Eindrucksvolles 3D-Modell des deutschen U-Boot-Wracks UC 71 aus dem Ersten Weltkrieg vor Helgoland

Die Voraussetzungen waren denkbar schlecht: Einen Tag, nachdem Sommer-Orkan „Poly“ Anfang Juli über die Nordsee tobte, machte sich ein internationales Forschungstauchteam auf den Weg nach Helgoland, um dort ein Denkmal der besonderen Art zu dokumentieren: UC 71, ein U-Boot aus dem Ersten Weltkrieg, das vor über 100 Jahren auf mysteriöse Art und Weise unterging und seither auf dem Meeresboden liegt. Im Gepäck hatte das Team rund 1,5 Tonnen Ausrüstung sowie das Arbeitsboot MolaMola. Die Sicht an dem Wrack war durch das vom Sturm aufgewirbelte Wasser schlecht. Hinzu kamen heftige Strömung und pro Tauchgang nur eine Stunde Zeit wegen des Stauwassers. Dennoch gelang es den Wissenschaftlern rund um den Kieler Forschungstaucher Dr. Florian Huber, ihr Ziel zu erreichen: Erstmalig ein detailgetreues 3D-Modell des U-Boots zu erstellen, um es auf diese Weise digital für die Nachwelt zu erhalten.       

3D-Modell des 1919 vor Helgoland gesunkenen U-Boots UC 71
3D-Modell des 1919 vor Helgoland gesunkenen U-Boots UC 71. Foto: 3DVisLab und Submaris / dpa

 UC 71 war als U-Boot der Kaiserlichen Marine während des Ersten Weltkriegs im Einsatz. 1916 gebaut, versenkte es unter Einsatz von Torpedos, Minen und Sprenggranaten 61 Schiffe. Kurz nach dem Krieg sank es 1919 bei einer Überführungsfahrt nach England unmittelbar neben der südlichen Einfahrt vor der Nordseeinsel Helgoland – angeblich aufgrund von schlechtem Wetter. Untersuchungen 2014 ergaben jedoch, dass sich das U-Boot selbstversenkte. Das zu dieser Zeit wieder entdeckte Tagebuch des damaligen 4. Maschinisten Georg Trinks, der 18 Monate auf UC 71 lebte und kämpfte, bestätigte letztendlich die Selbstversenkung.

Aufgrund seines außergewöhnlichen Schicksals und der speziellen Bauweise ist das U-Boot sowohl militär- und marinegeschichtlich als auch wissenschaftlich von besonderer Bedeutung. Es steht deshalb seit 2012 unter Denkmalschutz. Doch nach über 100 Jahren in der stürmischen und hochdynamischen Nordsee zerfällt das 50 Meter lange Wrack langsam, aber unaufhaltsam. Deshalb hat ein Team von Spezialisten aus Finnland, Schottland und Kiel das Wrack nun mittels Photogrammetrie dokumentiert. Dazu reisten Chris Rowland aus Schottland sowie die beiden Finnen Minna Koivikko und Kari Hyttinen auf die kleine Nordseeinsel, um es gemeinsam mit ihren Kollegen Florian Huber, Christian Howe und Philipp Schubert der Kieler Forschungstaucherfirma Submaris zu dokumentieren. Dabei haben sie jeden Winkel von UC 71, die in rund 23 Metern Tiefe liegt, mit vier Kameras in 4K-Auflösung abgefilmt. Aus den Videoclips wurden später rund 30.000 Einzelfotos extrahiert, die anschließend mittels Software zu einem exakten digitalen Modell verrechnet wurden. „Die 3D-Modellierung bietet der Unterwasserarchäologie seit ein paar Jahren völlig neue Möglichkeiten für die Dokumentation und Visualisierung unter Wasser liegender Fundstellen. Die fertigen Modelle stehen für die wissenschaftliche Dokumentationsarbeit genauso zur Verfügung wie zum Beispiel auch für Präsentations- und Visualisierungszwecke in Museen“, sagt Dr. Florian Huber, Unterwasserarchäologe und Leiter des Projekts. Über die Geschichte des U-Boots hat er bereits 2018 ein Buch geschrieben („Kein Engländer soll das Boot betreten! Die letzte Fahrt von UC 71“). 2024 soll nun das 3D-Modell ausgedruckt, bemalt und im Rahmen einer eigenen Ausstellung im Museum Helgoland präsentiert werden.

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Laut UNESCO gibt es weltweit an die 10.000 Schiffwracks aus dem Ersten Weltkrieg. Diese Wracks – wie auch die des Zweiten Weltkrieges – sind sehr komplexe archäologische Fundstellen. Zudem sind sie eine bedeutende historische Quelle; viele von ihnen repräsentierten den hohen Stand der Technik des 20. Jahrhunderts. Der Schutz dieser Fundplätze unter Wasser ist darüber hinaus wichtig, um an die Schrecken des Krieges und dessen Geschichte zu erinnern. Seit 2014 fällt das kulturelle Erbe des Ersten Weltkrieges unter die „Convention on the Protection of the Underwater Cultural Heritage“ der UNESCO. „Durch die digitale Dokumentation von UC 71 kann jetzt ein einzigartiges Stück deutscher Geschichte bewahrt und einem großen Publikum zugänglich gemacht werden“, sagt Prof. Chris Rowland von der Universität Dundee, Schottland. „Als Taucher sehen wir aufgrund der eingeschränkten Sicht immer nur einen kleinen Ausschnitt. Jetzt können wir erstmalig das ganze U-Boot betrachten, erkunden und mit allen teilen, die sich dafür interessieren. Wir haben das Unsichtbare sichtbar gemacht “, ergänzt Huber.  

Pressemitteilung von Submaris

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