Kulturministerin Karin Prien: „Raubkunst in unseren Museen und Sammlungen ist eine Tatsache, der wir uns stellen. Das Wissen darum verdanken wir einer stetigen Aufarbeitung der Herkunft von Kunstobjekten und Beständen. Daraus ergibt sich für alle, die Verantwortung tragen, über gesetzliche Vorgaben hinaus die moralische Pflicht zur Rückgabe von Kulturgütern an das Herkunftsland.
Ich bedanke mich ausdrücklich bei Frau Prof. Dr. Haug, die den Prozess der Rückgabe der Vasen an das Land Italien aktiv und erfolgreich vorangetrieben hat. Der neue Kooperationsvertrag mit dem Land Italien stärkt die Zusammenarbeit beider Länder und ist ein Zeichen für die Qualität des Kulturstandortes Schleswig-Holstein.“
Rückgabe: Enge Zusammenarbeit mit Italien
Bereits im Jahr 2018 waren die italienischen Verantwortlichen mit den Rückgabewünschen an das Land Schleswig-Holstein herangetreten. Denn die Vasen – ein Glockenkrater, ein Gnathia-Krater, eine apulisch-rotfigurige Kanne und eine Loutrophore – stammen höchstwahrscheinlich aus Raubgrabungen in der Region Apulien. Sie wurden seinerzeit zwar legal erworben. Da ihre Provenienz aber problematisch ist, wurde vereinbart, die Objekte im Rahmen eines Kulturabkommens zurückzugeben.
„Die heutige Übergabe setzt den Schlusspunkt unter einen Prozess, den Schleswig-Holstein und Italien vor vielen Monaten begonnen haben“, so CAU-Präsidentin Prof. Dr. Simone Fulda. „Er ist zu einem partnerschaftlichen Austausch gewachsen, für den ich mich bei den Beteiligten herzlich bedanke. Ich freue mich, dass wir mit dem heutigen Abend das Kulturabkommen und die Rückgabe der Objekte feierlich zum Abschluss bringen.“
Seine Excellenz der italienische Botschafter in Deutschland, Armando Varricchio: „Deutschland und Italien arbeiten intensiv im Bereich des Schutzes des kulturellen Erbes zusammen, einem Bereich, der täglich dazu beiträgt, unsere engen Beziehungen zu bereichern, und in dem Italien seit 1969 mit der Schaffung eines Arbeitsstabs für den Schutz des kulturellen und künstlerischen Erbes eine Vorreiterrolle spielt. Unser künstlerisches und kulturelles Erbe zu schützen bedeutet, unser historisches Gedächtnis zu bewahren, aber auch unsere künftige Identität und unser Gefühl der Gemeinschaft und Zugehörigkeit.“
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Studie bestätigt Verwendung von Gips in attischen Vasen
Forscher, die eine antike griechische Vase aus den Jahren 450-440 v. Chr. untersuchten, haben die wahrscheinliche Verwendung von Gips für den charakteristischen weißen Hintergrund der Vase festgestellt. Bislang war nur wenig über die Zusammensetzung des weißen Schlickers bekannt, der für diese seltenen Gefäße verwendet wurde, die bei den Begräbnisritualen der Elite verwendet wurden.
Auf deutscher Seite hatte Prof. Dr. Annette Haug, Leiterin der Kieler Antikensammlung und Professorin für Klassische Archäologie, die Details des Abkommens in enger Abstimmung mit dem Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur erarbeitet.
Prof. Dr. Annette Haug: „Die Objekte sind in den 80er und 90er Jahren nach damals geltendem, deutschem Recht zwar legal erworben worden und man ist rückwirkend nicht zur Rückführung der Objekte verpflichtet. Wir haben aber eine moralische Verantwortung, diese Stücke zurückzugeben.“ Die Kieler Antikensammlung stehe für einen verantwortungsbewussten Umgang mit ihren Sammlungsbeständen. „Wir tragen einerseits dem kulturellen Erbe Rechnung, das uns anvertraut ist. Andererseits stellen wir uns aber auch der internationalen Verantwortung, die solche Objekte jetzt und auch in Zukunft mit sich bringen.“
Im Zuge der Restaurierung der Kunsthalle zu Kiel wird die Antikensammlung zunächst schließen. Nach Wiedereröffnung stellen die italienischen Museen der Antikensammlung jeweils für einen befristeten Zeitraum gleichwertige Leihgaben zur Verfügung.
Anlässlich des Festakts macht die Antikensammlung im Rahmen einer kleinen Kabinettausstellung auf die problematische Provenienz von Objekten aufmerksam. Das zurückgegebene Prunkstück, die Loutrophore, wird hier als 3D-Replik präsentiert. Auch nach Wiedereröffnung des Hauses soll die Geschichte hinter den ausgestellten Gefäßen zum Thema gemacht werden.
Zukünftiger Ankauf nur noch mit geklärter Provenienz
Denn die Kieler Antikensammlung verfolgt heute eine andere Vision als noch vor einigen Jahren. Die alten Objekte, die rechtmäßig in die Sammlung gelangt sind, sollen im Rahmen von Sonderausstellungen auf aktuelle Fragestellungen hin zugeschnitten werden. Im Zuge des Kulturabkommens wird es zudem möglich, immer neue Funde in der Sammlung zu präsentieren. Neuerwerbungen werden sich künftig auf Gipsabgüsse antiker Originale beschränken.
„Raubgrabungen zerstören weltweit wissenschaftliche Erkenntnisse. Erst wenn Museen und Privatleute auf den Erwerb solcher Objekte konsequent verzichten, ist ein entscheidender Schritt zum Schutz von Kulturgütern und auch zum Verständnis anderer Kulturen getan“, so Prof. Dr. Annette Haug. Mit der Rückgabe der vier Vasen wolle man entsprechend ein Zeichen setzen.
Nach einer Pressemeldung der CAU Kiel