Bei der aktuellen Grabungskampagne des Naturhistorischen Museums Wien am Hallstätter Salzberg stießen Archäolog*innen auf viele neue Funde. Am bemerkenswertesten ist dabei ein Brandgrab mit noch sehr gut erhaltenen Bronzebeigaben. Bei der fachmännischen Bergung der Metallfunde konnten sensationell gut erhaltene Gewebereste festgestellt werden.
„Doch nicht nur der gute Erhaltungszustand der mit in das Grab gelegten Tracht- und Schmuckstücke ist bemerkenswert“, erklärt Mag. Johann Rudorfer, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Prähistorischen Abteilung des NHM Wien und Leiter der Obertag-Forschungsgrabungen, „sondern auch die Tatsache, dass wir noch eine klar erkennbare Grabgrube feststellen konnten, begeistert uns. Das Areal wurde im 19. Jahrhundert großflächig archäologisch untersucht. Jedoch hat man gewissen Details, wie zum Beispiel der Grabkonstruktion, damals wenig Beachtung geschenkt“.
Altgrabung in Hallstatt wird neu aufgerollt
Aktuellen Verbauungen nehmen sich die Archäolog*innen nun zum Anlass, die Untersuchungen am eisenzeitlichen Gräberfeld aus dem 19. Jahrhundert neu aufzurollen und zu überprüfen. Anhand der Lage des neuen Grabes schließen die Archäolog*innen darauf, dass es sich um ein damals unerkanntes, in sich noch geschlossenes Grab handelt, das nicht ausgegraben wurde und sich deshalb an Ort und Stelle erhalten hat.
Zu den Grabfunden zählt ein massiver, gerippter Armring der wohl am Oberarm getragen wurde. Weiters, ebenfalls aus Bronze, lagen Spiralen aus dünnem Draht über einem Häufchen aus Leichenbrand. Diese stellen wohl Teile von Fibeln, also Gewandschließen, dar. Die Klinge eines Bronzemessers mit an der Griffplatte noch anhaftenden Spuren eines Holzgriffs und ein Eisenbleich, das eventuell als Teil eines Gürtelbeschlags angesehen werden kann, sowie ein Tierknochen als Rest einer Speisebeigabe komplettieren das Fundensemble. Alle Gegenstände wurden wohl intentionell zerbrochen bzw. verbogen, was vermutlich auf den damals herrschenden Bestattungsritus zurückgeführt werden kann: „Vielleicht hielt man es für angebracht, die Beigaben rituell zu zerstören, um sie als Beigaben für das Totenreich nutzen zu können“, erklärt Johann Rudorfer weiter, „denn auch der Köper wurde durch das Verbrennen ja ‚zerstört’“.
Die Sensation – Abdrücke eines Stoffgewebes
Die wirkliche Sensation wurde erst bei der Bergung der Fundstücke ersichtlich. Sehr akribisch löste man jedes Stück einzeln aus dem dicht aneinanderheftenden Komplex. Dabei wurden an den Unterseiten der Spiralscheiben noch gut erkennbare Abdrücke eines Stoffgewebes sichtbar. Diese hatten sich im Zuge eines langwierigen Mineralisierungsprozesses im Boden konserviert. Darüber könnte sich erstmals der Nachweis für ein organisches Behältnis erbringen lassen, in das der Leichenbrand eingefüllt war, als er in den Boden gelegt wurde. Im Gegensatz zu anderen, zeitgleich genutzten Friedhöfen der Hallstatt- und frühen Latènezeit, wurden in Hallstatt bislang Urnen nur selten angetroffen. „Meist finden wir nur ein Häufchen mit dem Knochenklein und etwas Asche, das aber so kompakt liegt, dass wir schon immer kleine Säcke aus Stoff oder Leder vermuten konnten. Nun wurde wohl auch dafür der Beweis erbracht“, freut sich der NHM Wien-Archäologe.
Nach einer Pressemeldung des NHM Wien