Der Detektor-Azubi Nicki Andreas Steinmann hatte von seinem Ausbilder Arjen Spießwinkel einen Quadranten auf der Übungsfläche zugewiesen bekommen. Gewissenhaft suchte er diesen Bereich ab. Der junge Mann war erst das dritte Mal überhaupt mit der Metallsonde unterwegs. Für die Verwendung in Schleswig-Holstein wird eine Genehmigung vom Archäologischen Landesamt benötigt. Die Erlaubnis zur Suche mit dem Metalldetektor wird erst nach dem Bestehen einer Prüfung beim ALSH ausgestellt. Wichtiger Bestandteil der Ausbildung sind praktische Übungen. Diese finden unter der Anleitung und der Aufsicht von besonders geschulten ehrenamtlichen Metallsondengängerinnen oder -sondengängern statt. Bei den sogenannten Mentoren handelt es sich um amtlich bestellte Vertrauensleute für bewegliche Kulturdenkmale. Kursteilnehmer bekommen jeweils eine Mentorin oder einen Mentor zugewiesen, mit denen sie im Vorfeld der theoretischen Ausbildung und der Praxisprüfung Erfahrungen im Umgang mit der Sonde, Spaten und Vermessungsgerät sammeln können. Dieses ist besonders wichtig, da jeder Sondler oder jede Sondlerin mit diesem Hobby zur archäologischen Forschung beiträgt. Die Regeln archäologischer Feldmethodik müssen von daher erlernt werden. In der Archäologischen Landesaufnahme wird dieses Engagement gewürdigt. Jeder Finder erhält seinen Eintrag in dieses Register.
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An diesem besonderen Tag verständigte die Gruppe, die zusätzlich aus den Mentoren Ralph Paustian und Tim Johannsen bestand, nach dem Fund mehrerer Münzen und zweier Goldfunde sofort Jan Fischer, den zuständigen Grabungstechniker des Archäologischen Landesamtes. Dieser übernahm unverzüglich die Erstversorgung der Funde und organisierte eine kontrollierte Nachgrabung, an der sich die Gruppe ebenfalls beteiligte. Ziel solcher Untersuchungen ist es, die restlichen Funde zu bergen und die Fundumstände zu dokumentieren. Diese können Aufschluss über die Umstände der Niederlegung geben und sind Grundlage späterer Forschung.
Der Befund
Im Umkreis der Fundstelle wurde mit Zustimmung des Landwirts eine 4m² große Fläche ausgegraben. Dabei wurden weitere silberne und vergoldete Objekte entdeckt. Es konnte festgestellt werden, dass die Fundstücke durch landwirtschaftliche Tätigkeit zwar bereits leicht verlagert wurden, mehrere Münzen aber immer noch, wie ursprünglich deponiert, übereinander gestapelt lagen. An mehreren Münzen sind Textilreste erhalten. Daher ist davon auszugehen, dass sich die Fundstücke in einem Stoffbeutel befanden, als sie im Boden vergraben wurden.
Die Funde
Insgesamt bestand der Hort aus zwei sehr qualitätvollen goldenen, mit Steinen besetzten Ohrgehängen, einer vergoldeten Pseudomünzfibel, zwei vergoldeten steinbesetzten Fingerringen und einem Ringfragment, einer kleinen ehemals vergoldeten durchlochten Scheibe, einer kleinen Ringfibel sowie ca. 30 z. T. stark fragmentierten Silbermünzen.
Die Datierung der Funde
Der Hort wurde in der unmittelbaren Nähe von Haithabu versteckt, allerdings erst nachdem die Siedlung im Jahr 1066 bereits endgültig zerstört worden war. Zu den bemerkenswertesten Funden gehören die zwei goldenen Ohranhänger. Sie datieren wohl in die Zeit um und nach 1100 und stehen in der Tradition byzantinischer Goldschmiedearbeiten. Ein weiteres besonderes Fundstück ist eine vergoldete Pseudomünzfibel. Es handelt sich um die Nachahmung einer islamischen Münze, eines almohadischen Gold-Dinars, der in skandinavischer Tradition zu einer Gewandschließe (Fibel) umgearbeitet worden ist. Die Almohaden waren eine muslimische Dynastie, die zwischen 1147 und 1269 über weite Teile des Maghreb und Südspaniens herrschte.
Hinsichtlich des Zeitpunktes der Deponierung spielen die ca. 30 im Hort enthaltenen Münzen eine wichtige Rolle. Nach erster Durchsicht im nichtrestauriertem Zustand stammen sie aus der Regierungszeit des dänischen Königs Waldemar II mit Beinamen „Sejr“ (der Sieger) (1202–1241). Dies spricht für eine Deponierung des Hortes in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Die Fundstücke wurden demnach vor etwa 800 Jahren in der Nähe Haithabus vergraben.
Hintergrundinformationen
100 Jahre Landesaufnahme, 65 Jahre Denkmalschutz und wissenschaftlich begleitete Bürgerforschung in Schleswig-Holstein
Für die Landesarchäologie sind die Fundmeldungen der Sondengängerinnen und Sondengänger äußerst wichtig. Die gemeldeten Funde werden im ALSH in der Archäologischen Landesaufnahme seit 100 Jahren erfasst. 1923 entschlossen sich drei Kreise der preußischen Provinz Schleswig-Holstein eine Stelle einzurichten, in der von Anfang an auf das Wissen und die Mithilfe der Leute vor Ort zurückgegriffen wurde. Das damit einhergehende kulturpolitische Ziel der Beförderung der Bürgerforschung wurde vor 65 Jahren mit dem ersten Denkmalschutzgesetzt in Deutschland 1958 umgesetzt.
Dank des Engagements der Sondengängerinnen und Sondengänger können so die noch im Boden befindlichen Denkmalstrukturen besser geschützt werden und z. B. durch Erosion oder modernen Ackerbau gefährdete Funde gesichert werden. Allerdings geht es nicht nur um das Finden. Vielmehr zielt der Denkmalschutz auch auf den Erhalt von Denkmalen und ihrer Umgebung. Dies gilt für das Umfeld der Welterbestätte Archäologischer Grenzkomplex Haithabu-Danewerk im Besonderen. Der Erhalt der historischen Landschaftsbezüge ist wichtig, da sie es dem Betrachter ermöglichen, sich in die Geschichte einzufühlen.
Nach Pressemitteilung des ALSH
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Berichte zu neuen Ausgrabungen und eindrucksvollen Funden der archäologischen Forschung in Deutschland finden Sie in jedem Heft des AiD Magazins unter der Rubrik »Aktuelles aus der Landesarchäologie«.