Die Studie wurde von Oriol López-Bultó, Ingrid Bertin und Raquel Piqué vom Institut für Vorgeschichte der UAB und dem Archäologen Patrick Gassmann durchgeführt. Die Studie wurde im International Journal of Wood Culture veröffentlicht. Aus der Studie geht hervor, dass die Bäume durch mehrere Hiebe mit Wurfbeilen markiert wurden. Nach fünf bis zehn Jahren wurden die Bäume gefällt und zu Pfeilern verarbeitet. Die Pfeiler verwendete man daraufhin in der Anfangsphase des Siedlungsbaus.
Ähnliche Spuren wie in La Draga fand man bereits in Hauterive-Champréveyres in der Schweiz, jedoch mindestens 1 000 Jahre jünger.
Die Bedeutung des Fundes liegt in der üblichen Schwierigkeit, archäologische Beweise dafür zu finden, „wann und wie die ersten menschlichen Gruppen begannen, Wälder zu bewirtschaften, da sich das Holz im Laufe der Zeit natürlich abbaut“, so Oriol López-Bultó, Erstautor des Artikels.
La Draga ist einer der wenigen europäischen Stätten, an denen die Holzstämme in gutem Zustand erhalten sind. Das lag daran, da sie im Grundwasserspiegel des Banyoles-Sees versunken sind.
„Wir hatten Hinweise darauf, dass die Gemeinden von La Draga die Wälder bewirtschafteten, aber bis jetzt konnten wir dies nicht mit ausreichenden physischen Beweisen belegen“, erklärt Raquel Piqué, Mitautorin der Studie. „Die Ergebnisse erlauben es uns auch, die Anwesenheit einer Gruppe zu bestätigen, die La Draga schon Jahre vor der Gründung einer Siedlung bewohnte und den Wald auswählte, markierte und kontrollierten.
Seltene Verwendung von Holz im Neolithikum
Lorbeerholz hat man in der Jungsteinzeit in Europa selten genutzt, obwohl in der Nähe von Seen verfügbar war. Im Fall von La Draga ist es in Resten von Häusern, Werkzeugen und in sehr wenigen Bauelementen dokumentiert, wobei es im Vergleich zur Eiche eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Von den 1.200 Pfosten, die bisher gefunden sind, sind nur 1,4 % aus Lorbeer, während 96,6 % aus Eiche bestehen.
Die Spuren der Waldbewirtschaftung in La Draga hat man jedoch nur an Lorbeerpfählen entdeckt , was die Frage aufwirft, warum diese Holzart absichtlich markiert ist. „Es könnte sich um eine Reaktion auf die Vermeidung aus praktischen Gründen handeln, z. B. aus territorialen Gründen, oder sogar aus symbolischen Gründen, aber es sind weitere Studien erforderlich, um diese Frage zu klären“, so das Forscherteam.
Profunde Kenntnisse der natürlichen Ressourcen
In früheren Studien hatten die Forscher festgestellt, dass die Bewohner von La Draga über ein profundes Wissen über die natürlichen Ressourcen der Umgebung verfügten. Sie bewirtschafteten Pflanzen und Tiere und nutzten Eichenholz in großem Umfang, wobei sie die Formen und Abmessungen für die Pfeiler, auf denen sie die Hütten bauten, sorgfältig auswählten.
„Die Waldbewirtschaftung ist eine wirtschaftlich und gesellschaftlich sehr relevante Tätigkeit, die Wissen, Planung und soziale Organisation erfordert. Unsere Studie zeigt einmal mehr die Bedeutung und die wirtschaftliche Entwicklung, die die Bewohner von La Draga und generell die neolithischen Gruppen des westlichen Mittelmeers bereits hatten“, sagt López-Bultó.
Zur Durchführung der Studie hat man verschiedene Methoden kombiniert: Direkte Beobachtung und Aufzeichnung, Spurenforschung und experimentelle Archäologie, 3D-Scanning, taxonomische Identifizierung und Dendrochronologie.
Eine in Spanien einzigartige Stätte am See
Die archäologische Stätte von La Draga, die 1990 am östlichen Rand des Banyoles-Sees entdeckt wurde, ist eine der ältesten Siedlungen für Ackerbau und Viehzucht im Nordosten der Iberischen Halbinsel und eine der ersten neolithischen Seesiedlungen in Europa (5.200-4.800 v. Chr.). Während ihrer Besiedlung hatte die Siedlung die Form einer Halbinsel, die sanft und kontinuierlich in den See abfiel. Anhand der Vermessungen wird angenommen, dass sie eine Fläche von etwa 8 000 Quadratmetern umfasste.
Die Lage des Ortes in ständigem Kontakt mit dem Grundwasser hat zu einer außergewöhnlichen Erhaltung organischer Materialien geführt, von den Holzpfeilern der Hütten über Werkzeuge (Dechselgriffe, Sicheln, Grabstöcke usw.) bis hin zu Resten von Korbwaren und sogar Seilen. Dies macht La Draga zu einer der wichtigsten Stätten für das Studium des europäischen Neolithikums.
Die Ausgrabungsarbeiten sind Teil eines vierjährigen Forschungsprojekts (2022-2025), das vom Archäologischen Museum Banyoles koordiniert wird. Das Projekt wird in Zusammenarbeit zwischen der Universitat Autònoma de Barcelona (UAB), dem Archäologischen Museum von Banyoles (MACB), dem Spanischen Nationalen Forschungsrat (CSIC) und dem Archäologischen Museum (MAC) über dessen Zentrum für Unterwasserarchäologie von Katalonien (CASC) durchgeführt.
Nach einer Meldung von SINC
Zum vollständigen Artikel: López-Bultó, O., Gassmann, P., Bertin, I., & Piqué, R. (2023). Sorting the Trees: The Role of Laurus nobilis in the Woodland Management Practices at La Draga (Banyoles, Spanien), International Journal of Wood Culture, 3(1-3), 329-348. doi: https://doi.org/10.1163/27723194-bja10023