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Magdalénien
ca. 19.000 – 12.000 v. Chr.
Begriff 1863 von E. Lartet eingeführt, nach seinen Grabungsfunden im Abri La Madeleine (Dordogne). Jüngste Kultur des Jungpaläolithikums, Verbreitung in SW-Europa (Nordspanien, Frankreich) und in der eisfreien Tundra des nördlichen Mitteleuropa.
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Tragbare Kunst im gleichen Alter wie Lascaux
Im Allgemeinen ist die tragbare Kunst (auf transportablen Gegenständen) im Aquitanischen Becken und in den Pyrenäen verbreitet und findet sich viel häufiger in Höhlen als in Lagerplätzen unter freiem Himmel, wie es hier der Fall ist. In Bellegarde sind die ältesten Darstellungen (Unteres Magdalénien, 20.000 Jahre v. Chr.) Pferdeprofile. Eine der verzierten Platten zeigt ein einzelnes Pferdeprofil mit vielen präzisen anatomischen Details: Nüstern, Maul, Kieferknochen, Auge, Mähne und Ohren. Das andere Objekt zeigt drei nebeneinander liegende Pferdeprofile mit Augen, Kieferknochen und Wangen. Die Art und Weise, in der die Ohren eines der Pferde dargestellt sind – bestehend aus kleinen geraden Segmenten oder „Antennen“ – ist ein stilistisches Merkmal, das in einigen Höhlen der Ardèche zu finden ist, so auch in der Cosquer-Höhle in Marseille und Lascaux in der Dordogne.
Eine außergewöhnliche Frauendarstellung des Magdalénien
In einer späteren Stufe (mittleres Magdalénien, 16.000 Jahre v. Chr.) wurde eine außergewöhnliche Gravur als Vulva interpretiert, die in übertriebener und unproportionaler Weise dargestellt ist, eingerahmt von den Oberschenkeln. Vereinzelte Vulva-Darstellungen sind auf Steinplatten und Blöcken an einigen älteren Fundorten (Aurignacien) in der Dordogne bekannt. Im Magdalénien sind die meisten der bisher erfassten Beispiele auf Höhlen- und Felswänden in Spanien und Südwestfrankreich. Diese in Bellegarde gefundene Konfiguration, die ein Schamdreieck mit zwei Beinen verbindet, ist außergewöhnlich, da nur ein anderes Exemplar bekannt ist, das sich an einer Wand in der Höhle von Cazelle in der Dordogne befindet.
Das Magdalénien von Bellegarde
Die paläolithische Stätte von Bellegarde wurde von Inrap-Archäologen 2016 auf einer Fläche von ca. 2.000 m2 erforscht.
Die Erweiterung einer Mülldeponie war Anlass für eine präventive Ausgrabung. Die Stätte enthält eine außergewöhnliche Abfolge von Besiedlungen, die in fünf große Phasen unterteilt ist, die etwa 6.000 Jahre umfassen und fast das gesamte Magdalénien abdeckt, von 20.000 bis 14.000 Jahren vor Christus.
Aufgrund dieser homogenen, repräsentativen und gut datierten Konstellation wird Bellegarde zu einer Referenzstätte auf regionaler und nationaler Ebene werden. Insgesamt wurden 24.000 Liter Sedimente gesiebt, was zur Auffindung einer großen Anzahl von Feuersteinwerkzeugen und -waffen führte, die teilweise aus sehr kleinen Mikroklingen bestehen. Die akribische Ausgrabung und Sortierung der gesiebten Sedimente erbrachte Informationen über die Paläoumwelt der Fundstelle. Rentierknochen deuten auf ein kaltes Klima hin. Niedrigere Temperaturen als heute werden bestätigt durch das Vorhandensein von Holzkohle aus Silvesterkiefer und Birke. In mehreren Besetzungshorizonten wurden auch kleine durchlöcherte Muscheln gefunden, die von den Ufern des Mittelmeeres stammen. Einige dieser Muscheln weisen Gebrauchsspuren auf, die darauf hindeuten, dass sie als Perlen getragen wurden, aufgehängt oder an die Kleidung genäht.
Die Lage des Fundortes
Geografisch gesehen befindet sich der Standort an der Grenze zwischen zwei Regionen, abgegrenzt von der unteren Rhône und der Durance. Im Westen und Norden befindet sich eine Zone, mit der klassischen Lehrbuchabfolge der Prähistorische Kulturen: Aurignacien, Gravettien, Solutreien, Magdalénien und Azilien. Im Südosten folgt das Epigravettien auf das Gravettien, und einige seiner spezifischen technischen und kulturellen Merkmale bis zum Ende des späten Paläolithikum. Das Handwerk, Ornamente und gravierten Kunstwerke von Bellegarde bieten die Möglichkeit, die Bedeutung dieser Zweiteilung zu untersuchen, da die Stilelemente den künstlerischen Darstellungen der zweiten Besiedlungsphase in der Höhle von Cosquer, die im Herzen des Epigravettischen Gebiets liegt, entsprechen.
Nach einer Meldung des Inrap