Zwei unterschiedliche Pesterreger
„Ihre Gräber befinden sich in Randlage, man war sich also vielleicht bewusst, dass sie an einer ansteckenden Krankheit verstorben sind“, sagt die Archäologin Katharina Rebay-Salisbury vom Österreichischen Archäologischen Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Die Ergebnisse der Studie hat Rebay-Salisbury, die auch an der Universität Wien forscht, gerade mit sechs weiteren Wissenschaftler:innen in der im Verlag der ÖAW erscheinenden Fachzeitschrift „Archaeologia Austriaca“ veröffentlicht.
Wie kam es zu der posthumen Pest-Diagnose? In Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig wurden zunächst genetische Verwandtschaftsbeziehungen unter den Toten untersucht. Überraschenderweise erbrachten diese auch den Nachweis des Pesterregers „Yersinia pestis“. Proben wurden gezielt aus dem Inneren der Zahnkronen genommen, dahier Blutgefäße verlaufen, weshalb es möglich ist, Krankheitserreger zu detektieren, die sich zum Zeitpunkt des Todes des Individuums im Blut befanden.
Trotz der räumlichen und zeitlichen Nähe weisen die genetischen Analysen der beiden Toten zwei unterschiedliche Stämme von Pestbakterien nach. Es handelt sich also nicht um eine Infektion, die innerhalb der bronzezeitlichen Gruppe weitergegeben wurde, sondern um zwei unabhängige Infektionsereignisse.
Mehr Männer als Frauen von Pest betroffen
„Anders als später im Mittelalter wurde die Pest eventuell nicht über Flöhe übertragen, da den frühen Pestbakterien wichtige genetische Eigenschaften dafür fehlten. Es könnte sich deshalb um andere Infektionswege wie zum Beispiel Tröpfcheninfektionen oder den Konsum von infiziertem Fleisch gehandelt haben“, sagt Rebay-Salisbury. Dass es zwei Männer sind, ist durchaus symptomatisch: „Wir beobachten in der Zusammenstellung aller bisher publizierten Pestopfer der späteren Urgeschichte in Eurasien, dass mehr Männer als Frauen an der Pest gestorben sind“, sagt Rebay-Salisbury. 27 männliche Tote stehen 11 weiblichen gegenüber. Woran dieses Ungleichgewicht liegen könnte, muss noch erforscht werden.
Bei der Pest handelt es sich um eine sogenannte Zoonose, also eine Krankheit, die von Tieren auf Menschen übertragen werden kann. Heutzutage sind vor allem Nagetiere davon betroffen, aber es ist durchaus möglich, dass in der Vergangenheit auch andere Spezies als Wirtstiere eine Rolle gespielt haben. Die Männer könnten Hirten gewesen sein, oder im Rahmen der Transhumanz bzw. Wanderweidewirtschaft, einer den Jahreszeiten folgende Begleitung von Herden auf Almen, den Pesterregern ausgesetzt gewesen sein. Ein Kontakt mit Wildtieren, etwa in Zusammenhang mit der Jagd, scheint möglich. Ebenso könnte die Teilnahme an Kriegszügen die Ausbreitung der Pest beschleunigt haben.
Nach Pressemitteilung der ÖAW