Grabungen der Universität Tübingen in den 1970er Jahren hatten bereits erste Einblicke in die Siedlungsstrukturen auf der 233 Hektar großen Halbinsel „Schwaben“ erbracht, wo der Hauptwall „Schanz“ das Oppidum gegen das Hinterland abgrenzt. Die gegenüberliegende Halbinsel „Au“ auf der Schweizer Seite war ebenfalls von einem Wall geschützt, die Siedlungsfläche umfasste dort circa 88 Hektar. Das LAD hatte bereits 2022 und 2023 auf der Halbinsel „Schwaben“ archäologische Untersuchungen an verschiedenen Stellen durchgeführt. Während der Grabungen in diesem Jahr, die nahe des Befestigungswalls stattfanden, konnten zahlreiche verfüllte Gruben freigelegt wurden.
„Charakteristische Befunde stellten mehrere große, zylindrische Gruben mit deutlich unterscheidbaren Verfüll-Schichten dar, die bis zu zweieinhalb Meter tief waren“, berichtet der Projektleiter Dr. Günther Wieland, Fachgebietsleiter für Metallzeiten am LAD. Spuren von Wandauskleidungen aus organischem Material sprächen dafür, dass es sich ursprünglich um Vorratsgruben zur Lagerung von Lebensmitteln gehandelt habe. Bei großen Gruben mit rechteckig-ovalem Grundriss handele es sich vermutlich um Erdkeller, die über eine Erdtreppe oder eine Rampe zugänglich waren. Befunde von zugehörigen Hauskonstruktionen seien bisher dagegen kaum gefunden worden. Lediglich der Grundriss eines quadratischen Pfostenbaus wurde freigelegt, bei dem es sich laut Wieland vermutlich nicht um ein Wohngebäude, sondern um einen Speicherbau gehandelt habe.
Weinamphoren aus Italien - Handelsbeziehungen in den Mittelmeerraum
Bei den Grabungen von 2022, 2023 und diesem Jahr konnte zudem insgesamt ein umfangreiches Fundmaterial geborgen werden. „Neben einheimischer Grob- und Feinkeramik sind vor allem Fragmente importierter Weinamphoren aus Italien zu nennen“, berichtet Wieland weiter, „Wein aus dem Mittelmeerraum war ein begehrtes Luxusgut bei der keltischen Oberschicht und Grundlage für einen lukrativen Handel“. In diesem Zusammenhang seien auch zahlreiche gefundene keltische Münzen zu sehen: „Die Münzgeldwirtschaft war ein wesentlicher Faktor für einen florierenden Handel“, so Wieland. Einen Einblick in die Alltagskultur der spätkeltischen Zeit geben teilweise kunstvoll verzierte Trachtbestandteile aus Bronze und Eisen wie zahlreiche Fibeln (Gewandspangen) und Gürtelbestandteile. Ihre zeitliche Einordnung macht deutlich, dass das Oppidum von Altenburg-Rheinau noch im 1. Jahrhundert vor Christus existiert haben muss, als die meisten keltischen Siedlungen in Südwestdeutschland bereits aufgegeben waren.
Als besonders interessant bezeichnet Wieland einen 2023 gefundenen Stilus aus Knochen, ein Schreibgriffel mit dem nach mediterraner Sitte auf Wachstäfelchen geschrieben wurde: „Dies ist ein seltener Nachweis für den Schriftgebrauch im Oppidum, welcher neben der Münzgeldwirtschaft eine wesentliche Voraussetzung für den Handel mit dem mediterranen Raum darstellte“.
Einblicke in Wirtschaftsweise, Siedlungsorganisation und Fernbeziehungen des Oppidums geben auch die in großen Mengen gefundenen, gut erhaltenen Tierknochen. Darunter fanden sich vor allem Rinderknochen, die auf eine organisierte Viehwirtschaft und eine spezialisierte Fleischproduktion hinweisen.
Die Grabung erhielt vor Ort umfangreiche Unterstützung durch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sowie die Gemeinde Jestetten. Zahlreiche Besucherinnen und Besucher hatten im Oktober die Möglichkeit genutzt, sich vor Ort zu informieren und einen Einblick in die laufenden Grabungen zu bekommen.
Für das Jahr 2025 sind weitere Forschungsgrabungen in Altenburg geplant.
Meldung Regierungspräsidium Stuttgart
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