Einzigartiger archäologischer Fund in Thorikos

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universität Gent und der Ko-Direktion der Universität Göttingen hat in Zusammenarbeit mit der Belgian School of Archaeology at Athens in Thorikos (Griechenland) südlich von Athen das früheste eisenzeitliche Haus Athens entdeckt. Dies ist ein wichtiger, für die frühe griechische Geschichte unerwarteter und einzigartiger Befund: Gebäudestrukturen aus dieser frühen Zeit, vom 10. bis 9. Jahrhundert v. Chr., sind in Attika bisher nirgendwo ausgegraben worden. Nun fördert die Gerda-Henkel-Stiftung die Fortsetzung der Ausgrabungen mit rund 82.000 Euro.

Eisenzeitliches Haus des 10. bis 9. Jahrhundert v. Chr. in Thorikos (Attika/Griechenland): Mauerecke und Türwange. Die Mauern bestanden im Sockel aus geschichteten Steinen, darüber aus luftgetrockneten Lehmziegeln.
Eisenzeitliches Haus des 10. bis 9. Jahrhundert v. Chr. in Thorikos (Attika/Griechenland): Mauerecke und Türwange. Die Mauern bestanden im Sockel aus geschichteten Steinen, darüber aus luftgetrockneten Lehmziegeln. Foto: Thorikos Archaeological Project Gent-Göttingen

Die altertümliche Siedlung liegt im Gebiet des antiken Silberbergbaus, 60 Kilometer südlich von Athen. Hier kann man mykenische Kuppelgräber und eine klassische Siedlung mit Wohnhäusern, Produktionsstätten, Heiligtümern, dem Theater und Grabstätten sehen. Auffällig ist die ungeschützte Lage nur 20 Meter über der Meeresküste – vom Meer kam damals also offenbar keine Gefahr. Erst im Laufe des 8. Jahrhunderts v. Chr. verlagerte sich die Siedlungstätigkeit auf das über 100 Meter hohe, sichere Hügelplateau. Nach geophysikalischen Untersuchungen des südöstlichen Abhangs fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein Grab aus dem 5. Jahrhundert v. Chr.

Im Jahr 2019 deutete eine freigelegte Mauerecke zunächst auf einen klassischen Grabbau hin. „Es hat sich aber herausgestellt, dass es dort zuvor keine Bestattung gab, sondern ein Gebäude des 10. bis 9. Jahrhunderts v. Chr.“, sagen der Leiter und der Kodirektor der Ausgrabungen, Prof. Dr. Roald Docter von der Universität Gent und Prof. Dr. Johannes Bergemann von der Universität Göttingen. Im vergangenen Jahr erforschten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ausdehnung des Gebäudes weiter und erkannten dabei fünf bis sechs Räume. Im größten Raum lagen noch zahlreiche Kiesel im Verband, die auf einen gepflasterten Hof hindeuten. Eine Analyse anorganischer und organischer Merkmale des Gesteins bestätigte eine Benutzung von etwa 950 bis 825 v. Chr.

„Vorliegende Mahlsteine für Getreide deuten auf eine Funktion als Wohnhaus hin. Die differenzierte Struktur des Wohnhauses spricht entweder für eine komplexe Gesellschaft oder bereits eine entwickelte soziale Hierarchie“, so Docter und Bergemann. „Naturwissenschaftliche Analysen werden zeigen, ob es hier eine Tierzucht gab und ob in dieser Zeit das für die Gegend typische Silbererz abgebaut wurde.“

Dieser einzigartige Fund soll mit der erhaltenen Förderung nun vollständig ausgegraben, archäologisch und naturwissenschaftlich untersucht und analysiert werden. Die Ausgrabungen werden zusammen mit der Universität Gent und der Belgian School of Archaeology at Athens im Juli/August 2023 und 2024 fortgeführt.

Nach Pressemitteilung der Georg-August-Universität Göttingen

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