererseits setzte es sein Stapelrecht durch. Dies führte 1434 zu Zwistigkeiten zwischen den einzelnen Kirchspielen, die in einen regelrechten Bürgerkrieg ausarteten, in den auch Hamburg eingriff. Die von den Geschlechtern dominierte Partei, die Hamburg durch Kaperei und Überfälle zu schaden versuchte, unterlag. Das führte zur Verlagerung der Landesversammlung vom alten Hauptort Meldorf in das damals noch unbedeutende Heide.

Schon zweimal hatte es Angriffe auf das wohlhabende Dithmarschen gegeben. 1319 scheiterte ein Eroberungsversuch des holsteinischen Grafen Gerhard des Großen bei Wöhrden; 1404 erlitten holsteinische Eroberer unter Herzog Gerhard IV. eine vernichtende Niederlage in der Süderhamme bei Heide. Allerdings gelang es dem dänischen König Christian I., 1473 einen Lehnsbrief über Dithmarschen von Kaiser Friedrich III. zu erhalten. So konnte er seinen Anspruch auf das Land jederzeit durchsetzen.

Der »Landweg« von Meldorf nach Heide: Bei der Windmühle macht der Weg einen auffälligen Knick nach Osten. Nach Lammers lag die Schanze am Beginn der folgenden Buschreihe, die eine leichte Erhöhung markiert. Die Spuren erwiesen sich allerdings als Trenngräben von Wölbbeeten. Im Hintergrund Hemmingstedt.
Der »Landweg« von Meldorf nach Heide: Bei der Windmühle macht der Weg einen auffälligen Knick nach Osten. Nach Lammers lag die Schanze am Beginn der folgenden Buschreihe, die eine leichte Erhöhung markiert. Die Spuren erwiesen sich allerdings als Trenngräben von Wölbbeeten. Im Hintergrund Hemmingstedt. V. Arnold

König Johann gegen schlaue Bauern

Als Christians Sohn und Nachfolger Johann seine Macht in Schweden etablieren konnte und sich dort 1499 zum König krönen ließ, hielt er den Zeitpunkt für die gewaltsame Durchsetzung dieses Anspruchs für günstig. Im gleichen Jahr begann er mit Kriegsvorbereitungen und warb dafür die berüchtigte Große oder Schwarze Garde an.

König Johann stellte für die Eroberung aus der ca. 4000 Landsknechte umfassenden Garde, der Artillerie, den adligen Berittenen sowie dem Landwehraufgebot ein Heer zusammen, das etwa 12 000 Kämpfer umfasste. Am 11. Februar 1500 überschritten die Truppen bei strengem Frost die Grenze und drangen in die Geest ein, die die Bauern geräumt hatten. Zwei Tage später wurde der alte Landeshauptort Meldorf eingenommen, wobei man ein Blutbad unter den verbliebenen Einwohnern anrichtete. Dort blieb das Heer drei Tage, weil der König vergeblich auf die freiwillige Unterwerfung der Dithmarscher hoffte. Die allerdings hatten über einen abgefangenen Späher von den Plänen des Königs erfahren, über Hemmingstedt und Heide nach Lunden ganz im Norden Dithmarschens vorzustoßen.

Gegen den Rat seiner Umgebung setzte der König seinen Plan durch, obwohl Tauwetter den 6 km langen Abschnitt des Landweges durch die tiefliegende Marsch nach Hemmingstedt schwer passierbar zu machen drohte. Die Dithmarscher hatten inzwischen eine Wegsperre errichtet und am 17. Februar, als das Eroberungsheer aufbrach, die nahen Deichsiele geöffnet, sodass die mittägliche Springflut in die Marsch dringen konnte. So kam es schließlich zu einer verheerenden Niederlage der Angreifer, die auf dem schlammigen und überschwemmten, von randvollen Gräben begleiteten Weg eingeklemmt und deren Artillerie und Reiterei dort nicht einsatzfähig waren; die Dithmarscher blieben hingegen mittels Sprungstäben (»Klotstöcken «) mobil, mit denen sie die Gräben überwanden. Dieser Aufsehen erregende Sieg sicherte der Bauernrepublik weitere 59 Jahre der Selbstständigkeit.

Das 1998 erneut aufgedeckte Massengrab barg Skelettteile mehrerer Männer und eines Pferdes, alle mit Spuren von Gewalteinwirkung.
Das 1998 erneut aufgedeckte Massengrab barg Skelettteile mehrerer Männer und eines Pferdes, alle mit Spuren von Gewalteinwirkung. R. Stecher

Wo lag die Schanze der Dithmarscher?

Erstaunlicherweise ist die Kenntnis der Lage der Schanze, an der die Hemmingstedter Schlacht am intensivsten tobte, in der örtlichen Überlieferung verloren gegangen. Spätestens seit der gründlichen Bearbeitung der Geschehnisse durch den Landeshistoriker Walter Lammers und Ausgrabungen durch den Meldorfer Museumsleiter Alfred Kamphausen Anfang der 1950er-Jahre schien das Problem gelöst zu sein: Mehrere in den Schnitten erkennbare Eingrabungen ließen sich zwanglos zu einem etwas unregelmäßig verlaufenden Graben ergänzen, der den Verlauf des alten Landwegs zu schneiden schien.

Kontrollbohrungen und der Vergleich der Grabungspläne mit einer 1995 vorgenommenen Höhenaufnahme des Geländes, die inzwischen durch die 2006 erhobenen Laserdaten präzisiert werden konnte, machten jedoch deutlich, dass Kamphausen offenbar Gräben zwischen Wölbbeeten sowie schräg geschnittene Straßengräben fälschlich als Schanzgräben interpretiert hatte. Somit schied dieser Punkt bei der Suche nach der Schanze wieder aus.

Immerhin ist ziemlich sicher, dass das pompöse Schlachtdenkmal von 1900 nicht am Ort der Verschanzung steht. Dort wurde im Lauf der Schlacht zwar auch gekämpft, genauso wie weiter südlich an einem Massengrab, das direkt am Rande des Landweges etwa 2 km nördlich von Epenwöhrden bereits 1944 gefunden und 1998 nachuntersucht wurde. Dort fanden sich vergrabene Reste von einem Pferd und mindestens acht Menschen, die Spuren von Gewalteinwirkung trugen. Die Wegsperre, die in kürzester Zeit, angeblich über Nacht, entstanden war, muss erheblich weiter nördlich gelegen haben. Aktuell geplante archäologische Prospektionen und Sondagen, initiiert vom Verein für Dithmarscher Landeskunde, werden hierzu sicherlich Klarheit verschaffen.

Das Schlachtdenkmal am Tag der Einweihung am 17. Februar 1900.
Das Schlachtdenkmal am Tag der Einweihung am 17. Februar 1900. Dithmarscher Landesmus. Meldorf

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