Wie im Mittelalter üblich, dürfte die Ornamentik nicht als eigenständige schöpferische Leistung des Taschenherstellers entstanden sein, sondern einem feststehenden Bilderkanon folgen. Einen Anhaltspunkt für die Deutung liefert das zwischen den beiden Personen dargestellte Brett, dessen Oberfläche in kleine Quadrate unterteilt ist. Es handelt sich offensichtlich um ein Schachbrett. Tatsächlich sind Darstellungen Schach spielender Personen in der mittelalterlichen Kunst des 14. und 15. Jh. nicht selten. Ein schönes Beispiel für dieses Motiv findet sich in der zwischen 1460 und 1470 vermutlich am Oberrhein entstandenen Darstellung »Der große Liebesgarten mit Schachspielern« (Kupferstich, 16,8 cm × 21 cm. Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett).
Der Meister der Wismarer Tasche stand vor der Aufgabe, das im Holzschnitt sehr detailliert dargestellte Motiv des schachspielenden Paares im Liebesgarten so weit zu vereinfachen, dass es sich in das Leder einprägen ließ. Dafür hat er das Motiv auf seine wichtigsten Bestandteile reduziert: Das Paar am Schachbrett und den Garten mit Baum, Pflanzen und einem Vogel. Über ihren ursprünglichen Inhalt gibt die Tasche leider keine Auskunft.
| D. Jantzen, Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern, Landesarchäologie
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