Die erste Gruppe, die Jelling-Steine, wurde von Harald Blauzahn zum Gedenken an seine Eltern Gorm und Thyra errichtet. Die zweite Gruppe, die Ravnunge-Tue-Steine, erwähnen ebenfalls eine Frau namens Thyra. Das Team stellte die Theorie auf, dass diese beiden Gruppen von Steinen auf dieselbe Person hinweisen. Wenn, dann wäre Thyra die meistgenannte Person auf dänischen Runensteinen aus der Wikingerzeit.
„Wir wollten sehen, ob wir auf einigen dieser Steine denselben Runenschnitzer identifizieren können, so dass wir damit eine Verbindung zwischen den Ravnunge-Tue-Steinen und den Jelling-Steinen herstellen können“, sagt Dr. Lisbeth M. Imer vom dänischen Nationalmuseum. „Wenn es eine Verbindung gibt, ist es sehr wahrscheinlich, dass sich alle Steine auf dieselbe Frau beziehen, Thyra, die Mutter von Harald Blauzahn.“
Um die Gültigkeit dieser Theorie zu überprüfen, fertigten Dr. Imer und ein Team von Forschern aus mehreren skandinavischen Institutionen 3D-Modelle der Runensteine an und analysierten die Form und die Schnitztechniken, mit denen die Runen geschnitten wurden, sowie die verwendete Sprache. Die Forscher verglichen die eingeritzten Rillen gut erhaltener Runensteine, um die charakteristischen Zeichen der verschiedenen Schnitzer zu identifizieren. Ähnlichkeiten zwischen den Runen des Læborg-Steins (einer der Ravnunge-Tue-Steine) und des Steins Jelling 2 legen nahe, dass sie von ein und derselben Person eingemeißelt wurden.
Daher beziehen sich die Hinweise auf Thyra auf beiden Steingruppen wahrscheinlich auf dieselbe Person – die dänische Königin und Mutter von Harald Blauzahn. Dies zeigt, dass sie eine mächtige und berühmte Person war. „Kein anderer wikingerzeitlicher Mann oder Frau in Dänemark wurde auf so vielen Runensteinen erwähnt“, sagt Dr. Imer, „und das unterstreicht ihre unbestreitbare Bedeutung für die
Zusammenführung des Reiches unter der Herrschaft ihres Sohnes Harald Blauzahn.“
Dies bedeutet, dass Frauen im wikingerzeitlichen Dänemark wahrscheinlich mehr Einfluss hatten als bisher angenommen. Dies hat auch wichtige Auswirkungen auf unser Wissen über die Entstehung des dänischen Staates. „Die Kombination aus den vorliegenden Analysen und der geografischen Verteilung der Runensteine deutet darauf hin, dass Thyra eine der Schlüsselfiguren – oder sogar die Schlüsselfigur – für den Aufbau des dänischen Reiches war“, so die Autoren.
Originalpublikation:
Imer, L., Kitzler Åhfeldt, L., & Zedig, H. (2023). A lady of leadership: 3D-scanning of runestones in search of Queen Thyra and the Jelling Dynasty. Antiquity, 97(395), 1262-1278. doi:10.15184/aqy.2023.108