„Amphorenfunde, wie sie in Paderborn gemacht wurden, sind bisher nur in Militärlagern wie Haltern am See oder Bergkamen-Oberaden zutage gekommen. Im Paderborner Raum waren sie bislang nur im Römerlager Delbrück-Anreppen bekannt, nicht aber in den Siedlungsgebieten der Germanen. Dass solche Amphoren jetzt in der Stadt Paderborn gefunden wurden, ist herausragend“, sagt Prof. Dr. Michael M. Rind, Direktor der LWL-Archäologie für Westfalen. LWL- Römerexpertin Dr. Bettina Tremmel: „Nach der Entdeckung der Amphorenfragmente haben wir zwar mit weiteren Funden aus der Römerzeit gerechnet, dennoch waren wir positiv überrascht, als wir auch noch zwei römische Feldbacköfen nachweisen konnten. Damit können wir die bisherigen Vermutungen untermauern.“
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Von Römischen Feldbacköfen und Marschlagern
Feldbacköfen sind eine Art in den Boden eingetiefte Lagerfeuer, deren erhitzte Bodenflächen als Brotbackstellen dienten. Für den Bau eines solchen Ofens hoben die Römer zuerst eine Grube in Form einer liegenden Acht aus. Sie war zwischen 60 und 80 Zentimeter tief, sodass das Feuer gut vor Wind geschützt war. Mit einer einfachen Abdeckung aus Ästen und Rasensoden, über der durch die Hitze des Feuers rot verfärbten Backfläche, entstand ein provisorischer Backofen. In der anderen Hälfte saß der Legionär und bestückte den Ofen mit Holz. Sobald das Holz abgebrannt war, kehrte er die Asche und Holzkohle von der Backfläche in seine Arbeitsgrube hinein. Anschließend wurden die rohen Brotlaibe auf die Backfläche gelegt und von der im Boden gespeicherten Restwärme gebacken.
Feldbacköfen – zumal wie in Paderborn als Batterie angelegt – wurden nur von römischen Soldaten genutzt und finden sich ausschließlich in sogenannten Marschlagern, die die Legionen während ihrer Feldzüge nach jeder Marschetappe von ca. 20 Kilometern erbauten. So konnten sie auch außerhalb ihrer fest ausgebauten Standlager in einer befestigten Stellung Zeit verbringen und von dort aus zum nächsten Ziel weiterziehen.
Naturwissenschaftliche Untersuchungsergebnisse untermauern römische Militärpräsenz
Im Auftrag der Stadtarchäologin Dr. Sveva Gai wurden an der Universität Kiel verschiedene Holzkohleproben aus den beiden Backöfen mit der sogenannten C-14 Methode untersucht. Mit zunehmendem Alter zerfallen immer mehr Kohlenstoffisotopen C-14. Durch Messung des verbliebenen C-14-Gehalts in einer Probe kann mit Hilfe der bekannten Halbwertszeit auf das Alter der Probe geschlossen werden. „Wir haben Proben aus den verschiedenen Öfen und aus dem Brunnen, in dem die Amphorenfragmente lagen, nach Kiel geschickt. Bis auf eine Ausnahme datieren alle Holzkohlestücke in die Zeit um Christi Geburt“, so Gai. „Das ist überwältigend, denn es bedeutet, dass die Feldbacköfen tatsächlich in die Zeit der augusteischen Feldzüge in Germanien datieren.“
Fragmente augusteischer Weinamphoren und das römische Militär
Dr. Georg Eggenstein, geschäftsführender Inhaber der archäologischen Fachfirma EggensteinExca GmbH, kennt aufgrund seiner wissenschaftlichen Ausbildung die germanische Siedlungstätigkeit entlang der Lippe sehr gut: „Für unseren Grabungsleiter, Robert Süße, und mich war das Erstaunen groß. Bislang wussten wir nur, dass im hiesigen Raum in der Zeit um Christi Geburt etliche Gehöfte der germanischen Bevölkerung standen. Der Nachweis auf ein Römerlager auf dem dicht bebauten Gelände unmittelbar vor den Toren Paderborns ist ein großer Glücksfall“.
Die Amphorenfragmente, die den Ausschlag zu den neuesten Erkenntnissen gaben, können derzeit noch in der Foyerausstellung „AußerGewöhnlich!“ des LWL-Museums in der Kaiserpfalz besichtigt werden.
Wo befand sich der Militärstützpunkt?
Das Gelände des späteren St. Johannisstifts befindet sich auf einem flachen Hügel, der auf drei Seiten von Pader und Riemeke umschlossen ist. Die Riembeke oder Riemeke war ein kleiner Bach und Zufluss der Pader, der wahrscheinlich bis in die Neuzeit sichtbar war, bis er unter der Bebauung verschwand. Der Hügel bot Platz für ein römisches Marschlager, in dem drei römischen Legionen auf einer Fläche von ca. 30 Hektar campieren konnten. Die bereits bekannten Marschlager in Westfalen bestanden aus einer großen, polygonalen Fläche, die von einem Erdwall mit vorgelagertem Spitzgraben umschlossen war.
Sollte ein solches temporäres Marschlager tatsächlich westlich der Paderborner Altstadt bestanden haben, wird es sich aber im dicht bebauten Riemeke-Viertel nur schwer nachweisen lassen. Die Stadtarchäologin Sveva Gai ist zuversichtlich, dass trotz der bisher wenigen Überreste noch nicht das letzte Wort in Sachen Militärstützpunkt der Römer in Paderborn gesprochen ist.
Nach Pressemitteilung des LWL