Zahlreiche neue Fossilfunde von Homininen in den letzten zwei Jahrzehnten spiegeln eine solchen Vielfalt an morphologischen Merkmalen, Verhaltensweisen und Anpassungen an die jeweiligen Lebensräume wider, wie man sie sich vorher kaum vorstellen konnte. Dennoch ist über die frühe Evolution der Menschen, einschließlich der charakteristischen Merkmale der Homininen wie aufrechter Gang und Werkzeuggebrauch, bisher relativ wenig Wissen vorhanden; und über die Evolution der afrikanischen Menschenaffen, die für unser Verständnis der Vielfalt, die wir in der späteren menschlichen Evolution sehen, fundamental ist, wissen wir noch weniger.
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Exklusiv in der AiD 3/2020
Kivells neue Abteilung für Menschliche Ursprünge wird sich auf die Beantwortung grundlegender Fragen zur Evolution der Menschenaffen und frühen Menschen konzentrieren, mit dem Ziel, das Verhalten ausgestorbener und heute lebender Primaten, einschließlich des Menschen, zu erforschen. “Neben der Entdeckung neuer spannender Fossilien und archäologischer Funde ist es unser Ziel, vergangenes Verhalten zu rekonstruieren durch hochauflösende Bildgebung, quantitative Analysen anatomischer Merkmale, experimentelle Biomechanik und die Erforschung heute lebender nicht-menschlicher Primaten in ihren natürlichen Lebensräumen als auch in menschlicher Obhut”, sagt Kivell.
Tracy Kivell promovierte 2007 in biologischer Anthropologie an der University of Toronto in Kanada. Ihre Doktorarbeit konzentrierte sich auf entwicklungsbedingte Veränderungen und die funktionale Morphologie der Hand bei Primaten mit dem Ziel, die Entstehung des aufrechten Gangs beim Menschen zu erforschen. Als Postdoc an der Duke University forschte sie anschließend zur Biomechanik der Fortbewegung bei Primaten und unterrichtete von 2007 bis 2009 menschliche Anatomie an der Duke University School of Medicine. Von 2009 bis 2013 setzte Kivell ihre Postdoc-Zeit als Forscherin in der ehemaligen Abteilung für Humanevolution unter der Leitung von Jean-Jacques Hublin am MPI-EVA fort und untersuchte, wie die innere Knochenstruktur des Skeletts das Verhalten eines Menschen während seines Lebens widerspiegeln kann. Während dieser Zeit begann Kivell in Zusammenarbeit mit Lee Berger die Forschungsarbeiten zu homininen Handfossilien aus den paläontologischen Fundstätten Malapa und Rising Star in Südafrika zu leiten und ist seitdem auch assoziierte Forscherin (Research Fellow) am Centre for the Exploration of the Deep Human Journey an der südafrikanischen University of the Witwatersrand. Im Jahr 2013 wechselte Kivell an die School of Anthropology and Conservation der University of Kent in Canterbury (Großbritannien), wo sie sich weiter mit der Evolution der menschlichen Hand befasste, indem sie die innere Knochenstruktur und Biomechanik des Handgebrauchs bei Menschen und Primaten untersuchte. Im Februar 2023 tritt sie ihre Stelle als Direktorin am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig an.
Das MPI-EVA wurde 1997 gegründet. In derzeit sieben Abteilungen arbeiten Forschende aus mehr als 30 Ländern und aus verschiedenen Fachrichtungen. Ihr gemeinsames Ziel ist die Erforschung der Menschheitsgeschichte aus interdisziplinärer Perspektive. Dafür werden vergleichende Analysen von Genen, Kulturen, kognitiven Fähigkeiten und Sozialsystemen zu vergangenen und gegenwärtigen menschlichen Populationen sowie zu Gruppen von dem Menschen nahe verwandten Primaten durchgeführt.
Nach einer Pressemeldung des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie, Leipzig