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Denkmal unter Strom – Effekte der Energiewende
Ob Solarfelder, Windräder oder Stromtrassen – die Energiewende ist in vollem Gang. Das betrifft auch allerorts die Bodendenkmalpflege, denn: Wo gebaut wird, bedarf es einer archäologischen Begleitung. Wir werfen daher einen Blick auf die Frage, was die Energiewende und der damit verbundene Landschaftsumbau für das Kulturerbe im Boden bedeutet und welche Auswirkungen sie insbesondere für den Schutz von Denkmalen, Fundstellen, Befunden und Funden mit sich bringt.
Am 10. Juli legten die Archäolog:innen los. Mit einem Bagger überprüften sie drei neue Maststandorte bei Siegen-Oberschelden (Kreis Siegen-Wittgenstein), indem sie den Oberboden entfernten. Dabei wurden sie an dem Mast 400, direkt westlich von Oberschelden, fündig. Hier kamen im hellen Unterboden schwarze, stark holzkohlenhaltige Flecken zu Tage, wobei der größte einen Durchmesser von gut einem Meter und leicht verziegelte Ränder aufwies. Schnell war klar, dass es sich hier um Reste von sogenannten Grubenmeilern handelt. Leicht in den Boden eingetieft, haben die Menschen hier Holzkohle hergestellt, die für die heimische Eisen- oder Buntmetallproduktion benötigt wurde. Erst deutlich später haben sich dann nach und nach die auch aus dem Siegerland weithin bekannten, großen Platzmeiler durchgesetzt. In Netphen-Walpersdorf „rauchen“ sie noch heute.
„Grubenmeiler sind mindestens bis ins Spätmittelalter hinein besonders typisch. Vergleichbare Befunde haben in Südwestfalen in Einzelfällen sogar Keramikscherben hervorgebracht, die eine Datierung möglich machen – leider nicht so in Oberschelden“, so die Grabungsleiterin Dr. Eva Cichy. „Daher ist geplant, einige der Holzkohlenstücke mittels der Radiokarbonmethode zu datieren, um so das Alter präzisieren zu können“, so Cichy weiter.
Hintergrund
Grubenmeiler waren wichtige technische Anlagen zur Produktion des energiereichsten Brennstoffs der Epoche: Holzkohlen. Die mittelalterlichen Köhler gruben zunächst eine einfache Grube in den gewachsenen Boden. Dann stapelten sie Holz in die Grube und bedeckten es mit Rasensoden und Erde. Bei runden Grubenmeilern beließen sie vermutlich zentral ein Schacht, in den glühende Holzkohlen eingefüllt wurden, die den Vermeilerungsvorgang starteten: Bei ca. 300 Grad Celsius wurde dabei die Feuchte aus dem Holz verdrängt. So wurde das Holz zu nahezu reinem Kohlenstoff umgewandelt (Pyrolyse). Nach etwa einem Tag endete der Prozess, der Köhler öffnete den Meiler, löschte das Feuer und barg das Fertigprodukt.
Der Köhlerplatz bei Oberschelden war den Archäolog:innen bisher unbekannt. In der letzten Zeit war hier nur noch eine Wiese zu sehen. Vorher wurde das Gebiet zeitweise als Acker genutzt, wie bei der Grabung freigelegte Flugspuren zeigen. Grubenmeiler sind heute im Gelände praktisch nicht mehr zu erkennen. Sie können nur bei einer konsequenten archäologischen Begleitung von Bauarbeiten wieder ans Tageslicht gebracht werden.
Literaturempfehlung
Manuel Zeiler (2019): Archäologie der Köhlerei: Beispiele aus Südwestfalen. In: Jutta Meurers-Balke, Tanja Zerl & Renate Gerlach (Hrsg.): Auf dem Holzweg â¿Š Eine Würdigung für Ursula Tegtmeier. Archäologische Berichte 30 (Kerpen-Loogh), 285-294
http://www.academia.edu/40145692/Zeiler_2019_Arch%C3%A4ologie_der_K%C3%B6hlerei_Beispiele_aus_S%C3%BCdwestfalen_FS_Tegtmeier
Pressemitteilung des LWL
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